Roswitha Baumann im Gespräch mit Tabea Schwarze, 6. März 2020

Baldung begegnen 1959 -2020

Wer kennt es nicht: Kunstwerke oder Künstler*innen, die einen lange Jahre begleiten, einem immer wieder begegnen und manchmal sogar prägend werden.

So ging es auch einer Besucherin der Baldung-Ausstellung 1959, mit der wir uns zum Gespräch trafen.

Was war der Anlass Ihres Besuchs der Baldung-Ausstellung 1959?

Durch meinen ersten Besuch in den Museen in Paris im Jahre 1959 wurde mein schon vorhandenes Interesse für Kunst noch verstärkt, und ich interessierte mich mehr für die Ausstellungen im Raum Karlsruhe, als ich es von meiner Schulzeit gewohnt war. Deshalb hatte ich schon den Plan in der Schublade, meine Zulassungsarbeit für die Prüfung zum Lehramt an Grund- und Hauptschulen über ein künstlerisches Thema zu verfassen. Dabei inspirierte mich sogleich die Ausstellung in der Kunsthalle Karlsruhe über den Maler Hans Baldung Grien.

Da auch meine Dozentin, Frau Dr. R., eine echte Karlsruherin, gleich von dem Gedanken begeistert war, habe ich mich gern auf dieses Projekt eingelassen.

Wie haben Sie die Ausstellung 1959 in Erinnerung? Was gefiel Ihnen besonders gut? Was ist Ihnen noch besonders in Erinnerung geblieben?

Die Ausstellung hat mich von vornherein stark beeindruckt , aber ich muss zugeben, dass die mediale Begleitung vor 60 Jahren mir eher dürftig erschien und in keiner Weise mit den heutigen, auch digitalen, Möglichkeiten zu vergleichen ist.

Wie hat Baldung Sie seit 1959 begleitet?

Natürlich ist das Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit über ein halbes Jahr lang prägend für ein ganzes Leben.Und die gelegentlichen Begegnungen mit den Werken des Künstlers in vielen europäischen Museen waren im Laufe meines Lebens bis heute ein Déjà-vu.

Zeichnung des Blicks über Straßburg aus Hans Baldung Griens Skizzenbuch

Welches ist Ihr persönliches Lieblingswerk Baldungs?

Mein Lieblingswerk ist Teil des Karlsruher Skizzenbuches , betitelt mit „Blick vom Straßburger Münsterturm nach Norden“ Die wichtigsten Straßen der Straßburger Altstadt sind zum Teil heute noch so wahrzunehmen.

Wie haben Sie die Ausstellung 2019 / 2020 im Vergleich zu der Ausstellung 1959 erlebt? Welche neuen Perspektiven haben sich Ihnen eröffent?

Die Ambivalenz des Künstlers Hans Baldung Grien ist mir bei der Erstellung der Arbeit im Jahre 1959 nicht so stark bewusst gewesen wie es mir heute nach 60 Jahren klar geworden ist.

Durch die verschiedenen Führungen durch die aktuelle Ausstellung habe ich auch erfahren, dass die sehr kompetenten Ausstellungsguides alle einen besonderen Schwerpunkt im Auge hatten. Das habe ich von der Ausstellung 1959 so nicht in Erinnerung.

Im Nachhinein bewundere ich  den Mut des Malers, die Frauen nicht nur schön und demütig darzustellen, sondern auch sehr verführerisch und bedrohlich.

Ein Beispiel für die veränderte Wahrnehmung nach 60 Jahren ist auch ein Vergleich der Titelbilder  der Kataloge. Im Jahre 1959 das Selbstbildnis des Künstlers auf der Rückseite des Altares im Freiburger Münster  und im aktuellen Katalog als Titelbild das relativ frivole Bildnis Maria und Kind und Papageien.

Da ich in meinem Lehrerberuf fast 30 Jahre an der Johann-Peter-Hebel-Schule in Karlsruhe unterrichtet habe, hat sich die räumliche Nähe zur Kunsthalle bzw. der Orangerie geradezu angeboten, diese Einrichtungen mit Schulklassen zu besuchen  Die hervorragende museumspädagogische Begleitung dieser Projekte ist mir in guter Erinnerung geblieben, und ich bin sicher , dass viele meiner ehemaligen Schüler heute noch eine gewisse Affinität zu diesen Einrichtungen behalten  und gepflegt haben.