Gemäldeauktion auf einem italienischen Platz

Horst Vey und Eckhard von Knorre vermuteten, es könne sich bei Nr. 2704 um das 1796 im Salon unter dem Titel „Vente de tableaux“ ausgestellte Gemälde handeln (Slg. Kat. Karlsruhe 1984). 2003 verzeichnete Claudine Lebrun Jouve die Karlsruher Tafel jedoch als verkleinerte Replik des Salon-Bildes. Die von der Autorin im Werkverzeichnis Taunays publizierte Erstfassung der „Gemäldeauktion auf einem italienischen Platz“ (P. 369) scheint allerdings identisch zu sein mit einem Bild, welches der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe als Kopie des 20. Jahrhunderts bekannt ist. Der Eigentümer des Gemäldes stand 1987/1988 mit der Kunsthalle in Kontakt und war mit dem Bild zur Begutachtung vor Ort. In diesem Rahmen kam es wohl zu der Einschätzung, es handele sich um eine „neuzeitliche Kopie, künstlich gealtert (…) die Signatur nach der faksimilierten im Benezit“. (Bildakten der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe).

Das in Karlsruhe begutachtete, unten rechts mit „Taunay“ signierte Gemälde wies die Maße 49,2 x 56 cm auf, das bei Lebrun Jouve aufgeführte ist 49,5 x 56 cm groß und wurde am 22.11.1989 bei Sotheby’s London zum Verkauf angeboten (Lot 433), jedoch nicht verkauft (Quelle: Artnet; Notiz in den Bildakten der SKK). Eine folgende Erscheinung auf einer Auktion in Metz am 12.12.1999, erwähnt von Lebrun Jouve im Ausst. Kat. Paris-München-Bonn 2005, konnte mit Internetrecherchen nicht nachvollzogen werden. Hingegen wurde eine signierte „Bilderauktion auf einem städtischen Platz“ mit den gleichen Maßen am 18.11.1998 bei Dawo Auktionen, Saarbrücken, ein erstes Mal zum Verkauf angeboten (Lot 93, nicht verkauft); bei einer Versteigerung im selben Auktionshaus wechselte das Bild dann am 07.10.2000 den Besitzer (Lot 18) (Quelle: Artprice).

In den Bildakten der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe befindet sich eine Schwarz-Weiß-Abbildung des 1988 vorgelegten Gemäldes, die mit den beiden Abbildungen bei Lebrun Jouve zu P. 369 (der vermeintlichen Erstfassung) und P. 370 (der Karlsruher Tafel) übereinzustimmen scheint: man vergleiche zum Beispiel den Riss, der über dem mittleren Gebäude einmal quer durch das Bild geht; das Mauerwerk am linken Bildrand, welches auf beiden Illustrationen identisch ist und für P. 370 nicht mit dem Karlsruher Bild übereinstimmt; außerdem sind bei Lebrun Jouve beide Gemälde signiert, Inv. 2704 ist es aber nicht.

Fraglich ist also, ob es sich bei Lebrun Jouve P. 369 wirklich um „la version du Salon car la plus grande“ handelt. Sollte es sich wirklich um eine Kopie des 20. Jahrhunderts handeln, dann käme die Karlsruher Version doch als Salon-Bild in Frage, wie von Horst Vey und Eckhard von Knorre vermutet, und stellt keine Replik dar.

Zu den beiden bei Lebrun Jouve verzeichneten Fassungen kam 2012 eine dritte hinzu, die sich heute in der Fondation Custodia / Collection Frits Lugt, Paris, befindet (Inv. 2014-S.17; 29,5 x 40 cm). Bei dieser geringfügig kleineren, auf Leinwand gemalten Version könnte es sich laut Lebrun Jouve vielleicht um das „Modello“ handeln, welches im Besitz Taunays verblieb und als Vorlage für Repliken verwendet wurde (Kat. Rafael Valls Limited, Old Master Paintings, 2012: Recent Acquisitions, Nr. 36).

Vielleicht ist auch das Pariser Gemälde – und nicht die Karlsruher Tafel, wie von Lebrun Jouve angenommen – dasjenige, welches sich 1954 „en paire“ mit dem Gemälde „Installation d’une statue de la République“ (Öl auf Leinwand, 28 x 39,5 cm) in der Sammlung Harold Agnstrom, Odense/Dänemark, befand.

Die Entdeckung der Pariser Fassung hat möglicherweise noch zu einer weiteren Provenienzlücke von Inv. 2704 geführt: Horst Vey und Eckhard von Knorre geben für Inv. 2704 die Sammlung André Leroux an, die 14. Mai 1859 in Paris zum Verkauf angeboten wurde. Der Eintrag im Verkaufskatalog verweist auf ein Gemälde auf Leinwand („toile“) – daher kann wiederum nicht das Karlsruher Bild gemeint sein, sondern – nach heutigem Wissensstand – wohl dasjenige der Fondation Custodia / Collection Frits Lugt, Paris.