Archistories (23/28) Kunsthalle Karlsruhe VI Details der Station
Candida Höfer - Kunsthalle Karlsruhe VI

Kunsthalle Karlsruhe VI

Candida Höfer

Jahr:
1999
Ort:
Orangerie

Beschreibung

Candida Höfer gehört zu den international anerkannten deutschen Fotograf*innen. Neben Andreas Gursky, Thomas Struth, Thomas Ruff, Axel Hütte und anderen zählt sie zu der Gruppe von Becher-Schüler*innen, die zur internationalen fotografischen Avantgarde der Gegenwart gehören und mit denen sie eine sachliche, nüchterne Bildsprache und eine serielle Arbeitsweise verbindet.

Seit mehr als dreißig Jahren fotografiert Candida Höfer leere Räume in öffentlichen Gebäuden, ob Vorlesungssaal, Bibliothek oder Museum. Mit den Serien umreißt sie die »Psychologie einer sozialen Architektur« und stellt die kommunikativen Qualitäten oder auch Mängel von Räumen in den Vordergrund. Sie porträtiert den gebauten Raum so subtil, dass es nicht nötig ist, Menschen mit abzulichten. Die spezifische Atmosphäre erfasst sie dennoch durch sensibel gewählte Blickwinkel und Formate.

Von 1997 bis 2000 hatte Höfer eine Professur für Fotografie an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe inne. Aus dieser Zeit stammt die Serie von Fotografien zu den Innenräumen der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Kunsthalle Karlsruhe VI zeigt einen repräsentativen Ausschnitt aus dem hervorragend erhaltenen historischen Vorlegesaal, einem der ältesten Säle aus der Gründungszeit des Museums. Als halböffentlicher Raum diente er bis 2021 interessierten Laien und Forschenden gleichermaßen zum Studium von lichtempfindlichen Arbeiten, die nicht dauerhaft ausgestellt sind. Der Vorlegesaal ist also bei allem Dekor und parallel zu seiner Funktion als Depotraum ein Ort der Begegnung. Museale Grenzräume wie dieser haben stets besondere Anziehungskraft für Höfer, treffen hier doch Objekte der Vergangenheit auf Fragestellungen der Gegenwart, was nicht zuletzt auch, im Eigenbezug, auf die Fotografie des Raums zutrifft.

Dialogische Situationen im weiteren Sinne entstehen jedoch auch zwischen den hier versammelten Objekten unterschiedlicher Zeitschichten. Von den Deckenmalereien Moritz von Schwinds sowie den Dielen der 1840er-Jahre über die historischen Tresen und Vitrinenschränke bis hin zu den Gipsabgüssen und der Beleuchtung mit Strahlern, einer Zutat aus den 1990er-Jahren, offenbart die nüchterne Fotografie Resultate ästhetischer und funktionaler Entscheidungen als beeindruckenden Akkord mit Disharmonien.

Ein Blick in den Philostratensaal der Kunsthalle

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Der Blick fällt in die derzeit geschlossenen Räumlichkeiten der Staatlichen Kunsthalle, genauer gesagt in den Philostratensaal. Auf dem braunen Holzfußboden, der bei jedem Schritt knarzt, steht dunkelbraunes, historisches Mobiliar, bestehend aus Pultvitrinenreihen, Bücherschränken und Vorlegetischen, die sich direkt vor uns befinden.

Zur Linken ein Tisch und Stühle, die zum Studieren der Grafikmappen und Blätter einladen. In der Raummitte stützen zwei korinthische Säulen die Decke, die – wie der obere Teil der Wände – mit Fresken dekoriert ist. Als Betrachtende stehen wir in dieser Aufnahme mit dem Rücken zur Fensterfront. So blicken wir auf die mit grünem Stoff verhangene Eingangstür des Raum, die durch die hintere Säule verdeckt ist.

Im Philostratensaal wurden bis vor der Schließung des Gebäudes in den Vitrinen wechselnde Ausstellungen von Werken auf Papier gezeigt. Ursprünglich war der Raum 1836 vom Architekten Heinrich Hübsch für das Studium von Antiken, also praktisches Arbeiten innerhalb der Kunstausbildung konzipiert worden.

Candida Höfer fotografierte die Räume der Kunsthalle in einer umfangreichen Serie. Allein den Philostratensaal nahm sie vier Mal auf. In allen ihren Aufnahmen lässt sie die Räume in einer ruhigen, teils steril wirkenden Atmosphäre sprechen. Es ist, als hätte man den Raum für sich, ganz ungestört und ohne zeitliche Beschränkung.

Ein Raum voller Geschichte(n)

In diesem Ort steckt viel Geschichte und er erzählt viele Geschichten. Benannt ist der Philostratensaal nach den »Eikones«, dem literarischen Werk des Sophisten Philostrat aus dem 3. Jahrhundert nach Christus. Die Fresken an Wänden und Decke erzählen von griechischen Sagen, gemalt wurden sie von Moritz von Schwind, der für die Umsetzung des literarischen Stoffes unter anderem Johann Wolfgang von Goethes Aufsatz »Philostrats Gemälde« aus dem Jahr 1818 heranzog.

Auf der Wand vor uns sehen wir rechts Achill, der den Leichnam des Antilochos beweint. Links daneben – etwas verdeckt von der Säule – ist der Tod des Ringkämpfers Arrhichion dargestellt und ganz links, über Eck zu den anderen Bildern platziert, sehen wir einen Bacchantischen Tanz.

Die Bildthemen sind so arrangiert, dass sie eine Laufrichtung vorgeben. Die mythologischen Inhalte werden im Raum auch plastisch gespiegelt, denn die vier Gipsabgüsse antiker Skulpturen führen den Reigen der mythologischen Narrative weiter fort. Die sogenannte Diana von Versailles zieht gerade einen Pfeil aus ihrem Köcher, während hinter ihr der Apollo von Belvedere erkennbar wird. In der rechten Ecke sitzt der Dornauszieher und beäugt kritisch seine Fußsohle. In der linken ist die Büste des Laokoon zu sehen.

Auch der Raum hat eine Geschichte

Aber auch der Raum selbst erzählt eine Geschichte, denn in einigen der Deckenfresken erkennen wir Leerstellen. Wasser- und Kriegsschäden führten dazu, dass Teile der Wand wie Schollen abplatzten und so Bilder zerstört wurden. Man entschied sich, diesen Bildverlust zu thematisieren: Anstatt zu retuschieren und die Stellen zu ergänzen, wurden die Partien in einem farblich angepassten Ton flächig und nicht etwas figurativ bemalt.

Touren zu diesem Werk

Visualisation d'un complexe immobilier futuriste entouré de rochers recouverts de végétation et d'étendues d'eau, au milieu d'un écrin de verdure.

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Visualisation of a futuristic building complex surrounded by overgrown rocks and water in the middle of greenery.

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Visualisierung eines futuristischen Gebäudekomplexes umgeben von bewachsenen Felsen und Gewässer

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Daten und Fakten

Titel Kunsthalle Karlsruhe VI
Künstler*in Candida Höfer
Entstehungszeit 1999
Inventarnummer Lg 1653
Maße Rahmen H 87,0 cm  B 87,0 cm  
Material Papier
Technik C-Print
Gattung Druckgrafik
Abteilung Kupferstichkabinett
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Auch während der sanierungsbedingten Schließung informieren wir Sie hier über die Geschehnisse hinter den Kulissen der Kunsthalle.