
Osteria in römischer Ruine
Beschreibung
Der Innenraum eines alten Gemäuers: Der Wirt schenkt den Wein im hohen Bogen aus. Die Reisenden stärken sich bei diesem kurzen Halt oder vor dem Aufbruch, noch auf dem Pferd sitzend oder kurz vor dem Aufsteigen. Osteria in römischer Ruine zeigt genrehaft, wie alte Bauten schon früher umgenutzt wurden. Während die Ruine sonst in Gemälden des 17. Jahrhunderts auch als Vanitas-Symbol oder nostalgischer Projektionsraum fungieren kann, wird sie hier in lebendiger Funktion gezeigt. Der im pfälzischen Otterberg geborene Johann Heinrich Roos schildert in seinem Genregemälde Alltägliches: Das altertümliche Gebäude wird zu einem Halt- und Treffpunkt, an dem sich Händler und Geschäftsleute begegnen und erfrischen. Außerdem dienten Osterien häufig als Bordelle. Das Paar im Hintergrund, das eilig die Szene zu verlassen scheint, deutet dies wohl an.
Roos wurde ab 1647 in Amsterdam bei Guilliam Dujardin ausgebildet und ist, wie auch dieses Bild deutlich zeigt, beeinflusst von Nicolaes Berchem, Cornelis de Bie und Barend Graat. Er widmete sich zunächst religiösen Szenen. Es folgten stimmungsvolle Hirtendarstellungen in italianisierenden Landschaften und besonders berühmt wurde er für seine herausragenden Tierdarstellungen. Auch in diesem Bild zeigt er uns Tiere in verschiedensten Ansichten, die er auf der Grundlage intensiver zeichnerischer Studien in der Natur entwickelte. Die Architektur, die er hier konstruiert, ist phantasievoll bis an die Grenze des Abwegigen. Denn die rechts vor der Rundbogenarchitektur auf einer Treppe aufsetzende, mächtige Säule aus drei labil aufeinander getürmten Säulensteinen steht in keinem sinnvollen statischen oder dekorativen Zusammenhang mit der sie umgebenden Architektur. Es entsteht der Eindruck, dass dieses schwankende Gebilde wie ein Menetekel wirkt, ein leise mahnender Zeigefinger, der humorvoll gegen die moralische Labilität erhoben wird.
Daten und Fakten
Titel | Osteria in römischer Ruine |
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Künstler*in | Joh. Heinrich Roos |
Entstehungszeit | um 1670 |
Inventarnummer | 310 |
Maße Bildträger | H 61,0 cm B 52,0 cm T 2,3 cm |
Maße Rahmen | H 74,0 cm B 65,0 cm T 7,5 cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
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1962: Deutsche Meister 1540 - 1800 aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lauts, Jan
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1966: Katalog Alte Meister bis 1800
Bearb.: Lauts, Jan; Hrsg.: Vereinigung d. Freunde d. Staatl. Kunsthalle
Bildband -
1966: Katalog Alte Meister bis 1800
Bearb.: Lauts, Jan; Hrsg.: Vereinigung d. Freunde d. Staatl. Kunsthalle