Bildnis der drei Töchter von Julius Johann von Vieth und Golssenau
Beschreibung
Anton Graff war einer der wichtigsten Porträtisten seiner Zeit. Er stammte aus Winterthur in der Schweiz, wurde als Maler dort und in Augsburg, Ansbach und Regensburg ausgebildet und hatte Werke von Porträtmalern wie Antoine Pesne und Hyacinthe Rigaud studieren können. 1766 wurde er Hofmaler und Mitglied der Kunstakademie in Dresden, arbeitete aber auch viel in Berlin. Auf seinem Spezialgebiet war Graff schon zu frühen Lebzeiten hochgeschätzt. Es gab kaum eine bedeutende Persönlichkeit in Sachsen und Preußen, aus Adel und Bürgertum, die sich nicht von ihm porträtieren ließ.
Dies gilt auch für diese Trias herausgeputzter Damen. Es handelt sich um Schwestern aus adeligem Haus, die standesgemäß geheiratet hatten: (von links nach rechts) die 21jährige Juliane Caroline, Edle von der Planitz (1752–1832), in der Mitte die 25jährige Sophie Juliane Elisabeth, Gräfin d'Argollo (1748–1832) und schließlich die 19jährige Juliane Charlotte, Gräfin von Todtleben (1754–1840). Ihr Vater, Johann Julius von Vieth und Golssenau, war kursächsischer Geheimer Kriegsrat und Zeremonienmeister, aber auch Kunstsammler und gut bekannt mit berühmten Malern wie Adrian Zingg, Daniel Chodowiecki oder eben Anton Graff. Ihre Mutter war Johanna Juliane, geb. Krieg von Bellicken.
Die Schwestern sind in Halbfigur gleichzeitig als Einheit und als Individuen gezeigt. Geschickt sind sie stilistisch und gestisch, in ihrer Tonalität und Komposition vor dunklem neutralem Hintergrund miteinander verbunden. Alle drei sind ihrem Stand entsprechend in guten Stoffen nach Rokoko-Mode gekleidet, mit gepuderter hoher Perücke frisiert und blicken freundlich lächelnd mit dunklen Augen aus hellen, mit leichtem Rouge geschminkten Gesichtern.
Im Bild gilt der ältesten Schwester ein wenig mehr Aufmerksamkeit. Sie rückt kompositorisch etwas in den Vordergrund und wirkt durch ihre aufrechte Porträthaltung mit dem Körper in Dreiviertelansicht standesbewusst. Die beiden anderen, frontal gezeigten Schwestern scheinen sich ihr leicht unterordnend ohne Pose hinzugesellt zu haben. Juliane Caroline reicht ihr von rechts einen perlenumwundenen Turban, Juliane Charlotte legt ihr von links eine Hand auf die Schulter. Bei genauer Betrachtung lässt sich erkennen, dass das etwas festlichere Kleid und der Turban von Sophie Juliane Elisabeth auf die zeitgenössische Türkenmode anspielen. Einer Mode zu folgen, war ein Privileg derer, die es sich leisten konnten.
In Halbporträts treten die Dargestellten nahe an den Bildrand heran. Als wenn sie alle in den Rahmen passen wollten, haben sich die Schwestern dicht zusammengedrängt. Ohne ihr Standesbewusstsein zu vernachlässigen, können sie hier familiäre Vertrautheit zeigen. Diese Hinwendung zum menschlichen Charakter entspricht der Entwicklung von Graffs Porträtauffassung in der Entstehungszeit des Gemäldes. Beeinflusst durch die englische Porträtkunst, die sich durch größere Natürlichkeit der dargestellten Personen auszeichnete, begann er, Repräsentationsformeln weniger zu gewichten. Graff verzichtete auch hier auf eine überflüssige Ausstattung, beispielsweise weit ausladende Röcke, und die Kleider der jüngeren Schwestern wirken im Vergleich zu dem der ältesten Schwester mit ihren fließenden Stoffen fast leger. Die Schwestern sind gegenseitig ihr jeweils wichtigstes Attribut. Ohne auf Eleganz der Porträtierten zu verzichten, lenkt Graff die Aufmerksamkeit des Betrachters doch deutlich auf ihre Persönlichkeiten, die durch ihren stillen Charme und ihre offene Zugewandtheit wirken.
Daten und Fakten
Titel | Bildnis der drei Töchter von Julius Johann von Vieth und Golssenau |
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Künstler*in | Anton Graff |
Entstehungszeit | um 1773 |
Inventarnummer | Lg 1913 |
Maße | H 86.5cm B 81.5cm |
Maße Rahmen | H 103.5cm B 87cm T 8cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
Die Darstellung verschiedenartiger stofflicher Materialien wie Pelz, Spitze oder Schmuck genauso wie diejenige von Händen im Porträt schlugen sich in der Rechnung für das Gemälde nieder. Nicht jeder konnte sich so etwas leisten.
Eva Menasse schrieb 2013 zu dem Bild: Ja, ich möchte sie natürlich Olga, Mascha und Irina nennen, diese drei Schwestern, obwohl sie hundertdreißig Jahre älter sind als Tschechows Drama.
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Anton Graff - Gesichter einer Epoche
Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie 25.10.2013 - 23.2.2014
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Unter vier Augen. Porträts sehen, lesen, hören
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 13.7. - 3.11.2013
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2013: Drei Schwestern
Manesse, Eva
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2013: Einheit und Variation
Pahl, Kerstin Maria
Juliane Caroline, Sophie Juliane Elisabeth und Juliane Charlotte von Vieth und Golßenau -
2014: Face to face - Die Kunst des Porträts
Lehner-Jobst, Claudia; Haag, Sabine [Hrsg.]
eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien; Schloss Ambras Innsbruck, 12. Juni - 28. September 2014