Dr. Leonie Beiersdorf, 6. Juni 2025

Eid al-Adha Mubarak!

Die Geschichte von Ibrahim, einem der wichtigsten Propheten im Islam, und seinem Sohn hat eine tiefe religiöse und ethische Bedeutung. Sie bildet die Grundlage für das Opferfest (Eid al-Adha).

Ist das Erleichterung in dem Gesicht des kleinen Jungen? Oder ist sein Lächeln ein Zeichen der beneidenswerten Fähigkeit von Kindern, sich nach einem Schrecken rasch ablenken zu lassen? Hilft dabei vielleicht der Apfel? Fröhlich schmiegt sich der Kleine an seinen betagten Vater, der ihn ebenso liebevoll hält. Seine Figur in dem voluminösen Gewand umfängt den Sohn wie eine Schutzhülle. Aber seine Gesichtszüge sind ernst und nachdenklich und stehen in leiser Spannung zu der vertrauensvollen Geborgenheit des Kindes.

Glaube auf dem Prüfstein

Abraham Isaak liebkosend – so heißt dieses Kunstwerk. Die Namen im Titel verweisen einerseits auf die dramatische Geschichte von Abrahams Opfer, zum anderen aber auf den christlichen Entstehungszusammenhang dieses Bildes. In der biblischen Fassung der Erzählung erhält Abraham von Gott den Auftrag, seinen Sohn Isaak als Opfer darzubringen – eine erschütternde Prüfung seines Glaubens und seines Gehorsams. Abraham folgt dem Befehl, doch wird Isaak gerettet, da Gott einen Engel schickt, der eingreift, und das Opfer also nicht vollzogen wird. Abraham opfert statt seines Sohnes ein Tier.

In der um 1637 geschaffenen Radierung handelt es sich um eine der berührenden Bildfindungen Rembrandts. Es ist geradezu typisch für den niederländischen Künstler, religiöse Themen menschlich nahbar zu machen. Abraham wird als würdevoller älterer Jude in – zugegeben: fantasievoller – Tracht dargestellt. Er repräsentiert einen pietätvollen Mann, erscheint aber nicht als Held des Gehorsams, sondern als Mensch, der liebt und leidet. Im Gegensatz zu vielen barocken Darstellungen der Geschichte, die den dramatischen Moment des beinahe vollzogenen Opfers zeigen – ein erhobenes Messer, den Engel –, geht es hier um den Moment danach: um Erleichterung, Liebe und Dankbarkeit.

In der koranischen Fassung der Geschichte lautet sein Name Ibrahim („Vater vieler“), sein Sohn heißt Ismael. Viele Aspekte der Handlung stimmen in Koran und Bibel in etwa überein. Doch gelten im Islam beide, Vater und Sohn, als positive Beispiele für die Hingabe an den Willen Gottes, denn nicht nur Ibrahim, sondern auch Ismael wäre zum Opfer bereit gewesen. Das religiöse Thema des Gehorsams und der Barmherzigkeit Gottes ist also auch hier zentral.

Grafik in der ein alter sitzender alter Mann ein vor ihm stehendes Kind umarmt und seinen Kopf behutsam hält. Das Kind lacht und hat seinen Arm um das Knie des Mannes gelegt.

Das Opferfest

Die Geschichte von Ibrahim, einem der wichtigsten Propheten im Islam, und seinem Sohn hat eine tiefe religiöse und ethische Bedeutung. Sie bildet die Grundlage für das Opferfest (Eid al-Adha), das höchste Fest im Islam, das von Musliminnen und Muslimen weltweit begangen wird. Auch die muslimischen Gemeinden in Deutschland blicken mit Vorfreude auf die Festtage um den 6. Juni.

Doch ist die Feierstimmung bei vielen ihrer Mitglieder gedämpft, und es macht betroffen, die Gründe dafür zu hören. Sie ringen mit den Erfahrungen der letzten Jahre, in denen Ressentiments im Alltag deutlich zunahmen, der antimuslimische Rassismus ist greifbar. Polizeiliche Statistiken und zivilgesellschaftliche Erhebungen belegen einen besorgniserregenden Trend zu Übergriffen, Diskriminierungen und Hassverbrechen gegen Muslime oder als muslimisch gelesene Personen. Hinter dem statistischen Zahlenwerk stehen Schicksale und Traumata, die gesellschaftlich kaum Beachtung finden. Das führt zu einer Erschütterung des Gefühls von Zugehörigkeit, auch bei jenen, die schon ihr ganzes Leben in Deutschland verbringen, auf schöne Kindheitserinnerungen zurückblicken und diese weitergeben möchten.

Traditionell wird zum Opferfest gut gegessen. Es duftet nach Minze, Kardamom oder Rosenwasser, die Kinder erleben Zuckerschocks vom Feinsten! Wer es sich leisten kann, lässt nach dem Eidgebet ein Schaf schlachten. Dessen Fleisch wird gedrittelt und mit Bedürftigen, mit Freunden und mit der Familie geteilt. Das Essen symbolisiert also Nächstenliebe, Großzügigkeit und Zusammenhalt – gesellschaftliche Bausteine, wenn man so will, die uns alle verbinden.
In diesem Sinne: Eid al-Adha Mubarak!