Die Anbetung des Goldenen Kalbes
Beschreibung
Claude Gellée, nach seiner Herkunft Le Lorrain (Der Lothringer) genannt, war der bedeutendste Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts, dessen Kunst die Malerei bis weit ins 19. Jahrhundert prägte. Seine kalkuliert komponierten, oftmals nach den Gesetzen des Goldenen Schnittes aufgebauten Landschaften mit religiösem oder mythologischem Inhalt sind geprägt vom stimmungsvollen Zauber Arkadiens. Charakteristisch für seine Malerei ist die atmosphärische Wiedergabe leuchtender Sonnenaufgänge und -untergänge. Die meiste Zeit lebte er in Italien. 1626 hatte er sich endgültig in Rom niedergelassen und gewann höchste kirchliche und aristokratische Würdenträger als Auftraggeber.
Das großformatige Gemälde zeigt die alttestamentarische Geschichte der Anbetung des Goldenen Kalbes (2. Moses 32, 4-6). Mose hatte die Israeliten aus der ägyptischen Gefangenschaft geführt und ging auf den Berg Sinai, um die zehn Gebote Gottes zu empfangen. Während seiner Abwesenheit zweifelten einige der Israeliten an seiner Rückkehr und ließen Aaron ein Kalb aus Gold schmieden, das sie als Gottheit verehrten. Auf Claude Lorrains Gemälde steht es auf einer Marmorsäule und ist trotzdem so klein, dass es kaum ins Auge fällt. Die abtrünnigen Israeliten knien im Kreis um das Götzenbild herum, einige führen ihm zu Ehren einen Tanz auf. Links nähert sich aus dem Dunkel Mose in Begleitung eines Jungen, die Gesetzestafeln hoch über sein Haupt haltend. Voller Zorn über sein Volk wird er sie beim Anblick des Goldenen Kalbes zerbrechen.
Die Darstellung der Natur unterstreicht den Gegensatz zwischen Mose und seinem Volk: Das Flusstal in der Ferne wird von sanftem Abendlicht beleuchtet, während die Umgebung des Propheten in düsteres Grün und Braun getaucht ist.
Daten und Fakten
Titel | Die Anbetung des Goldenen Kalbes |
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Künstler*in | Claude Gellée gen. Lorrain |
Entstehungszeit | 1653 |
Inventarnummer | 2459 |
Epoche | Barock |
Maße Bildträger | H 147cm B 248cm |
Maße Rahmen | H 169.2cm B 275.5cm T 16cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Historie |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
Claude Lorrain war nie verheiratet. 1653, im Jahr der Fertigstellung des Karlsruher Bildes, wurde seine Tochter Agnese geboren.
Jan Lauts, Slg. Kat. Karlsruhe 1966, S. 80-81: „Das Thema nach II, Mose, 32, 4-6, 19. - Gestochen von David Lerpinière (ca. 1745-1785; vgl. Nagler III, S. 457, Nr. 2; Abb. in Ogden, English Taste in Landscape in the 17th Century, Ann Arbor 1955, fig. 94) – Aquatintablatt von J. P. M. Jazet (1788-1871), groß Quer-Folio, im Gegensinn, vielleicht nach Lerpinière.
Das Gemälde ist durch eine Nachzeichnung von der Hand des Künstlers im „Liber Veritatis“ (Nr. 129; British Museum, London) als eigenhändiges Werk ausgewiesen.
