Julia Ditsch im Gespräch mit Sarah Nagel und Tobias Vasen
Seit dem 1.10.2024 ist Julia Ditsch Leiterin der Abteilung Kommunikation und Pressesprecherin der Kunsthalle Karlsruhe. Museen waren schon von klein auf ihre Leidenschaft – nun begleitet sie die Kunsthalle durch eine Zeit der Transformation.
Denn sowohl in der Sanierungsphase als auch in Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsprozessen sieht die Expertin für Öffentlichkeitsarbeit zahlreiche Chancen, wie sie im Gespräch mit Sarah Nagel und Tobias Vasen von der Karlsruher Kommunikationsagentur MINDING GAPS betont.
Wie haben Sie die ersten Wochen in Ihrer neuen Position erlebt?
Die ersten Wochen waren für mich sehr aufregend: neues Team, neue Stadt, neues Museum und insgesamt natürlich sehr viele Eindrücke. Der Start in der Kunsthalle wurde mir mit viel Herzlichkeit leichtgemacht. Mein absolutes Highlight am ersten Tag war eine Führung durch das Depot – all die Werke im Original zu sehen, hat mich sehr begeistert!
Sie haben in Frankfurt am Main unter anderem Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert – haben sich dann aber für die Welt der Museen entschieden. Wie kam es dazu?
Museen haben mich schon sehr früh in den Bann gezogen. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Museumsbesuch, da muss ich so sechs Jahre alt gewesen sein. Die Ausstellung drehte sich, sehr kindgerecht, um die Kulturgeschichte des Teddybären. Das hat mich so sehr fasziniert, dass meine Eltern gleich drei Mal mit mir in die Ausstellung gehen mussten. Museen sind für mich Orte voller Geschichte und Geschichten. Man taucht hier in andere Welten und Zeiten ein, kann etwas lernen, sich von schönen Werken inspirieren lassen oder aber einfach nur entspannen. Diese Verbindung aus Bildung, Ästhetik, Originalen und Historie macht Museen zu besonderen Erlebnisorten, die man auch gut gemeinsam entdecken kann.
Zuvor waren Sie im Museum für Angewandte Kunst Frankfurt, dem Landesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg sowie dem Übersee-Museum in Bremen in der Kommunikation tätig. Was macht für Sie das Besondere der Kunsthalle Karlsruhe aus und was ist Ihnen bei der Kommunikation wichtig?
Die Kunsthalle Karlsruhe hat eine herausragende Sammlung und mit der Sanierung des Hauptgebäudes befindet sie sich gerade in einem umfassenden Transformationsprozess. Das bringt viele Herausforderungen aber auch große Chancen mit sich, die Institution und das Selbstverständnis von Museum neu zu denken. Dazu gehört in der Kommunikationsarbeit neben dem Senden für mich vor allem auch das Zuhören: Was sind eigentlich die Erwartungen der Besucher:innen an die Kunsthalle? Welche unserer Inhalte interessieren und berühren die Menschen? Was sind die Gründe, weswegen Menschen nicht zu uns kommen? Daher ist es eines der Ziele, Interaktivität und die Nähe zum Publikum zu fördern und in einen Dialog zu treten – sei es durch soziale Medien, digitale Formate, Veranstaltungen oder partizipative Projekte.
Daher ist es eines der Ziele, Interaktivität und die Nähe zum Publikum zu fördern und in einen Dialog zu treten – sei es durch soziale Medien, digitale Formate, Veranstaltungen oder partizipative Projekte.
Ein wichtiger Kanal der Kommunikation sind die digitalen Aktivitäten, die die Kunsthalle Karlsruhe kontinuierlich intensiviert. So gibt es ein vielfältiges Programm von virtuellen Rundgängen über ausstellungsbegleitende Vermittlungsformate bis hin zu Podcasts. Wie wichtig sind all diese Angebote für die Wahrnehmung des Museums?
Sehr wichtig! Wir erreichen mit unseren digitalen Angeboten viele unterschiedliche Menschen, die nicht unbedingt die klassischen Kunstmuseumsbesuchenden sind. Im Digitalen sind viele Barrieren nicht so groß und es können ganz andere, niedrigschwellige und spielerische Zugänge geschaffen werden. In unserem Format Art of etwa kann man den Bildern kreativ begegnen, sie bearbeiten oder zurechtschneiden. Auch wenn das Digitale einen großen Stellenwert hat, nehme ich beim Publikum ebenso wahr, dass der Trend wieder zur analogen Begegnung geht. Doch das Analoge und das Digitale schließen sich ja nicht aus und müssen als ein Erlebnis zusammen gedacht werden. Wir wollen als Kunsthalle im Analogen und im Digitalen ein lebendiger Ort für Diskurs sein.
