Loretta Stritzel, 1. März 2024

Wir haben eine Chance, also nutzen wir sie

Museen sind zugleich Treiber und Getriebene der Klimakrise. Im Kulturbereich leisten sie keinen unwesentlichen Beitrag am Ausstoß von Treibhausgasen, bieten aber auch große Inspirationspotenziale für Veränderungen. Wo steht die Kunsthalle Karlsruhe?

Museen sind zum Aufbewahren da. Zum Aufbewahren von einzigartigen Zeugnissen unserer Kultur, unserer herausragenden Persönlichkeiten und unserer Vorfahren wie wir alle, unserer Geschichte, dessen was uns ausmacht, was uns inspiriert, was uns zu denken gibt. Einmaliges findet sich hier; Objekte, die wir zwar bis zu einem gewissen Grad reparieren, aber – einmal zerstört oder verloren – nicht mehr ersetzen können. Leichtfertig damit umzugehen wäre also fatal. Doch „wenn wir die Kunst bewahren, den Planeten aber nicht, haben wir [auch] ein Problem“, wie es Jaques Herzog ausdrückt. „Schließlich werden das kulturelle Erbe und Sammlungen nicht nur in einem Depot, sondern letztlich auf der Erde aufbewahrt“, so fasst Christopher J. Garthe es in seinem Standardwerk Das nachhaltige Museum zusammen. Und wenn man bereits bekannte Zahlen zum Treibhausgasausstoß von Museen betrachtet, sind ausgerechnet auch noch sie diejenigen im Kulturbereich, die – bedingt durch die optimale Klimatisierung der Kulturgüter – mit Abstand am meisten verursachen.

Doch gerade mithilfe von Kunst und unserem Umgang damit, ist es möglich, zu nachhaltigerem Handeln zu inspirieren. Indem wir traditionelle Werte, Denkmuster und Verhaltensweisen mittels künstlerischen Ausdrucksformen in Frage stellen. Als Einrichtung der Wissenschaft ist es angesichts der gesammelten und gut aufbereiteten wissenschaftlich fundierten Kenntnisse aber ehrlich gesagt höchste Zeit, neue Wege zu gehen, Etabliertes anders und neu zu denken, unsere Rolle als Museum, unsere Werte und Ziele zu überdenken. Wir möchten und müssen uns aber auch zu einem zukunftsfähigen Museum entwickeln, das nicht auf Kosten der gegenwärtigen und zukünftigen Organismen, sondern für sie und im Einklang mit unserer Gastgeberin, der Erde, existiert. Ohne menschenfreundliches Klima keine Menschen, ohne Menschen keine zu bewahrende Kunst und Kultur in unserem, menschlichen, Sinne mehr.

Große Worte, große Ziele und wir? Wir fangen klein an und sind uns dabei dreierlei bewusst: Wir haben eine Chance, also nutzen wir sie. Die Früchte unten am Baum sind leichter zu erreichen. Und ohne auf die Leiter zu steigen und mit größerer Anstrengung oben zu pflücken, auch zu riskieren runter zu fallen, wird es definitiv nicht gehen.
Wir als Nachhaltigkeitsbeauftragte haben damit angefangen, uns mit Kolleg*innen aus allen Abteilungen regelmäßig in der „AG Green Culture“ zusammen zu setzen und zu überlegen, was wir quasi morgen ohne großen Aufwand, aber mit Wirkung ändern können. Nach dem Motto von Dr. Eckart von Hirschhausen „das Wichtigste, was ein Einzelner machen kann, ist nicht allein zu bleiben“ liegt unser Fokus zunächst darauf, die „Willigen“, generell aber so viele Kolleg*innen wie möglich in unsere „Klimaallianz“ einzubinden. Auf unserem „Green Board“ hängen aktuelle Infos aus und alle können ihre Ideen und Wünsche anpinnen. Unsere ersten kleineren Maßnahmen sind im Klimaschutzbericht an das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst zusammengestellt und online öffentlich einzusehen.

Die nächste große Aufgabe für uns Nachhaltigkeitsbeauftragte ist die Erstellung einer Klimabilanz. Darin werden konkrete Werte zu allen Treibhausgasen erfasst, die die Kunsthalle in unterschiedlichen Bereichen ausstößt. Dazu gehören zum Beispiel Strom, Treibstoff, Wärme, Transporte, Verbrauchsmaterialien sowie Mobilität von Mitarbeiter*innen und Besucher*innen. Die Bilanz dient dazu, die Knackpunkte festzustellen, an denen dringend etwas geändert werden muss. Wir können und werden also aus der Bilanz konkrete Ziele und Maßnahmen ableiten, die wir anschließend umsetzen. Da die Bilanz jährlich erstellt wird, kann dann auch überprüft werden, ob die Maßnahmen tatsächlich etwas zur Verringerung unseres Treibhausgasausstoßes beigetragen haben. Ein weiterer Schritt wird die Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen Museen und Kulturinstitutionen sein, denn nur wenn wir unser Wissen, unsere guten Ideen und unsere Ressourcen teilen, nehmen wir unsere Chance, etwas zu verändern, wirklich ernst. Neben den beschriebenen ökologischen Aspekten werden wir uns ab 2024 auch Themen der sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit nach und nach annehmen. So wie wir die Mitarbeitenden in diesen Prozess einbinden möchten, so möchten wir in einer thematisch abgestimmten Veranstaltungsreihe auch unser Publikum auf unsere Reise zu einem zukunftsorientierten Museum mitnehmen.