Forschungsprojekt Piranesi

Zeichnungen von Giovanni Battista Piranesi und seiner Werkstatt

Im Jahr 2014 ist in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe eine spektakuläre Neubestimmung gelungen.

Zwei Alben mit insgesamt 297 Zeichnungen können seither dem römischen Radierer, Architekten, Theoretiker, Antiquar und Antikenhändler Giovanni Battista Piranesi (1720–1778), seiner Werkstatt sowie weiteren in Rom tätigen Künstlern zugeordnet werden.

Diese Entdeckung verdankt die Kunsthalle dem damaligen Praktikanten und heutigen Studenten der Kunstgeschichte, Georg Kabierske.

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Die beiden Alben gehören seit 1861 zum Bestand des Kupferstichkabinetts der Kunsthalle.

Bis 2014 galten die Zeichnungen als Werke des Karlsruher Architekten Friedrich Weinbrenner (1766–1826). Es wurde angenommen, dass er sie während seines Romaufenthaltes von 1792 bis 1797 gefertigt hat.

Weinbrenner war jedoch nicht der Urheber, sondern der Vermittler der Zeichnungen, die er unter noch zu klärenden Umständen von Francesco Piranesi, dem Sohn Giovanni Battistas, aus den Beständen der noch existierenden Werkstatt erworben haben könnte.

Wie in der Zwischenzeit festgestellt werden konnte, handelt es sich beim Karlsruher Fund um eine Gruppe hoch aufschlussreicher Zeichnungen Piranesis, seiner Werkstattmitarbeiter sowie auch anderer Zeichner, deren Werke dem Künstler als Vorlagen für seine zahlreichen Radierungen gedient haben.

Wichtige weitere Konvolute existieren in der Morgan Library & Museum in New York, dem Sir John Soane’s Museum und dem British Museum in London, der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin und der Hamburger Kunsthalle. Die Karlsruher Entdeckung bedeutet somit eine gewisse Herausforderung für die Forschung zu Piranesi und seinem Umfeld.

Zeichnungstypen und Techniken

Die Karlsruher Alben umfassen die gesamte typologische Breite im zeichnerischen Werk Piranesis – von den frühen capricci bis zu den archäologischen Darstellungen des Spätwerks.

Bedeutsam sind die zahlreichen Skizzen nach antiken Objekten wie Bauplastiken, Sarkophagen oder Aschenurnen.

Weiterhin existieren Architekturentwürfe und Vorzeichnungen für Radierungen, Gegendrucke und andere Typen von Zeichnungen, die bisher nur selten in Piranesis bekanntem Œuvre zu finden sind.

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Die Zeichnungen, die in großer materialtechnischer Vielfalt vorliegen, weisen verschiedene Spuren der Benutzung und früheren Montierung auf, die vollständig erhalten sind. Sie erlauben neue Einsichten zu Piranesis Werkstattpraxis.

So lässt sich beispielsweise zeigen, welche Schritte seinen Radierungen vorausgingen – von der ersten Skizze, die vor einem antiken Objekt angefertigt wurde, über mehrere in der Werkstatt angefertigte Zwischenstufen bis zur endgültigen Vorzeichnung, die auf die Kupferplatte übertragen wurde.

Das Forschungsprojekt

Im Rahmen des auf vier Jahre angelegten Projektes erfolgen die kunsthistorische und restauratorische Forschung in enger Abstimmung.

Schlüsselfragen betreffen die Autorschaft Piranesis bzw. der Mitarbeiter seiner Werkstatt, Typus, Funktion und Technik der Zeichnungen, die Werkstattpraxis und die Benutzungsspuren sowie die Konservierung und die künftige Aufbewahrung der Zeichnungen und der Alben.

Das Projekt fragt nach den komplexen Zusammenhängen, in denen die Karlsruher Zeichnungen entstanden sind und versucht, die Wirkung, die sie auf die zeitgenössische römische Graphik- und Buchproduktion hatten, zu ermitteln.

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Gegendrucke und Kopien von Karlsruher Blättern befinden sich in Nachlässen von Architekten des 18. und 19. Jahrhunderts, die heute in internationalen Sammlungen bewahrt werden (London, New York, Besançon, Dessau, Paris, St. Petersburg u.a.).

Sie bezeugen die große internationale Verbreitung und den Einfluss von Piranesis Zeichnungen, dessen Werk insoweit neu zu bewerten ist.

Das auf vier Jahre angelegte Forschungsprojekt wird erstmals die Karlsruher Alben in Piranesis Gesamtwerk einbetten und deren Bedeutung für die europäische Kunstgeschichte sichtbar machen.

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