In Auftrag gegeben 1653 durch den römischen Patrizier Carlo Cardello (1626-1662). Im Familienarchiv der Conti Cardelli in Rom finden sich Belege für drei im Jahre 1654 (24. Februar, 15. und 26. Juni) an Claude für drei Gemälde geleistete Zahlungen; das Nachlassinventar mit 145 Bildern von 1662 beschreibt ausführlicher die Karlsruher „Anbetung des Goldenen Kalbes“ und die als Gegenstück dazu bestellte, 1654 datierte Landschaft mit Jakob, Laban und dessen Töchtern (Leinwand, 143,4 : 251,5; Roethlisberger LV 134, ehemals Sammlung Lord Leaconsfield, heute als ständige Leihgabe der British Treasury in Petworth House). Die sowohl in der Komposition als auch in der Atmosphäre und Lichtführung kontrastierend als Gegenstücke aufgefaßten Bilder lassen sich inhaltlich – wenn überhaupt ein Zusammenhang beabsichtigt war – nur in äußerlich moralischem Sinne miteinander in Beziehung bringen: Moses von seinem Volke verlassen, Jakob von Laban getäuscht. Beide Kompositionen sind von Claude später in kleinerem Maßstab und mit einigen Veränderungen, vor allem in der Proportion, als Einzelwerke wiederholt worden; von ihnen befindet sich die „Anbetung des Goldenen Kalbes“ in der Sammlung Simon Morrison zu London (Leinwand; 114,5 : 158,5, datiert 1660; Roethlisberger LV 148).
Mehrere mit dem Gemälde in Zusammenhang stehende Zeichnungen sind erhalten: ein erster Gesamtentwurf, von der endgültigen Fassung noch weithin abweichend, im Städelschen Kunstinstitut Frankfurt (Feder, laviert, 210 : 285; Abb. Handzeichnungen Alter Meister im Städelschen Kunstinstitut Lfg. X, Frankfurt a. M. 1912). Eine zweite Kompositionsstudie im British Museum zu London [Nr. 006-95; Feder, laviert in Bister und Grau, 201 : 270; Abb. Lit. Pattison (1884), S.73] stimmt zwar in gewissen Grundzügen der figuralen Gruppierung mit dem ausgeführten Bilde überein, gibt jedoch bei gedrängterem Format auch eine veränderte Landschaft: wie M. Kitson annimmt (brieflich 24.5.1960) entstand sie vielleicht als Alternativ-Entwurf mit einer Zeichnung des Cabinet des Estampes im Louvre zu Paris (Nr. 26686;Tuschfeder, braun laviert, 206 : 385; Abb. bei J. Guiffrey und P. Marcel, Inventaire général… Ecole française V, S. 111, Nr. 4101), welche die Grundlage für das ausgeführte Bild abgegeben hat. Eine weitere Zeichnung im British Museum London (Nr. 006-96; schwarze Kreide auf gelblichen Papier, grau laviert; 353 : 465) ist der ausführliche Entwurf für die Figuren der rechten Bildhälfte (vom Knienden vor der Säule bis zum rechten Bildrand), nur in einigen Einzelheiten von der endgültigen Ausführung abweichend.
Die Figurengruppe ist in ihren Grundzügen von Raffaels Darstellung des gleichen Themas in den Loggien des Vatikans abhängig: die Rückenfigur des Knienden vorn ist unmittelbar von dort übernommen. Dieselbe Gestalt erscheint bereits samt den links von ihr knienden Frauen, deren eine ihr Kind auf das Götzenbild hinweist, in der oben genannten Kompositionsstudie des British Museum (Nr. 006-95). Eine unmittelbare Beeinflussung Claudes durch Poussins in den dreißiger Jahren entstandene „Anbetung des Goldens Kalbes“ in der National Gallery London (Nr. 5597), wie sie P. du Colombier (Lit. 1950) annimmt, ist daher nicht als wahrscheinlich anzusehen (ebenso Roethlisberger, Lit. 1961, S. 315, Anm.1).
Für die vorstehenden Angaben, insbesondere auch über die in der früheren Literatur fehlerhaft angegebenen Provenienz, vgl. das grundlegende, 1961 erschienene Werk von M. Roethlisberger über Claude Lorrain.“
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[o. A.]
British Institution, London 1834
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[o. A.]
Royal Academy, London 1871
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[o. A.]
