Hans Thoma - Selbstbildnis mit Tod

Selbstbildnis mit Tod

Hans Thoma

Jahr:
1920
Ort:
nicht ausgestellt

Beschreibung

Die Radierung zeigt nicht etwa Thomas Antizipation seines eigenen, vier Jahre später eingetretenen Todes, wie man vielleicht auf den ersten Blick annehmen könnte. Vielmehr ist das Blatt nach einem Gemälde radiert, das der Künstler im Alter von 35 oder 36 Jahren geschaffen hatte und als Galeriedirektor später der Großherzoglichen Kunsthalle Karlsruhe schenkte.

Zentrum des Blattes ist Thomas Gesicht, das dem Betrachter frontal zugewandt ist, während der Oberkörper des Sitzenden von der Seite gezeigt wird. Der linke Arm ruht auf der Stuhllehne, in seiner Hand hält Thoma einen Pinsel, als sei er gerade beim Malen an der Staffelei unterbrochen worden. Zugleich dient er ihm als Attribut, um sich selbst als Künstler auszuweisen. Thoma schaut den Betrachter mit festem Blick an, während er dem Knochenmann zuzuhören scheint, der dem Maler ins Ohr flüstert. Bekrönt wird der Totenkopf von einem Lorbeerkranz, womit Thoma möglicherweise herausstellen wollte, dass ihm durch seine Kunst der Ruhm auch nach seinem Tode erhalten bleibt.

Vorbild war mit Sicherheit Arnold Böcklins "Selbstbildnis mit fiedelndem Tod" aus dem Jahr 1872, hatte Thoma doch zu Beginn der 70er Jahre Böcklin kennen gelernt und sich in der Folgezeit stark von dem Freund inspirieren lassen. Thoma fügte allerdings seinem Selbstbildnis etwas Neues hinzu: Die kleine Gestalt des schwebenden Amor mit Schmetterlingsflügeln, der seine Hand liebevoll über den Kopf des Künstlers hält, als wolle er ihn segnen. Der kleine Liebesgott dämpft die vom Totenschädel ausgehende Bedrohlichkeit und verharmlost die dramatische Wirkung des "memento mori", die der Knochenmann noch bei Böcklin hatte. In der Gemäldefassung weist Amor die Gesichtszüge der jungen Bonicella Berteneder, genannt Cella, auf, die Thoma im Entstehungsjahr als Malermodell kennen lernte, zu seiner Schülerin machte und 1877 heiratete. Demnach könnte man Thomas Radierung und Gemälde auch den Untertitel "Amor vincit omnia - Die Liebe besiegt alles" geben, was auf einem späteren Bildnis des Ehepaares noch deutlicher wird, auf dem Amor den lauernden Tod mit seinem Pfeil attackiert.

[J.F.]

Daten und Fakten

Titel Selbstbildnis mit Tod
Künstler*in Hans Thoma
Entstehungszeit 1920
Inventarnummer II 3515-43
Maße Platte H 16.1cm B 12.2cm
Material Papier
Technik Radierung
Gattung Radierung
Abteilung Kupferstichkabinett
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