Tabea Schwarze, 8. August 2019

Was User*innen von Museen erwarten

Als Mitarbeiter*in einer Kommunikationsabteilung analysiert man für die unterschiedlichsten Projekte Zielgruppen und versucht sich in diese hineinzuversetzen, um so Konzepte optimal entwickeln und umsetzen zu können.

Da man aber auch der Gefahr ausgesetzt ist, sich in einer Echokammer zu befinden und das erst beim Launch des Projektes zu bemerken – das Angebot also an der Zielgruppe vorbei zu entwickeln – entschieden wir uns bei der Vorbereitung des Konzeptes für das Förderprogramm Digitale Wege ins Museum II dazu, unser Vorhaben der anvisierten Zielgruppe vorzustellen und die Rückmeldungen in die weitere Ideenentwicklung einfließen zu lassen.

In einer abgewandelten Form der Fokusgruppenbefragung sprachen wir mit zehn Personen unserer Zielgruppe. Diese waren zwischen 25 und 35 Jahre alt und u.a. definiert als nicht zwangsläufig museumsaffin, aber keineswegs kulturfern, berufstätig und einen aktiven Lifestyle pflegend.

Nachfolgend wollen wir sieben Learnings teilen, die wir aus der Fokusgruppenbefragung mitgenommen haben.

  1. Miteinander zu sprechen hilft immer
    Egal mit welchen schlüssigen Methoden und Vorgehen versucht wird, sich in eine Zielgruppe hineinzuversetzen und wie vermeintlich nah man sich an dieser befindet: Nichts kann das ehrliche Gespräch mit dieser ersetzen. Die so gewonnenen Einblicke und Erkenntnisse nutzen zudem für ein tiefer gehendes und weiter reichendes Verständnis der Zielgruppe.
  2. Faszination des Blicks hinter die Kulissen
    Für die Akteur*innen des Kulturbetriebs erscheint es wie ein alter, kaum mehr interessanter Hut. Die Gespräche der Fokusgruppenbefragung zeigten aber einmal mehr, dass das Interesse für die unterschiedlichen Bereiche und Aspekte der Museumsarbeit, die nicht in der Öffentlichkeit stattfinden, ungebrochen ist.
  3. Den Dialog ernstnehmen
    Ob potenzielle, digitale oder analoge Besucher*innen: Eine gelungene Kommunikation besteht aus Zuhören und Sprechen. So sollte auch die zwischen einer Kultureinrichtung und den verschiedenen (potenziellen) Besuchergruppen funktionieren. Immer wieder wurde im Kontext der Fokusgruppenbefragung erwähnt, wie wichtig es den einzelnen Akteur*innen ist, in diesen Austausch zu treten.
  4. Partizipation – mehr als nur ein Buzzword
    Die meisten Museen werden aus Steuermitteln finanziert. Entsprechend verständlich ist der Wunsch nach Mitbestimmung. Auch wenn es (noch?) nicht umsetzbar scheint, dass Ausstellungen künftig gemeinschaftlich erdacht und umgesetzt werden, gilt es hier neue Möglichkeiten der (ernstgemeinten) Partizipation zu finden, zu testen und umzusetzen.
  5. Menschen interessieren sich für Menschen
    Dies ist ein Fazit, das sich durch die gesamte Fokusgruppenbefragung zog. Spannend hierbei: Unsere Auswertungen aus dem Bereich der digitalen Kommunikation zeigen, dass sich zumindest unsere digitalen Besucher*innen stärker für Werke und deren Geschichten als für die der Museumsmitarbeiter*innen interessieren.
  6. Information is King
    Informationen und qualitative Inhalte zählen: Auch wenn im Digitalen der Fokus auf komprimierten Inhalten liegt, sollten diese deshalb keineswegs inhaltsarm sein. Die Zielgruppe vermittelte in den Gesprächen mehrfach den Wunsch, sich im Digitalen „nebenher“ mit wenig Zeitaufwand zu informieren und dazuzulernen. Dass diese Angebote unterhaltsam und / oder ansprechend dargeboten werden müssen, um ihren Weg zur Zielgruppe zu finden und von dieser wahrgenommen zu werden, ist selbstverständlich.
  7. Die Zeit der Experimente ist vorbei
    Für uns eine besonders erstaunliche Erkenntnis: Mehrfach wurde betont, dass im Digitalen nicht nach Experimenten gesucht werde. Die Befragten nutzten eher eine überschaubare Zahl an Anwendungen und verfolgt bei diesen auch die Neuerungen. Daraus werden Standards und Erwartungen abgeleitet, die andere, neue Anwendungen zu erfüllen haben. Für Kultureinrichtungen sollte dies eine große Herausforderung sein.

Was wir mit diesen Erkenntnissen gemacht haben?

Nach der Auswertungsphase haben wir unsere ursprüngliche Projektidee überarbeitet und die Zielgruppe enger und näher definiert. Auch wenn uns bewusst ist, dass dies nur ein kleiner, nicht repräsentativer Ausschnitt einer Zielgruppe war, helfen uns die Ergebnisse diese besser zu verstehen. Im Kontext des Projektes Digitale Wege ins Museum II, an dem wir aktuell im Hintergrund mit Hochdruck arbeiten, wird demnächst eine weitere Fokusgruppenbefragung mit dem aktuellen Projektstand und der enger gefassten Zielgruppe durchgeführt.

An die Kulturtussi Anke von Heyl geht an dieser Stelle ein großer Dank: Im Rahmen mehrerer Workshops hat sie uns in der Konzeptentwicklungsphase maßgeblich unterstützt und uns die Methode einer Fokusgruppenbefragung für dieses Projekt empfohlen.

Wie seht Ihr das? Was erwartet Ihr von Museen und Kultureinrichtungen?