Florian Trott, 2. September 2022

Von Unwägbarkeiten, Flexibilität und Vorfreude

Endlich geht es los! Nach zahlreichen Verzögerungen hat der Umzug der Kunsthalle begonnen. Ein großer Meilenstein für das gesamte Team. Nun geht es Schritt für Schritt bzw. Abteilung für Abteilung von den Standorten in der Stephanien- sowie der Hans-Thoma-Straße ins Interim in der Hermann-Veit-Straße

Wer war eigentlich dieser Hermann Veit? Nach einer kleinen Recherche weiß ich, dass Hermann Veit ein SPD-Politiker war, der im Laufe der Jahrzehnte unterschiedliche Ämter und Funktionen ausgeübt hat: er war Oberbürgermeister in Karlsruhe, hatte verschiedene Ministerämter inne, war Abgeordneter im Landesparlament und im Bundestag. Heute erinnert unter anderem eine Straße in Karlsruhe an ihn. In der Hermann-Veit-Straße bezieht die Kunsthalle ihr Interimsdomizil.

Ich erinnere mich noch genau, als ich zum ersten Mal die Räumlichkeiten in dem Bürokomplex aus den 1970er bzw. 80er Jahren als mögliche Interimsfläche für die Kunsthalle besichtigte. In Karlsruhe einen Ort zu finden, in dem die Kunsthalle mit ihrem großen Raumbedarf vorübergehend untergebracht werden kann, war nicht leicht. Besonders erfreulich ist die Nähe zum ZKM – der Ort, an dem im Frühjahr 2023 die erste Interimsausstellung der Kunsthalle eröffnet.

Der Weg bis zur offiziellen Übernahme der Flächen in der Hermann-Veit-Straße war lang und, man kann es nicht anders sagen, von zahlreichen Herausforderungen begleitet. Zu nennen sind hier die pandemiebedingt weltweit unterbrochenen Logistikketten, die wiederum Materialknappheit erzeugen. So war die Lieferung von Sicherheitstüren bis zum Schluss eine Zitterpartie mit mehrfach verschobenen Terminen. Der Angriffskrieg auf die Ukraine hat in der Schlussphase der Bauarbeiten zu neuen Verzögerungen geführt – wobei dies, im Vergleich zu den schrecklichen Geschehnissen in der Ukraine, lächerlich wirkt.

Auch die offizielle Abnahme der Flächen musste mehrfach verschoben werden, und mühsam vom Umzugsteam der Kunsthalle erarbeitete Zeitpläne für die verschiedenen Umzüge und zahlreiche vorbereitenden Maßnahmen fielen zusammen wie Kartenhäuser. Wir haben diese und andere zusätzliche Herausforderungen mit nahezu überraschender Gelassenheit genommen. Mehrmals mussten also die Zeitpläne und logistischen Abläufe neu durchdacht und zusammengefügt werden. Ich bin stolz auf das Team, das sich – aus verschiedenen Bereichen zusammengestellt – den Aufgaben des Umzugs fokussiert widmet und trotzdem flexibel reagiert und immer neue Optionen mit- und vorausgedenkt.

Auf dem Foto sind teils leere, teils gefüllte Bibliotheksregale zu sehen.
Umzug der Bibliothek in die Hermann-Veit-Straße

Ende Juli hat die Kunsthalle die Interimsfläche tatsächlich übernommen, und der Umzug konnte starten. Als erste Einheit zieht die Bibliothek um: 180.000 Bücher und rund 1.000 Zeitschriftentitel werden verpackt, verladen und am neuen Standort wieder ausgepackt. Auch hier liegt natürlich eine detaillierte Planung zugrunde, die vom Bibliotheksteam langfristig erarbeitet wurde: Wie werden die Regale in der neuen Bibliothek aufgestellt? Wie werden die Signaturengruppen eingeordnet? Wie müssen der Umzug der Bücher und der Ab- und Aufbau der alten Regale, die im Interim weitergenutzt werden, miteinander kombiniert werden? All das wurde fein austariert, und doch wurden die Abläufe durch Aspekte, die nicht vorhergesehen werden konnten, aus dem Gleichgewicht gebracht: So etwa durch die in die Jahre gekommenen Fahrstühle in der Kunsthalle, die bei den permanent hohen Außentemperaturen zeitweilig den Betrieb einstellen. Aber auch in dieser Situation gibt es keine Alternative, als flexibel zu reagieren…

Allen bekannten und noch unbekannten Herausforderungen zum Trotz: Wir freuen uns auf das Interim in der Hermann-Veit-Straße. Das macht sich auch im Arbeitsalltag bemerkbar: Man spürt eine Art Aufbruchsstimmung. Es wird viel sortiert, auf- und ausgeräumt, Umzugskisten werden gepackt. Die anfänglich bestehende Umzugsskepsis ist weitgehend gewichen, bei zahlreichen Kolleg*innen ist sogar ein Hauch von Umzugseuphorie spürbar: Endlich kann es losgehen! Dazu mischen sich Neugierde und Vorfreude auf den neuen Standort. Das Interim wird auch die Arbeitszusammenhänge in der Kunsthalle verändern. Erstmals werden alle Kolleg*innen vereint unter einem Dach zusammenarbeiten können. Auch das nutzen wir als Chance, die interne Kommunikation und die Formen der Zusammenarbeit weiterzuentwickeln.

Litfaßsäule mit Kunsthallen-Plakaten am neuen Interimsstandort der Kunsthalle Karlsruhe
Die neuen Büroräumen am Interimsstandort in der Hermann-Veit-Straße

Der Umzug ins Interim ist auch ein Anlass, unsere Betriebsorganisation und die -abläufe kritisch zu beleuchten und – wo notwendig – anzupassen. So haben wir beispielsweise entschieden, zukünftig weitergehend auf die Installation von Druckern an den einzelnen Arbeitsplätzen zu verzichten, stattdessen wird es leistungsstarke Gemeinschaftsdrucker geben. Diese Entscheidung haben wir auch unter dem Gesichtspunkt von Nachhaltigkeit und einem sinnvollen Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen getroffen. Das ist nur ein erster, sehr kleiner Schritt, der aber im Arbeitsalltag einen deutlich spürbaren Unterschied macht und sensibilisiert. Mit dem Stichwort „Green Culture“ wollen und müssen wir uns in den nächsten Monaten intensiv beschäftigen. Mit dem Abschluss des Umzugs freuen wir uns nicht nur auf die neuen Arbeitserfahrungen im Interim, sondern auch darauf, unsere Aufmerksamkeit und Kraft in all jene Themen zu investieren, die umzugsbedingt ruhen mussten.