
Le medicin empyrique
Beschreibung
Fast ein Jahrhundert nach seiner Entstehung reproduzierte der französische Grafiker Jacques Nicolas Tardieu das kleinformatige Gemälde des flämischen Malers David Teniers d. J. (1610–1690), das einen reizvollen Einblick in eine ländliche Arztpraxis des 17. Jahrhunderts gibt. Der im Zentrum der Darstellung sitzende Medicus hält mit einer Hand ein Harnglas zur kritischen Prüfung in die Höhe. Er ist ganz auf die Urinschau konzentriert, während die einfach gekleidete Überbringerin des Glases neben ihm – vielleicht die Patientin selbst – eine traurige Miene zur Schau stellt.
Tardieu suchte die farbige Vorlage in differenzierte Grautöne zu übersetzen und imitierte die Details seiner Vorlage genau. Er erfasst dem charakteristischen Gesichtsausdruck der Beteiligten, gibt die verschiedenen stilllebenartigen Arrangements wieder und vermittelt einen anschaulichen Eindruck von den unterschiedlichen Stoffen und Materialien. Der hinzugefügte Titel „Le Médecin empyrique“ bezeichnet den Dargestellten als einen allein aufgrund von Erfahrungen praktizierenden Arzt und unterscheidet ihn von gelehrten Mediziner. Die Legende am unteren Blattrand nennt weiterhin als Besitzer des Gemäldes den namhaften Pariser Sammler Comte de Vence (1702–1760). Auf dessen Nachlassauktion erwarb Markgräfin Karoline Luise von Baden das Werk, das sich noch heute in der Karlsruher Kunsthalle befindet.
Die badische Markgräfin kaufte verschiedentlich Reproduktionsgrafiken nach Werken der Sammlung de Vence und so ist zu vermuten, dass sie auch diesen Druck bereits vor der Erwerbung des Gemäldes kannte.
Daten und Fakten
Titel | Le medicin empyrique |
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Künstler*in | Jacques Nicolas Tardieu |
Erfinder*in | David Teniers d. J. |
Entstehungszeit | vor 1755 |
Inventarnummer | VI 2900 |
Maße Blatt | H 37,2 cm |
Maße Darstellung | H 23,3 cm |
Maße Platte | H 27,3 cm |
Maße | B 46,0 cm B 33,1 cm B 31,3 cm |
Material | Papier |
Technik | Radierung Kupferstich |
Gattung | Kupferstich |
Abteilung | Kupferstichkabinett |
Reproduktionsgrafiken waren im 18. Jahrhundert weit verbreitet. Sie vermehrten sowohl den Ruhm des erfindenden Künstlers als auch den des ausführenden Grafikers und erlangten große Bedeutung für den Kunsthandel der Zeit. Heute sind sie aufgrund ihrer Angaben zu den Eigentümern zudem eine unschätzbare Quelle für die Provenienzforschung.
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Die Meister-Sammlerin Karoline Luise von Baden
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 30.05. - 06.09.2015
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1989: A catalogue and analysis of eighteenth-century french prints after netherlandish baroque paintings
Atwater, Vivian Lee
3 Bde. -
2005: David Teniers der Jüngere
Lüdke, Dietmar (Hg.); Klinge, Margret (Hg.)
Alltag und Vergnügen in Flandern -
2015: Die Meister-Sammlerin Karoline Luise von Baden
Jacob-Friesen, Holger [Hg.]; Müller-Tamm, Pia [Hg.]
hg. in Verbinung mit Frank, Christoph; Zimmermann, Wolfgang