Kristina Liedtke, 18. November 2022

Vorsicht Kunst – wenn die Kunst auf Reisen geht

Auch wenn die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe für die kommenden Jahre geschlossen ist – der Museumsalltag hat sich verändert, aber er geht weiter. Für das Referat Restaurierung bedeutet das nicht nur die Umzugsvorbereitungen voran zu treiben, sondern auch mit dafür zu sorgen, dass kleine Teile unserer Sammlung weiterhin an anderen Orten sichtbar sind.

Konkret bedeutet das Anfragen anderer Museen zu bearbeiten, die Werke der Kunsthalle ausleihen und für die Dauer einer Ausstellung in ihrem Haus präsentieren möchten. Wer eine Reise antritt muss sie zuvor planen, buchen, packen und sich überlegen, wie sie oder er sicher zu dem Ziel kommt. Übertragen auf wertvolle Kunstwerke bedeutet das u.a., sie aus dem Depot oder den Ausstellungssälen des Museums zu holen und für einen sachgerechten Transport in ein anderes Museum, gegebenenfalls in einer anderen Stadt oder einem anderen Land vorzubereiten.

Restaurator*innen sind für die fachgerechte Pflege der Museumsbestände zuständig: das beinhaltet neben einer umsichtigen Handhabung der Werke vor allem die materialabhängige, konservatorische (den Zustand stabilisierend) Aufbewahrung der Werke. Um sie im Rahmen von Ausstellungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, durchleben sie das eine oder andere: Beispielsweise können sie während der Reise mechanischen Belastungen ausgesetzt sein, oder während der Präsentation in einer Ausstellung durch die Beleuchtung beansprucht werden.

Eine Aufgabe der Restaurator*innen ist es daher, Kenntnisse über die Zusammensetzung des Werkes und die unterschiedlichen Empfindlichkeiten der Materialien zu haben. So können die optimalen konservatorischen Bedingungen (Klima, Lichtschutz, Luftreinheit) vorgegeben und überprüft werden. Das kann auch bedeuten, dass Werke erst gar nicht gezeigt werden, da ihr Zustand zu instabil ist: Der Schutz der Werke steht an oberster Stelle.

Wie wird dabei vorgegangen? Der sogenannte Leihverkehr beinhaltet zunächst eine fachliche Begutachtung der Kunstwerke, die in einem anderen Museum gezeigt werden sollen. Es stellen sich unter anderem Fragen wie: Um welche künstlerische Technik handelt es sich und ist sie empfindlich? Müssen entsprechende konservatorische oder restauratorische Maßnahmen ergriffen werden? Wurde das Werk schon häufig ausgestellt? Wie soll das Werk in der Ausstellung präsentiert werden? Welche sachgerechten konservatorischen Bedingungen müssen am Ausstellungsort erfüllt sein?

Auch wenn das Werk in einem guten Zustand ist und noch nicht häufig ausgestellt wurde, müssen einige Arbeitsschritte durchgeführt werden. Diese könnten bei einer Druckgrafik auf Papier zum Beispiel so aussehen:

1. Die Oberfläche wird zunächst trockengereinigt.
Museumskartons in verschiedenen Farben
2. Ein farblich passender Museumskarton wird ausgesucht…
Eine Grafik wird auf Museumskarton platziert.
3. …und die Grafik anschließend darauf platziert.
Arbeitsprozess, in dem kleine Papierstreifen mit Kleister angeschmiert werden
4. Um sie auf dem Karton zu befestigen, werden kleine Papierstreifen (Japanpapier) mit Kleister angeschmiert.
Ein mit Kleister beschmierter Papierstreifen wird an der Rückseite einer Grafik angebracht, um diese auf Museumskarton zu fixieren.
5. Das sogenannte Fälzchen wird dann auf die Rückseite der Grafik montiert und verbindet es so mit dem Museumskarton.
Auf dem Papier liegen beschwerende Objekte, damit sich das Papier beim Trocknen nicht verformt.
6. Damit es zu keinen Verformungen im Papier kommt, beschwert man diese Bereiche und lässt sie trocknen.

Vor dem Transport wird ein sogenanntes Zustandsprotokoll erstellt. Dabei wird neben wesentlichen Angaben zu dem Werk und Hinweisen zu den Präsentationsbedingungen der Ist-Zustand des Werkes mit seinen ggf. vorhandenen Schäden schriftlich und fotografisch, z.B. Form einer s.g. Schadenskartierung, festgehalten. All das wird nach dem Transport bei dem Leihnehmer, nach Ausstellungsende und noch einmal nach der Rückkehr des Werkes in die Kunsthalle überprüft und ggf. auftretende Veränderungen dokumentiert.

Mit einer Taschenlampe wird auf Papier geleuchtet und dabei ein Zustandsprotokoll erstellt.
7. Der Zustand des Objekts wird genau geprüft und alle Schäden oder Besonderheiten dokumentiert.
Die Grafik mit Auflicht fotografiert
8. Je nach Beleuchtung erkennt man einzelne Schäden besser. Im Auflicht beispielsweise erscheint das Objekt so…
Die Grafik im Streiflich fotografiert. Schäden werden sichtbar.
9. …im Streiflicht jedoch sieht man mehr.

Eine konservatorische Einrahmung (UV-Schutz- oder Sicherheitsverglasung, luftdichtes Verschließen der Rahmenrückseite) schützt das Werk, eine sichere Verpackung und der Transport durch eine Kunstspedition gewährleisten das sichere Ankommen.

Eine Hand wischt über das Glas eines Rahmens
10. Bevor das montierte Objekt eingerahmt wird, muss das Glas gereinigt werden
Ansicht einer Grafik im verglasten Rahmen
11. Noch einmal wird überprüft, dass kein Staub oder andere Verunreinigungen zwischen Glas und Objekt liegen.
Klimakiste mit einzeln verpackten Objekten für den sicheren Transport
12. Einzeln verpackt sind die Objekte sicher in einer Klimakiste und bereit für den Transport.

Um Kunstwerke für eine eigene Ausstellung oder die in einem anderen Haus zu ermöglichen, bedarf es also einiger, häufig sehr zeitintensiver Vorbereitungen.

All diese Maßnahmen sind für die Besucher*innen im Museum nicht mehr sichtbar, aber essentiell, um die Kunstwerke zu bewahren und langfristig dem Publikum zugänglich zu machen.

In diesem Sinne – gute Reise!