
Badende
Beschreibung
Erich Heckel gehörte 1905 zu den Gründungsmitgliedern der Dresdner Künstlergruppe „Die Brücke“, die heute als ein wichtiger Wegbereiter der klassischen Moderne in Deutschland gilt. Dieses expressionistische Gemälde entstand auf dem künstlerischen Höhepunkt der „Brücke“. Es zeigt eine heiter-idyllische Sommerlandschaft mit zahlreichen badenden und ballspielenden jungen Männern und Frauen.
Die Darstellung des nackten Körpers in Bewegung hat eine Tradition, die bis in die Antike verfolgt werden kann. Heckel ging es jedoch nicht um ein Idealbild, sondern um den natürlichen Akt, der in dieser Weise die Sittlichkeitsnormen des deutschen Kaiserreichs berührte: Das Ausstellen eines solchen Gemäldes wäre gesetzlich verboten gewesen. Unverhohlene Nacktheit bedeutete jedoch einen Ausbruch aus dem gesellschaftlichen Korsett, das von den Malern der „Brücke“ als eine Entfremdung des Menschen von seinen natürlichen Empfindungen verstanden wurde. Und so entstanden Heckels zahlreiche Aktdarstellungen im Atelier oder, wie in diesem Fall, in der Abgeschiedenheit der Moritzburger Teiche.
Das Gemälde lässt zwei besonders wichtige Inspirationen erahnen. Zum einen bezieht es sich gedanklich auf die Freikörperkultur, eine noch recht junge Gegenbewegung zur Verstädterung im deutschen Kaiserreich. Licht und Luft sollten Körper, Geist und Seele von den Auswirkungen des schmutzigen, beengten Stadtlebens heilen.
Zum anderen zeigt die Form der Figuren Einflüsse der kolonialen Gegenwart. Konturen und Posen wiederholen Klischees außereuropäischer Völker, deren Nacktheit als unverstellt und primitiv, deren Leben jedoch als im Einklang mit sich und der Natur interpretiert wurden. Auch die formalen Bezüge zu afrikanischen Akt-Skulpturen, die durch Kolonialausstellungen in Europa bekannt wurden, unterstützten Heckels Bildidee eines Idylls, in dem Erotik nicht schambehaftet, sondern befreit ausgelebt wird. Vor diesem Hintergrund verkörperten für Heckel gerade junge Mädchen und Jungen, die noch eine kindlich unverstellte, manchmal unelegante Körpersprache zeigten, die Ideale von Authentizität und Natürlichkeit.
Die Tatsache, dass Heckel und sein Kollege Ernst Ludwig Kirchner auch pubertierende Mädchen nackt und in expliziten Posen darstellten, hat in der jüngeren Forschung die These genährt, es könne sich um missbräuchliche Beziehungen gehandelt haben. Dies bleibt umstritten. Unabhängig davon war die künstlerische Idee einer sächsischen Landschaftsidylle, in der sich junge nackte Menschen wie „Wilde“ im Paradies begegnen, im Jahr 1911 hochgradig provokant.
Daten und Fakten
Titel | Badende |
---|---|
Künstler*in | Erich Heckel |
Entstehungszeit | 1911 |
Inventarnummer | 2306 |
Epoche | Klassische Moderne Expressionismus |
Maße Bildträger | H 96,8 cm B 120,4 cm |
Maße Rahmen | H 117,7 cm B 135,8 cm T 4,7 cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Landschaft |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
Von seinem Bruder Manfred, der als Eisenbahnbauingenieur in Deutsch-Ostafrika tätig war, erhielt Erich Heckel afrikanische Objekte, die Bestandteil seiner Ateliereinrichtung wurden.
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Neue Secession, 4. Ausstellung
Berlin 1911-1912
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XXVI. Biennale di Venezia
Venedig 1952
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Erich Heckel
Kestner-Gesellschaft Hannover;
Hochschule für bildenden Künste Berlin
1953 -
Kunst unserer Zeit, Neuerwerbungen 1948 - Frühjahr 1955
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 1955
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Hundred Years of German Painting
The Tate Gallery, London 1956
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Erich Heckel. Werke der Brückezeit 1907-1917
Württembergischer Kunstverein, Stuttgart 1957
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L'Espressionismo. Pittura, scultura, architettura
Palazzo Strozzi, Florenz 1964
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Painters of the Brücke
The Tate Gallery, London 1964
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Künstler der Brücke an den Moritzburger Seen 1909-1911
Brücke-Museum, Berlin 1970
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Erich Heckel. Holzschnitte
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 1997-1998
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Unsere Moderne
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 29.04.2011 - 03.10.2011
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1917: Erich Heckel
Westheim, Paul
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1952: Über die "Künstlergruppe Brücke"
Röthel, Hans Konrad
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1952: "Die Brücke" e la cultura dell' espressionismo
Apollonio, Umbro
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1956: Deutsche Maler der Gegenwart
Händler, Gerhard
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1957: Meisterwerke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lauts, Jan
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1960/61: Erinnerungen an eine Sammlung
Westheim, Paul
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1964: Erwerbungsbericht 1952-1963
Lauts, Jan
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1965: Erich Heckel
Vogt, Paul
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1968: Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Lauts, Jan
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1968: Erich Heckel
Borries, Johann Eckart von
Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen im Besitz der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe -
1971: Katalog Neuere Meister
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.); Lauts, Jan (Bearb.)
19. und 20. Jahrhundert -
1971: Katalog Neuere Meister
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.); Lauts, Jan (Bearb.)
19. und 20. Jahrhundert -
1974:
Deutsche Meister 1880 - 1930
aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Zimmermann, Werner
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1988: Ausgewählte Werke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lüdke, Dietmar; Reising, Gert; Simons-Kockel, Katrin
150 Gemälde -
1988: Unsere Kunsthalle
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.)
30 Bilder für Kinder -
1989: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Holsten, Siegmar
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1990: "Künstlergruppe Brücke" im Moritzburger Teichgebiet
Billig, Volkmar
Landschaftliche Bezüge in einigen Werken von Heckel, Kirchner und Pechstein -
1991: German Expressionism
Lloyd, Jill
Primitivism and Modernity -
1993: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Holsten, Siegmar
Die Sammlung der Moderne -
1995: Künstler der Brücke in Moritzburg
Billig, Volkmar
Museum Schloß Moritzburg, 01.07.-01.10.1995 -
2000: Die Badenden
Hülsewig-Johnen, Jutta (Hg.)
Mensch und Natur im deutschen Expressionismus -
2005: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Voigt, Kirsten Claudia
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2011: Liebermanns Gegner
Stiftung Brandenburger Tor, Berlin (Hg.)
Die Neue Secession in Berlin und der Expressionismus -
2018: Erich Heckel. Werkverzeichnis der Gemälde, Wandbilder und Skulpturen
Hüneke, Andreas