Von der Kunst, sich zu verändern
Über Digitalisierung im Kulturbereich wird viel gesprochen. Zahlreiche Tagungen und Konferenzen befassen sich mit den unterschiedlichsten Aspekten dieser Herausforderung.
Was sie gemeinsam haben: Die Feststellung, dass es notwendig ist, sich zu verändern – als Kulturinstitution, als Mitarbeiter*in, als Leiter*in.
Mit genau dieser Herausforderung beschäftigt sich auch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, das im Rahmen des großangelegten Dialogprozesses Kulturpolitik der Zukunft zu einer Tagung mit dem Titel Die Kunst sich zu verändern. Digitalität und Kultureinrichtungen ins ZKM | Zentrum für Kunst und Medien eingeladen hatten.
In ihrer Einführung berichtete Ministerin Theresia Bauer, dass sie derzeit an vielen unterschiedlichen Veranstaltungen teilnehme, die im Kern alle von der Kunst, sich zu verändern, handelten. Egal ob Ingenieur*innen, Mediziner*innen oder eben Kulturverantwortliche – alle müssten sich offensiv mit den Veränderungen auseinandersetzen, die die digitale Transformation mit sich bringt, vor allem mit Blick auf die Zukunft. Auch für Kultureinrichtungen ist es wichtig, dass diese die Veränderungen reflektieren und sich so aufstellen, dass sie morgen noch als öffentliche Orte attraktiv und somit relevant für die Gesellschaft sind. Damit waren nicht nur das Thema, sondern auch die Erwartungen an den Tag gesetzt!
Ein Impulsvortrag vom Leiter der Abteilung Social Media / Innovation der Süddeutschen Zeitung verdeutlichte den Teilnehmenden mit einem Zwölf-Punkte-Plan, was digital mutige Menschen auszeichnet. Daran knüpften anschließend Workshop-Einheiten an, die thematisch breit angelegt waren und Fragen nach neuen Organisations- und Arbeitsformen im 21. Jahrhundert ebenso aufgriffen wie Kommunikationsmethoden, Visionsentwicklung oder den Einsatz von KI.
Das breiteste Diskurspotenzial sollte die Coaching-Methode road to hell erzeugen: Alle Teilnehmer*innen, die aus den unterschiedlichsten Bereichen verschiedener Kultureinrichtungen und -Verwaltungen stammten, waren aufgefordert, in spartenspezifischen Kleingruppen einen Weg von der road to hell zur road to heaven zu finden, um zu verhindern, dass Kultureinrichtungen in 20 Jahren gesellschaftlich abgehängt und irrelevant geworden sind. (Dies war das vorgegebene Ausgangsszenario für die Kleingruppenworkshops.)
Was macht sie nun aus, die Kunst sich verändern zu können? Die aus unserer Sicht wichtigsten Aspekte des Tages im ZKM lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
- Zu erwarten war die Forderung nach mehr Personal und mehr Geld. Ob dies global berechtigt ist, wäre zu hinterfragen und zu diskutieren. In den Gesprächen konnten vereinzelt auch Stimmen vernommen werden, die die Auffassung vertraten, vorhandene Ressourcen müssten einfach nur anders bzw. besser eingesetzt werden.
- Gefordert wurden auch „Digitalmanager*innen“ – sicher keine schlechte Idee. Ob es für eine Einrichtung insgesamt zielführend ist, wenn die Verantwortung für digitale Themen bei einer einzelnen Person gebündelt wird, erscheint fraglich. Wir sind der Überzeugung, dass die digitale Transformation einer Kultureinrichtung nur gelingen kann, wenn das ganze Team dies als Aufgabe begreift und mutig angeht.
- Wir müssen die Museumsblase verlassen! Wichtig ist es, neue Perspektiven einzunehmen, und offen zu sein, für Impulse anderer. Notwendig sind Querdenkertum und interdisziplinäre Teams!