Sie haben es gerade erwähnt: Kunstvermittlung ist keine Einbahnstraße mehr. Durch ihre Aktivitäten auf Instagram, Facebook und seit einigen Monaten auch LinkedIn tritt die Kunsthalle in den Dialog mit (potenziellen) Besucher:innen und eröffnet sich zugleich neue Wege des Austauschs mit der Fachwelt. Welche Rolle spielen die Sozialen Medien und ihre Besonderheiten in der heutigen Museumskommunikation?
Soziale Medien sind aus der Museumskommunikation nicht mehr wegzudenken. Hier kann man einerseits unkompliziert und kurzfristig Informationen teilen, bekommt aber auf der anderen Seite auch ein sehr gutes Gefühl dafür, was die Zielgruppen gerade beschäftigt und kann darauf reagieren. Die Möglichkeiten der Interaktion auf Instagram und Co. sind ein sehr gutes Stimmungsbarometer und eine wertvolle Möglichkeit, unsere Follower:innen besser zu verstehen und kennenzulernen.
Das Thema Nachhaltigkeit ist für Unternehmen wie auch öffentliche Einrichtungen fester Bestandteil ihrer Strategie. Welche Maßnahmen setzt die Kunsthalle um und wie wollen Sie diese kommunizieren?
Als Museum und öffentliche Einrichtung möchten wir natürlich mit gutem Beispiel vorangehen und mit unserer Arbeit zum nachhaltigen Handeln anregen. Wir haben uns den Nachhaltigkeitszielen verpflichtet und eine Stabsstelle Green Culture gegründet. Gemeinsam mit allen Abteilungen des Museums werden hier Strategien erarbeitet, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Wir wollen auch diesen Aspekt unserer Arbeit sehr transparent und offen kommunizieren. Auf unserer Website etwa veröffentlichen wir einige Maßnahmen sowie den aktuellen Klimaschutzbericht. Außerdem stehen wir mit anderen Museen und Institutionen im engen Austausch, um voneinander zu lernen.
Als Museum und öffentliche Einrichtung möchten wir natürlich mit gutem Beispiel vorangehen und mit unserer Arbeit zum nachhaltigen Handeln anregen.
Insgesamt gilt: Die Kunsthalle hat natürlich den Auftrag, Kunst zu bewahren und zugänglich zu machen. Gleichzeitig aber ist sie gefragt, die Zukunft mitzugestalten, Diskurse mit gesellschaftlicher Relevanz anzustoßen. Wie kann das gelingen – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kunsthalle ihre Sammlungsschwerpunkte vor allem in der Kunst des Mittelalters und des 17. bis 19. Jahrhunderts hat?
Kunst verhandelt immer auch große, allgemeingültige Themen, die uns heute noch beschäftigen, wie Fragen nach Identität oder Machtstrukturen. Der Podcast Kunstcouch macht das, wie ich finde, sehr deutlich: Hier wird anhand von Werken aus unserer Sammlung über Themen wie Trauer, Körperideale oder Liebeskummer gesprochen. Für uns als Museum geht es darum, diese Anknüpfungspunkte für das Publikum greifbar zu machen. Die Strategie hierfür lautet Storytelling: Geschichten vom Scheitern oder der Liebe haben Menschen schon immer begeistert und die Kunstgeschichte ist voll davon. Unsere Aufgabe ist es, diese Geschichten zu erzählen. Außerdem erweitert die Kunsthalle ihre Sammlung auch um Positionen der Gegenwart, wie etwa mit Miriam Cahns Werk Zeige!, das seit Oktober Teil der Sammlung ist und in der aktuellen Sammlungspräsentation im ZKM zu sehen ist.
Welchen Maßnahmen und Kommunikationsstrategien sind an dieser Stelle notwendig, um die Sammlungspräsentation im ZKM für das Publikum dauerhaft attraktiv zu gestalten?
Das Konzept der Ausstellung ist dynamisch angelegt: In regelmäßigen Abständen werden Werke ausgetauscht und in wechselnden Studioausstellungen eröffnen wir immer wieder unerwartete Blickwinkel auf unsere vielfältige Sammlung. Die Besucher:innen können hier also immer Neues und vielleicht auch Überraschendes entdecken. Das wiederum bietet natürlich auch immer wieder Kommunikationsanlässe. Doch auch über die Sammlungsausstellung hinaus bleibt die Kunsthalle offen: Wir sind gerade auf der Suche nach inspirierenden Orten und Kooperationen, um zusätzlich ein attraktives Programm in der Stadt anzubieten. Voraussichtlich im Sommer 2025 eröffnet darüber hinaus die Orangerie wieder. Sie sehen: Die Kunsthalle bleibt in Bewegung und das Publikum darf sich auch während der Sanierung auf ein abwechslungsreiches Programm an vielfältigen Plätzen in Karlsruhe freuen.