Die Vertreibung aus dem Paradies
Beschreibung
Kostbar mutet das spätmittelalterliche Altargemälde an: Gold prägt die Paradiespforte, Silber wurde für die Mauern verwendet. Mit erhobenem Schwert verjagt Erzengel Michael die sündig gewordenen Adam und Eva, die ursprünglich beide nackt und schutzlos dargestellt waren. Noch im 15. Jahrhundert erhielt Eva ein sittsam-grünes Blätterkleid.
Die Tafel bildete damals einen Flügel eines kirchlichen Marienaltars, dessen Thematik durch die Gegenüberstellung von Sündenfall und Erlösung bestimmt war.
Darstellungen der aus dem Paradies vertriebenen ersten Menschen wurden zum Inbild der Conditio humana. Der neuzeitliche Mensch ist das entwurzelte Wesen und erlangt überdies schmerzhaft ein Bewusstsein seiner Daseinsbedingung.
Daten und Fakten
| Titel | Die Vertreibung aus dem Paradies |
|---|---|
| Künstler*in | Französischer oder deutscher Meister (?) |
| Entstehungszeit | um 1450 |
| Inventarnummer | 2234 |
| Maße Bildträger | H 102,0 cm B 90,5 cm |
| Maße Rahmen | H 111,2 cm B 99,6 cm T 7,0 cm |
| Material | Eichenholz |
| Technik | Mischtechnik |
| Genre | Historie |
| Gattung | Gemälde |
| Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
Der gegenwärtige Forschungsstand lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die beiden Tafeln mit den Inventarnummern 2234 und 2235 waren in Besitz des Stuttgarter Kaufmanns Otto Wanner-Brandt (1862–1962). Dieser verkaufte die Arbeiten 1941 der Generalverwaltung der Oberrheinischen Museen. 1949 wurden sie von der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe übernommen.
Forschungsstand: 2010, Bearbeiterin: Dr. Tessa Rosebrock.
o.D. - spät. März 1945
früh. 1862 - März 1945
- Eigentümer*in: Otto Wanner-Brandt
- [1] Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inventarkarte Nr. 2234.
März 1945 - 04.05.1949
- Eigentümer*in: Generalverwaltung der Oberrheinischen Museen, Straßburg
Ein Brief vom 27.02.1945 legt nahe, dass die Anfänge der Ankaufsbemühungen schon auf August 1944 zurückgehen. [1]
Aus einem Schreiben von Jan Lauts an den Verkäufer Wanner-Brandt geht hervor, dass der Ankauf der Kunsthalle nach alliierter Nachkriegsgesetzgebung unter Vorbehalt geschah: »Auf Ihren Brief vom 12. d. M. möchte ich Ihnen mitteilen, dass mir Ltd. Ford eine schriftliche Ermächtigung gab, die beiden, der Kunsthalle gehörigen Bilder bei Ihnen abzuholen [...]. Mündlich sagte er mir dazu, dass der Vorbehalt mit der Erwerbung aus besetztem Gebiet oder jüdischem Besitz natürliche bestehen bleibe und durch diese Ermächtigung nicht berührt werde.« [2]
Quelle:- [1] Dr. Rudolf Schnellbach an das Badische Ministerium des Kultus und Unterrichts, 27.02.1945, in: LABW, GLAK 441 Zug. 1981/70, Nr. 378.
- [2] Jan Lauts an Otto Wanner-Brandt, 14.08.1946, in: LABW, GLAK 441 Zug. 1981/70, Nr. 378.
- [3] Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inventarkarte Nr. 2234.
- [4] Generallandesarchiv Karlsruhe: Kunst-Inventar der Generalverwaltung der Oberrheinischen Museen 1943, G 206/207, in: LABW, GLAK 441 Zug. 1981/70, Nr. 379.
- [5] Inventar der Generalverwaltung der Oberrheinischen Museen Strassburg, Nr. 599/600, in: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe.
ab 04.05.1949
- Eigentümer*in: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
- [1] Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inventarkarte Nr. 2234.
Jan Lauts, Slg. Kat. Karlsruhe 1966, S. 120-121: „Die beiden Tafeln sind Teile von Flügeln eines Altars, dessen bildliche Thematik durch die Gegenüberstellung von Sündenfall und Erlösung bei besonderer Betonung der Vermittlerrolle Marias bestimmt gewesen sein wird; in Nr. 2235 erscheint Maria als „porta paradisi“ (Lit. Vetter, 1954; frdl. Hinweis Dr. F. Fischer, Heidelberg, 28.10.1963). Vgl. zu diesem Thema ausführlich E. Guldan (Lit. 1966), zur Mariensymbolik in den hier dargestellten Pflanzen (Veilchen = humilitas Mariae, Maßlieb und Erdbeeren als Blumen der Seligen) auch L. Behling (Lit. 1964).
Die in ihrer Oberfläche nicht mehr gut erhaltene Malerei zeichnete sich ursprünglich durch betonte Kostbarkeit aus: in größeren Flächen ist Gold an der Paradiespforte und (heute oxydiertes) Silber an den Paradiesmauern verwendet; die gedämpfte Farbigkeit stellt blasses Rot gegen graues Inkarnat und grünlichgraue Töne in der Landschaft.
Die genaue Lokalisierung der Tafeln ist bisher nicht gelungen. M. J. Friedländer (brieflich 23.4.1943) und A. Stange (mündlich 6.1.1954) schreiben sie mit Bestimmtheit einem französischen Meister zu; am ehesten dürfte eine Entstehung in den nördlichen Provinzen, im Grenzgebiet zwischen frankoflämischer und holländischer Ausdrucksweise, anzunehmen sein.“
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Systemrelevant? Dass und wie wir leben
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 30.06.-27.09.2020
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1954: Mariologische Tafelbilder des 15. Jahrhunderts und das Defensorium des Franz von Retz
Vetter, E. M.
Dissertation, Universität Heidelberg [ungedruckt] -
1963: Französische Meister aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lauts, Jan (Bearb.); Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Bildheft -
1964: Die Pflanzenwelt der mittelalterlichen Kathedralen
Behling, Lottlisa
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1965: Les chefs-d'oeuvre français que l'on découvre à Karlsruhe
Lauts, Jan
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1966: Eva und Maria
Guldan, Ernst
Eine Antithese als Bildmotiv -
1966: Katalog Alte Meister bis 1800
Bearb.: Lauts, Jan; Hrsg.: Vereinigung d. Freunde d. Staatl. Kunsthalle
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1966: Katalog Alte Meister bis 1800
Bearb.: Lauts, Jan; Hrsg.: Vereinigung d. Freunde d. Staatl. Kunsthalle
Bildband -
1973: Eva - Maria
Kobler, Friedrich
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1992: Christus und Maria
Dresel, Ines; Lüdke, Dietmar; Vey, Horst
Auslegungen christlicher Gemälde der Spätgotik und Frührenaissance aus der Karlsruher Kunsthalle -
2009: Die Kunst der Beschneidung - beschnittene Kunst
Moraht-Fromm, Anna
Oder: Wie man mit Kunst umgeht -
2010: Miroslaw Balka - Wir sehen dich
Heynen, Julian; Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, 16.04.-22.08.2010