
Der Angriff des Prince de Lambesc in den Tuilerien
Beschreibung
Die 1789 datierte Zeichnung nimmt Bezug auf ein brandaktuelles Ereignis: Aufgrund der Absetzung des Generaldirektors der Finanzen Jacques Necker (1732–1804) kam es in Paris am 12. Juli 1789, nur zwei Tage vor dem Sturm auf die Bastille, zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Gegen die aufgebrachte Menge wurden keine französischen Soldaten eingesetzt, sondern das Regiment der Royal-Allemand, in dem fast ausschließlich Deutsche dienten.
Moreau le Jeune fokussierte das Vorgehen der Soldaten in den Pariser Tuileriengärten, das vielfach kritisiert wurde: In kämpferischer Haltung, den Säbel gezückt und hoch zu Ross, stürmt Prinz Lambesc voran. Er führt sein Regiment gegen offensichtlich wehrlose Menschen: Einem hilflos am Boden liegenden Mann ist seine Perücke vom Kopf gerutscht, die elegant gekleideten Frauen und Kinder, die unter den Bäumen Platz genommen hatten, stürzen in Panik davon.
Dieser Teil der Zeichnung ist dichter und kräftiger ausgeführt, so dass ein spürbarer Eindruck von der Bedrängnis entsteht, die durch die hoch aufragenden Bäume noch verstärkt wird. Darüber hinaus zeigt sich die Übermacht der Heranstürmenden in der Verve ihrer Gesten und Bewegungen. Der Reiter findet ein Echo in der im Hintergrund sichtbaren Skulptur des auf seinem Pferd Pegasus sitzenden Merkur am Eingang der Tuilerien. Inhaltlich jedoch steht der rücksichtslose Befehlshaber in deutlichem Widerspruch zur dieser Allegorie des in Friedenszeiten blühenden Wohlstands.
Moreau wurde für die lebendige Erzählweise und präzise Ausführung seiner Werke geschätzt. Seine Illustrationen und Darstellungen zeitgenössischer Ereignisse erlangten als Druckgrafiken weite Verbreitung. Die Übertragung der Komposition auf die Druckplatte konnte durch das Durchdrücken der Umrisslinien mit einem Griffel erfolgen, wie es auch auf der Karlsruher Zeichnung zu erkennen ist.
Daten und Fakten
Titel | Der Angriff des Prince de Lambesc in den Tuilerien |
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Künstler*in | Jean Michel Moreau le Jeune |
Entstehungszeit | 1789 |
Inventarnummer | 1968-16 |
Maße Blatt | H 16,9 cm |
Maße | B 13,9 cm |
Material | Papier aufgezogen |
Technik | Feder in Schwarz Feder in Braun Pinsel in Braun Griffelspuren |
Gattung | Zeichnung |
Abteilung | Kupferstichkabinett |
Das Motiv fand als Frontispiz der 1790 erschienenen Revolutionsgeschichte von Basseville Verwendung, die eine Schilderung der Begebenheit enthält. Ebenso wie in Moreaus Darstellung wird im Text die Hilflosigkeit der Angegriffenen hervorgehoben, die sich gegen die Kanonen lediglich mit Stöcken zur Wehr setzen konnten.
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