Italienische Hinterhäuser
Beschreibung
So beschaulich und heiter diese Ansicht italienischer Hinterhäuser anmutet, so traurig ist das Schicksal ihres Urhebers. Friedrich Mosbrugger, 1804 in Konstanz geboren, starb mit nur 26 Jahren auf einer Reise in St. Petersburg.
Mosbrugger entstammte einer berühmten Familie von Malern, Stuckateuren und Bildhauern. Sein Vater Wendelin war 1810 zum Hof-Porträtmaler des württembergischen Königs Friedrich I. ernannt worden. Friedrich studierte Kunst an der Akademie in München und zeigte 1827 eine erste Ausstellung in Karlsruhe. Mit seinem Freund, dem Architekten Friedrich Eisenlohr, machte er sich im Anschluss daran nach Italien auf. Er wurde hier im Kreis der deutschen Maler freundlich aufgenommen und ließ seine Werke unter anderem von Joseph Anton Koch kritisieren.
Die „Italienischen Hinterhäuser“ sind ein aussagekräftiges Beispiel für Mosbruggers Realismus, die Brillanz und Strahlkraft seiner Malerei, aber auch seine Fähigkeit zur gefühlvollen Inszenierung emotionaler Inhalte. Der Blick der Betrachter*innen wird zwar zunächst von der hell erleuchteten Kulisse der malerisch dichtgedrängten Häuser gefangengenommen. Beim zweiten Hinsehen entdeckt man jedoch auf der ‚Vorbühne‘ dieser inszenierten Ansicht, im Schatten der Mauer, eine junge Frau, schemenhaft ein Kind und wie auf die Wand gezeichnet einen liegenden jungen Mann. Gekonnt inszeniert Mosbrugger im kontrastreichen Spiel mit Helligkeit und Dunkel eine Art Überraschungseffekt – in einem kaum beachteten Winkel, im Schatten der Komposition ist eine familiäre, eine private Szene skizzenhaft angedeutet.
Auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen
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Rostfarbene Dächer, blauer Himmel, Terracotta und geheime Winkel – was wir so vermutlich als Urlaubsaufnahme auch in unserer eigenen Bildergalerie auf dem Smartphone wiederfinden würden, hat bereits den deutschen Genremaler Friedrich Mosbrugger bei seiner Reise durch Italien begeistert.
Da aus seiner Familie bereits einige Maler, Bildhauer und Stuckateure hervorgegangen waren, war Mosbrugger früh in der Kunstwelt beheimatet.
Mit wachem Blick durch Italien
Wie er seinem Freund Friedrich Eisenlohr 1827 nach Italien folgte, so folgen wir dem Künstler in diesem Gemälde in eine Welt, die sich Mosbrugger bei seiner Reise offenbarte.
Eisenlohr war Architekt. Sein Interesse an den Bauten und Stadtlandschaften Italiens, das er vermutlich auch Mosbrugger weitergab, spiegelt sich hier.
Bröckelnde Hausfassaden rahmen den Blick in einen Hinterhof. Die Häuser stehen dicht gedrängt, bilden eine geschlossene Reihe. Warmes Licht legt sich auf die Szene, die sich in der Bildmitte zeigt.
Dort sehen wir Olivenbäume und ein kleines Bassin. Begrünte Pergolen werfen Schatten auf die Hauswände. Auf einem der Mauerabschlüsse strahlt der weiße Marmor einer Büste, die nach griechischem Vorbild gefertigt ist. Sie ist vor einem blühenden Rosenbusch platziert und erzählt uns von den Überbleibseln der Antike.
Lässt man den Blick entlang der Mauer weiter nach unten schweifen, entdeckt man eine im Schatten fast verborgene Szene. Im dunkel gehaltenen Vordergrund inszeniert Mosbrugger eine junge Frau mit Kind. Sie versuchen der Hitze des Tages zu entfliehen.
Bei genauerem Hinschauen lässt sich neben ihnen auf der Mauer die Zeichnung eines liegenden Mannes erkennen. Das Kind scheint auf diese Zeichnung zu deuten. Die Komposition der Figuren verschmilzt so mit den umgebenden Mauern, dass diese für ein kurzes Überraschungsmoment sorgen.
Die besondere Stimmung zur Mittagszeit
Die Italienischen Hinterhäuser sind nicht nur ein Beispiel für Mosbruggers gekonnten Einsatz von Licht und Schatten. Sie machen ebenso deutlich, wie er die sonst übersehenen Momente des alltäglichen Lebens liebevoll inszenieren konnte.
Hätten wir in dem Augenblick, da Mosbrugger diese Szene vor sich sah, neben ihm gestanden, hätten wir vielleicht das leise Schnarchen derjenigen, die sich zur Mittagsruhe gelegt haben oder das Ausschütteln frisch gewaschener Wäsche gehört.
Daten und Fakten
| Titel | Italienische Hinterhäuser |
|---|---|
| Künstler*in | Friedrich Mosbrugger |
| Entstehungszeit | 1827/29 |
| Inventarnummer | 2782 |
| Maße Bildträger | H 59,5 cm B 44,0 cm |
| Maße Rahmen | H 69,5 cm B 53,7 cm T 4,5 cm |
| Material | Papier auf Pappe |
| Technik | Ölfarbe |
| Gattung | Gemälde |
| Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
Mosbruggers Freund, der Architekt Friedrich Eisenlohr, erfand die sogenannten Bahnhäusle, die erste Form einer in Serie gegangenen Kuckucksuhr.
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Friedrich Mosbrugger: Das Atelier des Künstlers in Rom, 1828
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 1987
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Paysages d'Italie. Les peintres du plein air (1780-1830)
Grand Palais, Paris;
Centro Internazionale d'Arte e di Cultura di Palazzo Te, Mantua
2001, Nr. 148 -
Viaggio in Italia
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 2010, Kat. Nr. 147
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Franz Ackermann. Mental Maps - Eikones
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 14.03. - 11.05.2014
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Fenêtres sur cours
Musée des Agustins 9.12.2016 - 17.4.2017
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1987: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Staatliche Kunstsammlungen in Baden-Württemberg
Neuerwerbungen 1986 -
1995: Neuerwerbungen für die Gemäldegalerie 1984-1994
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.)
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2010: Viaggio in Italia
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.)
Künstler auf Reisen, 1770 - 1880; 11.9. - 28.11.2010, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe -
2017: Fenêtres sur cours /
Chaudonneret, Marie-Claude; Gribaudi, Maurizio; Peltre, Christine