Selbstbildnis
Beschreibung
Im Jahr 1891 publizierte der Leipziger Künstler Max Klinger eine kunsttheoretische Schrift mit dem Titel Malerei und Zeichnung . Gerade der Zeichnung gestand er darin eine größere Autonomie zu als viele seiner Zeitgenossen. Das ist besonders interessant in Bezug auf dieses gemalte Selbstbildnis des Künstlers, das im selben Jahr in Rom entstanden ist. Es kommt ausgesprochen skizzenhaft daher und räumt der schnöden Malpappe als Bildträger auch ein ästhetisches Mitspracherecht ein, ähnlich der Bedeutung von Papier in der Zeichnung.
Kritisch kommentierte Klinger die Erwartungshaltung an Gemälde: »Ein formloser Ton als Hintergrund ist in der Malerei nur unter sehr bedingten Umständen zulässig. Bei der farbigen Darstellung muss eben jeder Punkt im Bilde definiert sein.« Sein Selbstbildnis setzt sich bewusst hiervon ab.
Wiewohl der Künstler das Porträt ganz aus der Farbe entwickelt, liegen zeichnerische Qualitäten in der kürzelhaften Malweise, die Klingers Beeinflussung durch den französischen Impressionismus zeigt. Die Wahl des Mediums beeinflusse auch die Rezeption, war sich Klinger sicher: »Aus einer mit wenigen Mitteln gezeichneten Porträtskizze schliessen wir zuerst auf den Charakter des Porträtierten. Bei einem mit den geringsten Mitteln gemalten Porträt schliessen wir aus der Qualität der so rasch geworfenen Form auf die Bildungskraft des Künstlers.«
In diesem Fall einer Personalunion zwischen Dargestelltem und Urheber dürfen wir also den scharfen Beobachter Klinger in Bild und Form zugleich bewundern. Besonders reizvoll sind die leuchtend grünen Farbflecken im Haar und die orangenen Akzente im Bart des Malers. Nur ein Auge und ein Teil der Brillenfassung sind ausformuliert, den Rest überlässt Klinger unserer Imagination.
Trotz diverser Selbstbildnisse im grafischen Œuvre des Künstlers sind nur zwei gemalte Selbstporträts Klingers bekannt. Dieses wurde 2019 durch einen glücklichen Zufall in einem Baden-Badener Privathaushalt entdeckt und konnte prompt vom Förderkreis erworben werden. Das bewusst unfertig gelassene Gemälde hatte einst der langjährigen Lebensgefährtin Klingers, der Schriftstellerin Elsa Asenijeff, gehört.
Daten und Fakten
| Titel | Selbstbildnis |
|---|---|
| Künstler*in | Max Klinger |
| Entstehungszeit | 1891 |
| Inventarnummer | FK 61 |
| Maße Bildträger | H 56,0 cm B 48,0 cm |
| Maße Rahmen | H 64,4 cm B 56,7 cm T 2,3 cm |
| Material | Pappe |
| Technik | Ölfarbe |
| Genre | Porträt |
| Gattung | Gemälde |
| Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
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