François Boucher – multitalentierter Kunstmaler und Rokoko-Designer
Opulente und drapierte Kleider, meisterhafte Inszenierungen – es fällt leicht zu glauben, dass der Rokoko-Künstler dem Theater zugetan war. Die Kulturbloggerin und theaterbegeisterte Ute Vogel hat sich mit François Boucher und seiner Leidenschaft für das Theater auseinandergesetzt.
Wer mich kennt, weiß, dass ich eine große Freundin der zeitgenössischen Kunst bin. Dass ich auf einmal eine große Freude am Rokoko habe ist vermutlich den pandemischen Zeiten geschuldet.
Ich habe ja gerne viel Zeit mit Mood for Art verbracht, mir dort T-Shirts und Masken bedrucken lassen. Und die Masken tatsächlich mit zwei Damen aus dem Rokoko. Nicht von François Boucher, sondern von Jean Etienne Liotard, aber immerhin.
Das Rokoko entwickelte sich in Frankreich zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Die strengen Hofetiketten lockerten sich, der Adel entwickelte ein feinsinniges, leichtes Lebensgefühl. Die Darstellungen in Kunst und Kunsthandwerk wurden entsprechend des Zeitgeists luxuriös, frivol, verspielt, graziös, idealisiert, mit Vorlieben für das Asymmetrische und auch Niedliche. Ich kann wirklich in diesen Bildern schwelgen: alles ist heiter, nichts ist schwer, das Wetter ist gut, die Natur strotzt, die Pflanzen sind üppig, die Tiere niedlich und besonders die Details der prachtvollen Kleidung faszinieren mich. Das brauche ich scheinbar in diesen Zeiten: eine Zuflucht, etwas Schönes, Heiteres, das, was derzeit den meisten Menschen in der aktuellen Lebensrealität fehlt. Vielleicht läuft auch aus diesem Grund gerade nicht zufällig im NRW-Forum Düsseldorf die Ausstellung #cute – Inseln der Glückseligkeit, eine Ausstellung über Niedlichkeit.
François Boucher war nicht nur ein exzellenter Kunstmaler und Zeichner, er malte auch dekorative Innenausstattungen, Bühnenbilder, machte Kostümentwürfe, gestaltete Teppiche, Möbelbezüge und Porzellan – er stammte aus einfachen Verhältnissen und schaffte es bis zum ersten Hofmaler des Königs und Rektor der der königlichen Akademie.
Er galt als Meister der Illusion, seine pittoresken Landschaften sind ein Inbegriff des Rokoko. Er war der Musik und dem Theater zugetan und das war vielleicht auch mit ein Grund, weshalb er eben auch Bühnen- und Opernausstattungen schuf – unter anderem für die Pariser Oper – denn seit dem Renaissancetheater erlangten Bühnenbild und -architektur an Bedeutung und man bemühte sich bis ins 18. Jahrhundert hinein, szenische Illusionsräume zu schaffen.
Ein Schwerpunkt bei Boucher sind die Pastoralen (idyllische Hirten- bzw. Schäferszenen), bei denen es auch Verquickungen mit dem Theater/der Oper gibt. Pastoralen sind nämlich auch eine Form barocker Instrumentalmusik, eine Form der Kantate und Oper des 17. und 18. Jahrhunderts und eine Literaturgattung: das Schäferspiel.
„Inspiriert wurden die Pastoralen Bouchers durch seine Zusammenarbeit mit Charles-Simon Favart (1710–1792) an der Opéra-Comique: Lieferte Boucher Entwürfe für Kostüme und Bühnenbild, so verfasste sein Freund Favart Theaterstücke, deren ehedem ungesehener, aber als charmant klassifizierter Naturalismus von der kulturellen Elite Frankreichs goutiert und gefördert wurde. Viele der Pastoralen, die Boucher im Jahrzehnt von 1740 bis 1750 malte, stellen Szenen nach Favarts Les Vendanges de Tempé dar – eine Opéra-Comique, die als pastorale Pantomime angelegt und 1745 in den Wäldern von Saint-Laurent uraufgeführt worden war.“
Oliver Jehle in Pastorale. Devianz à la Rococo in François Boucher – Künstler des Rokoko
Und noch ein bisschen Trivia:
Boucher war der Lieblingsmaler von Madame de Pompadour, die als Instanz in Sachen Geschmack und Mode ihrer Zeit galt. Madame de Pompadour, eine geborene Jeanne-Antoinette Poisson, wurde 1741 mit 20 Jahren mit ihrem reichen Cousin Guillaume verheiratet. Er besaß am Ufer der Seine ein Schloss mit Theaterbühne, auf der die vorzüglich ausgebildete Jeanne spielte und sang.
1745 wurde sie die offizielle Mätresse von Ludwig XV.
In Versailles unterhielt Madame de Pompadour ein Privattheater, das ihr von Ludwig XV. zugestanden wurde. Die Einweihung fand am 17. Januar 1747 mit dem Stück Tartuffe von Molière statt. Boucher illustrierte übrigens schon 1734 die sechsbändigen Neuausgabe der Werke Molieres und sie gelten als früher Höhepunkte seines Schaffens.
Als 1749 das an Tassos pastoralem Drama orientierte Stück Silvie von Pierre Laujon mit Musik von Pierre de Lagarde in Versailles auf die Bühne gebracht wurde, übernahm sie [Madame de Pompadour] die Hauptrolle der Silvia.
Astrid Reuter in François Boucher – Künstler des Rokoko
Boucher war Ausstatter des Theaters der Madame de Pompadour, er entwarf Kostüme und diese Erfahrung nutze er wiederum bei der Gestaltung der herrlichen Kleider auf den Gemälden der adeligen Damen – selbstverständlich portraitierte er Madame de Pompadour auch mehrmals.