Carl Friedrich Lessing - Ezzelino da Romano im Kerker

Ezzelino da Romano im Kerker

Carl Friedrich Lessing

Maße:
H 10,4 cm  B 11,0 cm  
Jahr:
um 1838
Ort:
nicht ausgestellt

Beschreibung

Vor 200 Jahren wurde in Breslau Carl Friedrich Lessing geboren. - Der Großneffe des Dichters Gotthold Ephraim Lessing studierte an der Düsseldorfer Akademie, freundete sich dort mit Johann Wilhelm Schirmer an und schuf wie dieser stimmungsvolle und virtuos gemalte Landschaften, die das Resultat intensiver Naturbeobachtung und überlegter Komposition sind. Unter dem Einfluss Wilhelm von Schadows wandte sich Lessing der Historienmalerei zu. Seine Bildthemen fand er häufig in der Geschichte des Mittelalters, doch sind seine Werke meist durch die politischen und konfessionellen Spannungen seiner eigenen Zeit motiviert. 1858, drei Jahre nach seinem Freund Schirmer, wurde er nach Karlsruhe berufen. Als Galeriedirektor leitete er die Großherzogliche Kunsthalle, doch blieb die Malerei seine Hauptbeschäftigung. Einige seiner monumentalen Kompositionen, so etwa "Die Kreuzfahrer in der Wüste" (1863) und "Die Disputation zwischen Luther und Eck" (1867) haben sich in der Kunsthalle erhalten. 1880 starb Lessing in Karlsruhe.

Der Meister großer Formate konnte auch "en miniature" arbeiten. Das beweist die zauberhafte kleine Pinselzeichnung "Ezzelino da Romano". Sie erzählt von dem als tollkühn und grausam bekannten Ghibellinenführer Ezzelin, der ein Schwiegersohn Kaiser Friedrichs II. war und Mitte des 13. Jahrhunderts weite Teile Oberitaliens beherrschte. Papst Innozenz IV. verhängte den Kirchenbann über Ezzelin (wie zuvor schon über den Kaiser) und rief zum Kreuzzug gegen ihn auf. 1259 wurde er in einer Schlacht schwer verwundet und gefangengenommen. Er starb nach elf Tagen Haft. Der Historiker Friedrich von Raumer berichtet in seiner "Geschichte der Hohenstaufen", auf die sich Lessing und vorher schon Eichendorff für seine Tragödie "Ezelin von Romanis" (1828) stützte: "Minoriten und Predigermönche begaben sich zu ihm, ratend und bittend, daß er seine Sünden bekenne und Buße thue. "Ich habe", gab er zur Antwort, "keine Sünde zu bereuen, als daß ich an meinen Feinden nicht genügend Rache nahm"."

Die Zeichnung steht in Zusammenhang mit einem großen, in der Komposition sehr ähnlichen Gemälde, das Lessing 1838 für das Städel´sche Kunstinstitut in Frankfurt schuf. Beide Werke schildern die Szene im unwirtlichen Kerker: Links stehen zwei Mönche, von denen der eine auf den rechts stehenden Ezzelin einredet. Dieser aber schaut grimmig, ballt die Faust und lässt sich durch die Vorhaltungen nicht beeindrucken. Der zweite Mönch scheint seinen Mitbruder deshalb wegziehen zu wollen. Das Licht nutzt Lessing zu einer effektvollen Inszenierung: Die Mönche werden von Dunkel hinterfangen, Ezzelin sitzt vor einer hell beleuchteten Kellerwand. Zusätzlich trennt ein Mauervorsprung mit schwerer eiserner Kette die beiden Sphären der Geistlichkeit und der Weltlichkeit voneinander. Der Konflikt zwischen Kirche und Staat, der auch im 19. Jahrhundert noch virulent war und den Lessing in verschiedenen Kompositionen gestaltet hat, erweist sich als unlösbar: Reue hieße Unterwerfung unter den Papst - und diese kommt für den streitbaren Ghibellinen nicht in Frage.

Das Karlsruher Kupferstichkabinett besitzt neun Zeichnungen Lessings.

[H.J.-F.]

Daten und Fakten

Titel Ezzelino da Romano im Kerker
Künstler*in Carl Friedrich Lessing
Entstehungszeit um 1838
Inventarnummer 1951-5
Maße Blatt H 10,4 cm  B 11,0 cm  
Material Papier elfenbeinfarben
Technik Pinsel in Braun Bleistift Lavierung
Gattung Zeichnung
Abteilung Kupferstichkabinett
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