- Wir brauchen viel Mut: für neue Perspektiven, für wirklich neue Wege; Mut, auch scheitern zu können.
- Innovationspotenziale sollen freigesetzt werden, indem agil und iterativ gearbeitet wird. Dafür bedarf es einer neuen Arbeitskultur und neuer Arbeitsstrukturen. Führung, Organisation und Arbeitsprozesse sollen möglichst flexibel und effizient gestaltet werden. Voraussetzungen dafür sind Freiräume und Zeit.
- Für modernes zeitgemäßes Arbeiten notwendig ist natürlich die entsprechende technische Infrastruktur.
- Weiterbildungen: Wir wollen sofort mutig mit dem Lernen beginnen, weil wir uns schnell weiterentwickeln wollen und müssen.
Klar geworden ist, dass die digitale Transformation ein großes Maß an Veränderungsfähigkeit fördert und fordert, von der Organisation und von allen Kolleg*innen. Welche Ergebnisse lieferte der Tag noch? Wir brauchen mehr Überforderungsbewältigungskompetenz, denn:
Herzlichen Dank für den interessanten Artikel.
Einer der von Ihnen genannten Punkte lautet „Wir müssen die Museumsblase verlassen!“ Es werden Aspekte wie Offenheit für externe Impulse, Querdenkertum und interdisziplinäre Teams erwähnt. Im Blog berichten Sie von ersten Schritten in diese Richtung in Form einer Fokusgruppenbefragung. In den Kommentaren dazu zeigen Sie Interesse an der Fortsetzung des eingeschlagenen Weges.
Mich würde interessieren, ob es denn inzwischen konkrete Pläne oder Vorhaben gibt, wie die Kunsthalle Karlsruhe die erwähnten Punkte Offenheit, Querdenkertum und interdisziplinäre Teams angehen bzw. dauerhaft umsetzen möchte?
Viele Grüße,
Niels Feldmann
Lieber Niels Feldmann,
vielen Dank für die ausführliche Rückmeldung. Die gewünschten und angestrebten Veränderungen können nicht von heute auf morgen erreicht werden, vielmehr bedarf es eines langen Atems und vieler kleiner Schritte. Wir diskutieren intern derzeit unterschiedliche Möglichkeiten, über die wir an dieser Stelle jedoch noch nicht berichten können. Kleine Schritte, die wir schon gemacht haben, zeigen sich in Veränderungen interner Prozesse oder auch bei leichten Akzentverschiebungen bei Stellenausschreibungen. Außerdem verstärken wir unseren Austausch mit Kolleg*innen – auch über die „Museumsblase“ hinaus.
Viele Grüße, Florian Trott
Ein guter Beitrag und Kommentar!
Vielen Dank für diese Rückmeldung.
Vielen Dank für eure Zusammenfassung und die kluge Kommentierung. Ich teile eure Meinung, dass dieser Ruf nach zentraler Digital-Verantwortung falsch ist. Leider wird die Haltung, dass sich die Kulturinstitutionen sich anders aufstellen müssen, nicht von vielen geteilt. Letztens musste ich mir nach einem Vortrag über dieses Thema anhören, dass man doch nicht ständig eine neue Sau durchs Dorf jagen müsse. Tja. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass in BaWü schon recht viel passiert. Weil es auch politischer Wille ist? Schauen wir mal, was noch passiert. Ich lese hier auch gespannt weiter mit.
Liebe Grüße
Anke
Liebe Anke von Heyl,
vielen Dank für diese Rückmeldung und für diese Einschätzung. Es sind sicher dicke Bretter, die hier gebohrt werden müssen, und es bedarf eines langen Atems. In BaWü sind die Bemühungen groß; nach Abschluss des erwähnten Dialogprozesses wird sich zeigen, welche Rückschlüsse für die Kulturpolitik der Zukunft gezogen werden. Wir bleiben natürlich dran und werden weiter berichten.
Viele Grüße, Florian Trott