Burlington Fine Arts Club, London 1871
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Unter freiem Himmel. Landschaft sehen, lesen, hören
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 18.02.-27.08.2017
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1884: Claude Lorrain
Dilke, Emilia Francis Strong [Mrs. M. Pattison]
Sa vie et ses oeuvres d’après des documents inédits -
1950: Essai sur les personnages de Claude Lorrain
Du Colombier, Pierre
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1961: Claude Lorrain
Roethlisberger, Marcel
The Paintings -
1961: Claude Lorrain
Roethlisberger, Marcel
The Paintings -
1961: Claude Lorrains "Anbetung des Goldenen Kalbes"
Lauts, Jan
Eine Neuerwerbung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe -
1963: Französische Meister aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lauts, Jan (Bearb.); Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Bildheft -
1964: Erwerbungsbericht 1952-1963
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Lauts, Jan
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[1964?/]1965: Claude Lorrain
Waddingham, Malcolm R.
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1966: Katalog Alte Meister bis 1800
Bearb.: Lauts, Jan; Hrsg.: Vereinigung d. Freunde d. Staatl. Kunsthalle
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1966: Katalog Alte Meister bis 1800
Bearb.: Lauts, Jan; Hrsg.: Vereinigung d. Freunde d. Staatl. Kunsthalle
Bildband -
1967: Claude Lorrain
Lauts, Jan
Die Anbetung des goldenen Kalbes -
1968: Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Lauts, Jan (Bearb.); Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.)
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1968: Claude Lorrain
Roethlisberger, Marcel
The Drawings -
1969: The Westminster Claudes
Kitson, Michael
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1973: Meisterwerke in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Ammann, Edith u.a. (Bearb.); Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.)
Erworben von Jan Lauts -
1977: Tout l'œuvre peint de Claude Lorrain
Roethlisberger, Marcel
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1984: Claude Lorrain
Roethlisberger, Marcel
Some new perspectives -
1985: The French painters of the Seventeenth Century
Wright, Christopher
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1985: Typen der "idealen" Landschaft
Bashir-Hecht, Herma
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1988: Ausgewählte Werke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lüdke, Dietmar; Reising, Gert; Simons-Kockel, Katrin
150 Gemälde -
1989: Claude Lorrain
Langdon, Helen
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1989: Reihe "museum"
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Westermann-Führer -
1994: Jan Lauts
Langner, Johannes
Bilder und Lebensbilder -
1997: Claudio ‘il Lorenese’ ed un suo giovane committente romano
Cardelli, Carlo
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2000: 30 Kunstgeschichten für Kinder
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karslruhe
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2002: Turner et le Lorrain
Warrell, Ian (Hg.)
Musée des Beaux-Arts de Nancy, 17.12.2002-17.03.2003 -
2005: Gesamtverzeichnis Französische Gemälde des 17. und 18. Jahrhunderts in Deutschen Sammlungen
Rosenberg, Pierre; Mandrella, David
... erscheint anlässlich der Ausstellung "Poussin, Lorrain, Watteau, Fragonard ... - Französische Meisterwerke des 17. und 18. Jahrhunderts aus deutschen Sammlungen", Paris/München/Bonn, 2005-2006 -
2006: Claude Lorrain
Rand, Richard; Griffiths, Antony; Terry, Colleen M.
The Painter as Draftsman. Drawings from the British Museum -
2011: Claude Lorrain
Sonnabend, Martin (Hg.); Whiteley, Jon (Hg.)
Die verzauberte Landschaft -
2012: Claude Lorrain - die verzauberte Landschaft
Mülich, Céline; Wagner, Nicola; Eschenfelder, Chantal (Red.)
Eine Einführung in die Ausstellung -
2012: Kunst zum Hören: Claude Lorrain - die verzauberte Landschaft
Städel Museum
Buch und CD -
2017: Ein Kultbild
Bätschmann, Oskar; Voigt, Kirsten [Hrsg.]
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2022: Kunst und Religion
Marggraf, Eckhart
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