Florian Trott, 30. Dezember 2021

Ein Blick zurück nach vorne

Ein Jahresrückblick ist immer auch eine sehr persönliche Angelegenheit. Ich erinnere mich, als ich vor bald 20 Jahren meinen ersten privaten Blog gestartet habe, an eine Art Fragebogen, der seinerzeit in Blogs beliebt war.

Es ging anhand von sehr konkreten Aspekten um einen Überblick, wie das zurückliegende Jahr denn so war, also ob man etwa ab- oder zugenommen hätte, welche Dinge man zum ersten Mal in den vergangenen zwölf Monaten gemacht hatte, bis hin zur Frage nach dem besten Buch, das man gelesen hatte.

Doch wie sieht ein Jahresrückblick aus, der für ein Museum verfasst wird? Vor allem, wenn man sich am Ende des zweiten Jahres einer Pandemie befindet, deren Ende wiederum noch nicht absehbar erscheint. Festhalten lässt sich, dass es allen Einschränkungen zum Trotz ein vielfältiges, herausforderndes und spannendes Jahr 2021 war. Die ersten Monate bargen Frustrationspotenzial, da wir mit François Boucher und Volle Kanne Kunst zwei fertig aufgebaute Ausstellungen im Haus hatten, die wir für einen analogen Besuch nicht öffnen konnten. Wir haben uns aber nicht entmutigen lassen und haben die Möglichkeiten, die das Digitale bietet, genutzt und neue Vermittlungsformate entwickelt.

2021 konnten wir aber auch das 175-jährige Bestehen der Kunsthalle feiern und haben unserem Publikum die Ausstellungen Inventing Nature und Iss Mich präsentiert. Im Oktober haben wir dann mit einer vielfältigen wie außergewöhnlichen Abschiedswoche ein vorerst letztes analoges Feuerwerk gezündet und unserem Publikum vorläufig Adieu gesagt. Die baubedingte Schließzeit des Hauses hat begonnen, die in den nächsten Monaten ganz im Zeichen des Umzugs stehen wird. Die Vorbereitungen für die Verlagerung unseres Arbeitsortes mit allen Sammlungen, Büros und Werkstätten vom Hauptstandort und den Nebengebäuden der Kunsthalle in ein Interim hat uns nicht erst in den letzten Wochen, seit der Schließung des Hauses aber besonders intensiv beschäftigt.

Zwei Personen im Gespräch vor einem Gemälde in einem prunkvollen goldenen Rahmen
Das vorerst letzte analoge Feuerwerk: Die Abschiedswoche.

Auch hinter den Kulissen der Kunsthalle ist darüber hinaus wahnsinnig viel passiert: neue Kolleg*innen sind ins Haus gekommen, wir konnten unsere Sammlung durch zahlreiche Werke erweitern und wir haben intensiv an neuen digitalen Angeboten gearbeitet, die im kommenden Jahr online gehen werden.

Auch ich persönlich habe 2021 eine Menge lernen dürfen. An erster Stelle sind die Pandemie und die damit verbundenen Unsicherheiten und Herausforderungen zu nennen. Ich denke hier nicht nur an die vielen Maßnahmen, die für einen reibungslosen und für alle Besucher*innen und Kolleg*innen gut organisierten Alltag im Museum geplant und umgesetzt werden müssen, sondern auch, was es bedeutet, in diesen Zeiten einen Museumsumzug vorzubereiten und dabei erleben zu müssen, wie der derzeit allgemein vorherrschende Material- und Ressourcenmangel alle Planungen über den Haufen wirft. Wir haben uns als Team weiterentwickelt: Es wird mobil gearbeitet, was wiederum die Notwendigkeit einer gut organisierten und funktionierenden internen Kommunikation noch einmal unterstreicht. Dies gilt vor allem mit Blick auf die vielen Veränderungen, vor denen die Kunsthalle steht; nicht alle können mit den damit verbundenen Herausforderungen und Unsicherheiten gleich gut umgehen. Es knirscht gelegentlich und Emotionen können hochkochen. Das ist allzu menschlich, aber mir ist in den zurückliegenden Monaten klargeworden, dass die Veränderungsprozesse gut begleitet und moderiert werden müssen.

Ein schrecklicher Anlass – die Flut in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen – führte dazu, dass ich mich mit Fragen des Hochwasserschutzes am Interimsgebäude beschäftigen musste. Die Katastrophe hat auch die Solidarität, die zwischen Museen besteht, gezeigt. Ich bin dankbar, dass wir hier als Kunsthalle einen ganz kleinen Beitrag leisten konnten.

Das Ende des Jahres ist auch ein guter Zeitpunkt zum Innehalten und zum Dank – an unsere Besucher*innen, Partner*innen und Förder*innen, an das Land Baden-Württemberg und selbstverständlich an das gesamte Team der Kunsthalle. Das kommende Jahr wird herausfordernd und noch mehr Veränderungen bringen – gemeinsam werden wir das meistern und freuen uns schon sehr darauf Sie und Euch alle digital mitzunehmen! Wie ist Ihr und Euer Resümee des Kultur-Jahres 2021?