Der Graf de La Forest mit Frau und Tochter
Beschreibung
Das Familienporträt zeigt Antoine René Charles Mathurin, Comte de La Forest – französischer Diplomat und Staatsmann – mit seiner Frau Catherine de Beaumanoir und ihrer 16-jährigen Tochter Marie Caroline Antoinette.
In einem zeitgemäß im Empire-Stil ausgestatteten Raum sitzt La Forest an seinem Schreibtisch. Er hat seine Arbeit unterbrochen und schaut in Richtung der beiden Frauen, die sich einander zuwenden. Seine Ehefrau widmet sich einem Rosenstock auf einem Blumentischchen in der Nähe des Fensters und seine Tochter scheint den Raum gerade betreten zu haben. Einige der Blüten, die sie in ihrem gerafften Überkleid hält, sind auf den Boden geglitten.
Die ausgewogene Gliederung des Bildraumes, die wohlklingende Farbigkeit, sowie die Trennung in weibliche und männliche Sphäre, tragen zum ruhigen und beherrschten Eindruck der Szene bei. Sie ist wie auf einer Bühne für den Betrachter inszeniert. Das vornehme Ambiente, die kostbaren Gewänder und die zurückhaltenden Gesten zeugen von der verfeinerten Lebensart des Adels. Sorgfältig gibt der Maler die Details wieder und schafft auf diese Weise ein kulturhistorisches Zeitdokument. Die Möbel aus rotbraunem Kirschbaumholz sind so realitätsgetreu abgebildet, dass sie der Werkstatt des Pariser Ebenisten Jacob-Desmalter zugeordnet werden können.
Das Gemälde steht in der Tradition der holländischen Genremalerei und der englischen „conversation pieces“, die informelle Porträts mit intimem Bildcharakter zeigen. Die Verbindung beider Darstellungskonventionen eröffnet eine neue Auffassung des Porträts, das sich von den historisierenden Bildnissen des Ancien Règime löste.
François-André Vincent galt mit seinen frühen Historienbildern im klassizistischen Stil als ernstlicher Rivale Jacques-Louis Davids. Später konzentrierte er sich vermehrt auf Porträts und Allegorien. Dieses großformatige Familienporträt zählt zu seinen Meisterwerken.
Daten und Fakten
Titel | Der Graf de La Forest mit Frau und Tochter |
---|---|
Künstler*in | François André Vincent |
Entstehungszeit | 1804 |
Inventarnummer | 2800 |
Maße Bildträger | H 130.5cm B 196cm |
Maße Rahmen | H 162cm B 227cm T 12cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Porträt |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
François-André Vincent erhielt schon als 22-Jähriger den Rompreis.
Seine langjährige Lebensgefährtin und spätere Ehefrau Adélaïde Labille-Guiard war eine wichtige Ratgeberin bei der Gestaltung seiner Gemälde. Aus Vincents Tagebucheinträgen nach ihrem Tod 1803 geht hervor, wie sehr der Maler das kritische Urteil seiner Seelenverwandten - und ebenfalls erfolgreichen Künstlerin - vermisste.
Angelika Beckmann, Dietmar Lüdke, Slg. Kat. Karlsruhe 1995, S. 140-141: „Nr. 2800 entstand 1804. Die Dargestellten sind Antoine René Charles Mathurin, Comte de La Forest (1756-1846), seine Frau Catherine de Beaumanoir (Lebensdaten unbekannt) und ihre Tochter Marie Caroline Antoinette (1788-?), seit 1808 Frau des Diplomaten Marquis Clément Edouard de Moustier (1779-1830). – Der Graf de la Forest, ein Protestant, diente Frankreich als Diplomat und Staatsmann. Er versah von 1778 bis 1795 konsularische Aufgaben in den Vereinigten Staaten und war von 1803 bis 1806 Gesandter in Berlin, von 1808 bis 1813 in Madrid. 1819 wurde er Pair de France, 1825 Staatsminister. (Vgl. den Kat. Paris / Detroit [1974-75] und Larousse, Grand dictionnaire universel Bd. 10, S. 64, und Bd. 11, S. 647).
Nr. 2800 ist ein "Conversation Piece": Der Graf hält beim Briefschreiben inne und blickt zu Frau und Tochter hinüber; auf seinem Schreibtisch eine offene Brieflade, ein Tintenzeug aus teilweise vergoldeter Bronze mit einer knienden Frauenfigur, eine lederne Brief- und Dokumentenmappe. Rechts neben dem Tisch ein Papierkorb oder ein Behälter in Eimerform für gerollte größere Schriftstücke, einem antiken Kelchkrater angenähert; er scheint aus gelacktem Blech zu sein und eine figürliche Dekoration in der Art antiker rotfiguriger Vasenmalerei zu tragen. Die Gattin des Grafen pflegt einen Rosenstock, der in einem Blumentisch mit metallenem Einsatz am Fenster wächst. Davor ein Stuhl mit einem Portfolio, gerollten Papieren, der Zeichnung eines Kopfes und zwei Landkarten (die untere von Italien; die obere vom Ärmelkanal mit der Küste der Bretagne, woher die Vorfahren der Gräfin stammten). Die Tochter hat Blumen gepflückt und verstreut sie im Raum. Rechts von ihr steht ein gepolsterter Hocker. Auf dem niedrigen eingebauten Wandschrank zwischen den Türen eine Pendule mit Ormolu-Appliken.
