Prof. Dr. Pia Müller-Tamm, 1. Juli 2021

Die Kunsthalle zwischen Tradition und Wandel

Museen sind unvergänglich. Im Allgemeinen verabschieden sich Museen nicht einfach aus der Öffentlichkeit. Sie sind äußerst langlebige Institutionen. Museen haben für viele Menschen etwas mit „Ewigkeit“ und „ewigen Werten“ zu tun; sie überstehen Kriege und überleben Krisen.

Museen sind innovativ

Jede Generation stellt neue Aufgaben an die Institution; Künstler*innen formulieren mit ihren Werken neue Herausforderungen, auf die das Museum adäquate Antworten finden muss. Das Museum soll sich vor der Öffentlichkeit – dem eigentlichen Souverän – fortwährend legitimieren. Es muss „Relevanz“ und Zeitgenossenschaft unter Beweis stellen, ja, Museen sind in gewisser Weise Barometer für das Selbstverständnis der Zivilgesellschaft. Museen sind also gleichzeitig stabil und wandlungsfähig – ein Paradox?

Kunsthalle – 175 Jahre jung

Nein, denn mit Blick auf die Kunsthalle gilt beides: Sie befindet sich in einem umfassenden Transformationsprozess, sie stellt die Weichen für die institutionelle Zukunft, und sie gestaltet diesen Prozess im Wissen um ihr historisch gewachsenes Profil, um ihre bedeutende Sammlung und um ihren ideellen und materiellen Reichtum. 175 Jahre verpflichten! Die Kunsthalle steht vor dem Beginn einer mehrjährigen Schließzeit. Ende Oktober 2021 wird das Hauptgebäude seine Pforten schließen, um behutsam und dennoch umfassend saniert zu werden. Gerade am Ende eines Jahres mit diversen Öffnungs- und Schließungsszenarien, mit hygienetechnischen Einschränkungen und verordneter Distanz zu unseren Besucher*innen stehen uns die Gründe für die geplanten Maßnahmen deutlich vor Augen. In dieser Situation kann man von Glück sprechen, wenn das Museumsleben weiter geht – wenn auch unter verändertem Vorzeichen.

Zukunft im ZKM

Wir sind überaus dankbar, dass Peter Weibel der Kunsthalle im ZKM eine interimistische Bleibe angeboten hat – eine großartige Chance, die Sammlung öffentlich zugänglich zu halten und sie völlig neu zu präsentieren. Ab September 2022 proben wir den Kontextwechsel: die alte und die neue Kunst in den starken Hallen des ZKM – ein Experiment für uns, aber vor allem ein Gewinn für die Besucher*innen, die sich auf eine ihnen vertraute Sammlung mit einigen neuen Akzenten freuen dürfen.