Das Haus des Tasso in Sorrent
Beschreibung
Der in Birkenfeld geborene Maler Carl Ludwig Frommel wurde in Karlsruhe bei dem Kupferstecher Christian Haldenwang und dem Maler Philipp Jakob Becker ausgebildet. Er unternahm Studienreisen nach Paris, wo ihn Kaiserin Joséphine mit Aufträgen versah, in die Schweiz und fünf Jahre lang – von 1812 bis 1817 – nach Italien. 1818 kehrte Frommel nach Karlsruhe zurück und wurde zum Professor für Malerei und Hofmaler ernannt.
Das Haus des Tasso in Sorrent war ein bei Italienreisenden und deutschen Romantikern höchst beliebtes Motiv. Goethe hatte mit seinem Drama um den Renaissance-Dichter und dessen Emanzipation vom Hofpoeten zum freien Künstler 1790 ein Werk publiziert, das ein gewandeltes Künstlerselbstverständnis inszenierte. Mit dem Motiv von Tassos Geburtshaus in Sorrent ließ sich die Darstellung einer eindrucksvollen Landschaftskulisse, der geradezu waghalsig bebauten Steilküste, mit der Reminiszenz an das Schicksal des in allerlei Händel verstrickten und zeitweilig in Hospitälern internierten Renaissance-Dichters verbinden. Die Legenden, die sich um den Hofpoeten der d’Este in Ferrara ranken, besagen, dass er, wohl zu Verfolgungswahn neigend, vielleicht Spielball aristokratischer Intrigen wurde und nach seiner Flucht vom Hof 1577 in seinen Geburtsort und das seinem Geburtshaus benachbarte Haus seiner Schwester Cornelia zurückgekehrt sein soll. Angeblich verkleidete er sich hierfür als Bauer, berichtete der Schwester vom angeblichen Tod ihres Bruders Tasso, um ihre Treue zu prüfen, und wurde von ihr für einige Zeit aufgenommen.
Frommel stellt einen in ein einfaches Hemd gekleideten Mann im Bildvordergrund dar. Auf einer Steinbank ergötzt er sich an frisch gepflückten Orangen. Der Maler fügt der topographischen Schilderung damit ein erzählendes Moment hinzu, vielleicht ein Porträt des Dichters.
Die Rückkehr des Dichters
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Wahrlich idyllisch mutet die Landschaft auf diesem kleinen Gemälde des Karlsruher Malers Carl Ludwig Frommel an. Das orange-gelbe Licht der Mittagssonne bescheint die typisch italienischen Häuser am rechten Bildrand, die mit den Felsen, auf denen sie gebaut sind, optisch verschmelzen.
Davor hat es sich ein Mann im einfachen Gewand im Schatten gemütlich gemacht. Er isst Orangen. Im Gegensatz zu uns interessiert er sich nicht für den wunderschönen Blick über die Bucht mit ihren Segelschiffen.
Schwere Wolken schieben sich über den Berghang auf die Stadt zu und es scheint so, als könnte es jeden Moment zu regnen beginnen. Am linken Bildrand erkennt man den Vesuv, über dem sich eine Rauchfahne bildet.
Der Mythos um den berühmten Dichter
Auch wenn man meinen könnte, man hätte es mit einer typischen italienischen Landschaftsdarstellung zu tun, verrät uns der Titel Das Haus des Tasso in Sorrent, dass es sich hier um mehr handelt. Torquato Tasso war ein italienischer Dichter des 16. Jahrhunderts, der vor allem in Ferrara als Hofdichter arbeitete und lebte.
Er litt zeitlebens unter einer psychischen Krankheit, die sich unter anderem in Verfolgungsangst und anderen Wahnvorstellungen äußerte. Johann Wolfgang von Goethe inspirierte seine Biografie zu einem Künstlerdrama mit dem gleichnamigen Titel. Im Stück emanzipiert sich Tasso vom Hofpoeten zum freien Künstler, endet aber unglücklich und allein.
Goethe verarbeitete damit seine eigene Situation am Weimarer Hof und den Wunsch, vom Hofbeamten zum unabhängigen Künstler zu werden. Durch Goethes Text wurde Tassos Geburtshaus in Sorrent zu einem Pilgerort vieler Italienreisender und Romantiker.
Auch Frommel hielt sich für Studienzwecke 1812 bis 1817 in Italien auf, bevor er nach Karlsruhe zurückkehrte, Professor, Hofmaler und Direktor der Großherzoglichen Gemäldegalerie wurde, deren Neubau er 1846 eröffnete. Vielleicht zeigt uns Frommel hier auch Tasso selbst, der der Legende nach in der Kleidung eines Bauern in seinen Geburtsort zurückkehrte, da er als Aufrührer gesucht wurde.
Durch Goethes Drama lebt er bis heute als einer der großen Dichter der Renaissance fort, dessen poetische und gleichsam magische Fähigkeiten er bewunderte. In Goethes »Torquato Tasso« heißt es über den Dichter: »Oft adelt er, was uns gemein erschien, / Und das Geschätzte wird vor ihm zu nichts. / In diesem eignen Zauberkreise wandelt / Der wunderbare Mann und zieht uns an.«
Daten und Fakten
| Titel | Das Haus des Tasso in Sorrent |
|---|---|
| Künstler*in | Carl Ludwig Frommel |
| Entstehungszeit | 1849 |
| Inventarnummer | 2160 |
| Maße Bildträger | H 30,5 cm B 41,5 cm |
| Maße Rahmen | H 59,0 cm B 68,0 cm T 7,5 cm |
| Material | Leinwand |
| Technik | Ölfarbe |
| Gattung | Gemälde |
| Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
Neben seiner Tätigkeit als Hofmaler leitete Frommel 28 Jahre lang, von 1830 bis 1858, die Großherzogliche Galerie. Unter seiner Ägide wurde der von Heinrich Hübsch entworfene Neubau der heutigen Kunsthalle errichtet und eröffnet.
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