
Der gerechte Richter
Beschreibung
Wie auf einer Bühne sind die Hauptpersonen im Vordergrund platziert: In der Mitte und durch ein zweistufiges Podest etwas erhöht, thront der Richter, autorisiert durch das göttliche Auge über ihm und die ihn flankierenden Personifikationen. Zu seiner Linken steht die Gerechtigkeit mit Schwert und Waage, deren verbundene Augen auf die Unvoreingenommenheit ihres Urteils verweisen. Bei der weiblichen Gestalt zu seiner Rechten handelt es sich wohl um die christliche Tugend der Hoffnung, die an ihren flehend gefalteten Händen und dem empor gewandten Blicks zu erkennen ist. Vor dem Richter haben sich zwei Männer eingefunden. Der eine der beiden steht aufrecht in einem langen Gewand, der andere im kurzen Rock, spricht mit bittender Geste zum Richter, der sich ihm seinerseits nachdenklich lauschend zuwendet. Erläuternd sind dem Hauptgeschehen weitere Szenen zugeordnet: Rechts nähern sich zwei Männer, die einen Delinquenten in ihrer Mitte zum Richter führen. Links verhandelt ein Figurenpaar am Boden, während ein zweites sich versöhnlich umarmt. Der Gefängnisturm mit dem Galgen im Hintergrund verstärkt das dargestellte Thema der Rechtsprechung und deutet mögliche Folgen des Urteils an.
Der Augsburger Künstler Johann Heinrich Schönfeld schuf das Blatt viele Jahre nach seiner Rückkehr aus Italien, wo er 18 Jahre lang überwiegend in Neapel gelebt und gearbeitet hatte. Mit nur wenigen Strichen und großzügigen Lavierungen gelingt ihm eine treffende Charakterisierung der Dargestellten, deren Gestalten zumeist stark überlängt wirken. Die Staffelung in den Raum deutet der Künstler lediglich durch zunehmende Helligkeit und abnehmende Detailgenauigkeit an, ein Vorgehen, das an druckgraphische Blätter von Künstlern wie Jacques Callot erinnert.
Die hier entworfene Szene mag für ein Rathaus gedacht gewesen sein oder in Bezug zu Darstellungen der "Guten Regierung" gestanden haben. Eine eng verwandte Zeichnung Schönfelds, in der die Richterszene weiter in den Hintergrund gerückt ist, findet sich im Bestand der Graphischen Sammlung in Augsburg. Ein Gemälde des Themas ist jedoch nicht erhalten. [A.R.]
Daten und Fakten
Titel | Der gerechte Richter |
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Künstler*in | Johann Heinrich Schönfeld |
Entstehungszeit | um 1670 |
Inventarnummer | 1978-9 |
Maße Blatt | H 15,1 cm B 21,4 cm |
Material | Papier weißlich |
Technik | Feder in Schwarz Pinsel in Grau schwarze Kreide |
Gattung | Zeichnung |
Abteilung | Kupferstichkabinett |
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DAS BESONDERE BLATT 2010 09-10
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
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2009: Johann Heinrich Schönfeld - Welt der Götter, Heiligen und Heldenmythen
Zeller, Ursula (Hg.)
[... anlässlich der Ausstellungen "Johann Heinrich Schönfeld - Welt der Götter, Heiligen und Heldenmythen", 16. Oktober 2009 bis 7. Februar 2010, Zeppelin Museum Friedrichshafen - Technik und Kunst; "Johann Heinrich Schönfeld - Zeichnungen -
1983: Unbekannte Zeichnungen von Johann Heinrich Schönfeld
Biedermann, Rolf