Die Ausstattung des Arbeitszimmers ist im modernsten Pariser Empire-Geschmack gehalten. Die strengen, sehr sparsam verzierten Möbel entsprechen wirklichen Möbeln, vermutlich Schöpfungen der von Napoléon bevorzugten ersten Pariser Möbelmanufaktur Jacob, die um 1804 unter der Leitung von François-Honoré-Georges Jacob, gen. Desmalter (1770-1841), stand. Sie sind aus hellem, sog. brasilianischem Mahagoni (freundliche Mitteilung von W. Wiese, 1988). Bezeichnend für die Entstehungszeit des Gemäldes ist auch die Typenvielfalt der Sitzmöbel: der „fauteuil de bureau“, der Stuhl, der „tabouret en X“. Die Form der wohl in einer Pariser Werkstatt entstandenen Pendule aus farbigem Marmor mit vergoldeten Bronzeappliken war damals sehr beliebt (siehe Ottomeyer / Pröschel 1986, Bd. 1, S. 372, Abb. 5.14.1., 5.14.3 - 5.14.5).
Die Kleidung der Dargestellten folgt der neuesten Pariser Mode. Das Herrenkostüm ist betont einfach (Frack, Halstuch, Kniehose, Strümpfe, flache Schuhe); die Frauenkostüme, kostbar verarbeitet und teilweise bestickt, sind wohl aus Musselin und Tüll (lange Kleider „à l’antique“ mit langen Schleppen, Überkleidern, hoher Taille, ovalem Ausschnitt, kurzen Ärmeln); die Gattin trägt einen Kaschmirschal und einen Turban, die seit Napoleons Ägyptenfeldzug von 1798/99 en vogue waren; die Tochter hat die kurze „coiffure étrusque“; beide Frauen tragen nur wenig Schmuck.“
-
Salon
Paris 1806
-
Meisterwerke der Kunst. 10 Jahre Museumsstiftung Baden-Württemberg
Staatsgalerie Stuttgart 22.02.-26.04.1992
-
Meisterwerke der Kunst. 10 Jahre Museumsstiftung Baden-Württemberg
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 16.05.-28.06.1992
-
Portraits publics, portraits privés. 1770 - 1830
Galeries Nationales du Grand Palais, Paris 04.10.2006-09.01.2007
-
Unter vier Augen. Porträts sehen, lesen, hören
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 13.07.2013 - 03.11.2013
-
François André Vincent. Un artiste entre Fragonard et David
Musée des Beaux-Arts de Tours 19.10.2013 - 19.01.2014
-
François André Vincent. Un artiste entre Fragonard et David
Musée Fabre, Montpellier 08.02.2014 - 11.05.2014
-
1806 (2. Aufl. 1808): Le Pausanias Français, ou Description du Salon de 1806
[Chaussard, P.]
-
1975: French Painting 1774-1830
Cummings, Frederick J.; Rosenberg, Pierre; Rosenblum, Robert
The Age of Revolution -
1986: Auktionen in Paris, Winter 1985
(o. A.)
-
1986: Vincent reconstitué
Cuzin, Jean-Pierre
-
1987: Nouvelles acquisitions du Département des Peintures (1983-1986)
Foucart, Jacques (Hg.)
-
1988: Neuerwerbungen 1987
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Gemäldegalerie -
1988: Ausgewählte Werke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lüdke, Dietmar; Reising, Gert; Simons-Kockel, Katrin
150 Gemälde -
1989: Reihe "museum"
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Westermann-Führer -
1989: Porträtmalerei
Hrsg.: Landesbildstelle Baden; Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Aus dem Besitz der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe -
1989: French Paintings 1700-1800
Hrsg.: Matthiesen Fine Art LTD
-
1991: Eine Gemäldegalerie wächst heran
Vey, Horst
-
1991: L'Histoire de Napoléon par la Peinture
Tulard, Jean
-
1992: Meisterwerke der Kunst
Wiemann, Elsbeth (Red.)
10 Jahre Museumsstiftung Baden-Württemberg -
1994 (2. Aufl.): Gemälde in deutschen Museen
Schweers, Hans Friedrich
Katalog der ausgestellten und depotgelagerten Werke -
1994 (2. Aufl.): Gemälde in deutschen Museen
Schweers, Hans Friedrich
Katalog der ausgestellten und depotgelagerten Werke -
1995: Karlsruher Geschichten im 19. Jahrhundert
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Die Weinbrennerzeit 1800-1830 -
1995: Neuerwerbungen für die Gemäldegalerie 1984-1994
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Bearb.: Beckmann, Angelika
-
1998: Les Pendules des lendemains de la Révolution, une multitude de modèles
Dupuy-Baylet, Marie-France
-
2005: Gesamtverzeichnis Französische Gemälde des 17. und 18. Jahrhunderts in Deutschen Sammlungen
Rosenberg, Pierre; Mandrella, David
-
2005: L'Histoire de Napoléon par la Peinture
Tulard, Jean
-
2006: Portraits publics, portraits privés
Allard, Sébastian
1770-1830 -
2006: Pendules du Mobilier National
Dupuy-Baylet, Marie-France
1800-1870 -
2008: Décors d'Empire
Chevallier, Bernard
-
2008: Le portrait à la mode
Fleckner, Uwe
Stratégies publiques d’un genre privé autour de 1800 -
2008: Portrait et peinture de genre autour de 1800
Bordes, Philippe
-
2013: François-André Vincent
Musée des Beaux-Arts de Tours; Musée Fabre, Montpellier
Un artiste entre Fragonard et David -
2013: François-André Vincent 1746-1816
Cuzin, Jean-Pierre; Mayer-Michalon, Isabelle
Entre Fragonard et David -
2013: Die Stunde des Pan
Traber, Christine; Schulze, Ingo
-
2021: Vincent, François-André
Röckel, Alexandra