
Schäferin, beim Bad überrascht
Beschreibung
Der aus Liège stammende Gilles Demarteau machte sich Mitte des 18. Jahrhunderts in Paris als Reproduktionsgrafiker einen Namen. Offizielle Anerkennung erfuhr er 1769 mit der Aufnahme als Mitglied der Königlichen Akademie sowie der Ernennung zum Graveur du Roi, dem Grafiker des Königs im darauffolgenden Jahr.
Die vorliegende Radierung basiert auf einer Zeichnung von François Boucher (1703–1770), die eine charakteristische Schäferszene des Künstlers zeigt. Mit roter Farbe gedruckt, ahmt die Grafik die Wirkung der Rötelkreide nach, die Boucher vielfach für seine Zeichnungen verwendete. Ausschlaggebend für die überzeugende Imitation des Zeichenmittels jedoch war vor allem der Einsatz einer Roulette. Dabei handelt es sich um ein kleines Rädchen, dessen Zähne auf der mit Ätzgrund versehenen Radierplatte punktartige Vertiefungen erzeugen, die im Druck die unregelmäßige Struktur des Kreidestrichs täuschend echt wiedergeben. Die Zeitgenossen zeigten sich fasziniert von der vollkommenen Illusion, die es selbst Kennern schwer machte, Original und Kopie auf den ersten Blick zu unterscheiden.
In Kreide- oder Crayon-Manier ausgeführte Grafiken waren in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts überaus gefragt. Im Unterschied zu den Zeichnungen waren sie unempfindlicher gegenüber Bereibungen und konnten im Schadensfall durch ein anderes gedrucktes Exemplar ersetzt werden. Die Grafiken dienten der Verbreitung von Kompositionen, die vielfach in Privatsammlungen, den Augen der Öffentlichkeit verborgen, aufbewahrt wurden. Sie wurden von jungen Künstlern als Studienobjekte verwendet und erfreuten sich auch bei kunstgeschichtlich interessierten Sammlern großer Beliebtheit.
Daten und Fakten
Titel | Schäferin, beim Bad überrascht |
---|---|
Künstler*in | Gilles Demarteau |
Erfinder*in | François Boucher |
Entstehungszeit | 18. Jahrhundert |
Inventarnummer | IV 277-1 |
Maße Blatt | H 45,9 cm B 31,1 cm |
Material | Papier |
Technik | Radierung Kreidetechnik (Crayonmanier) |
Gattung | Radierung |
Abteilung | Kupferstichkabinett |
Mit kritischer Aufmerksamkeit verfolgte Boucher die Umsetzung seiner Werke in Druckgrafiken. Mit Demarteaus Arbeiten scheint er überaus zufrieden gewesen zu sein. Insgesamt schuf der Grafiker mehr als 260 Blätter nach Zeichnungen des renommierten Künstlers. Diese wurden nummeriert, so dass es den Sammlern leicht möglich war, neu erschienene oder fehlende Exemplare zu erwerben.
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