Komposition
Beschreibung
Otto Freundlich zählt zu den großen Vertreter*innen der Abstraktion im frühen 20. Jahrhundert, in deren Schaffen Kunst und Theorie eng zusammengehören. Für Freundlich war die gegenständliche Malerei gehemmt, so dass sie ihre volle Kraft gerade wegen der Bindung an erkennbare Motive nicht entfalten könne. Hierbei ginge es ihm jedoch weniger um formalistische Gestaltungsfragen, sondern um die Übersetzung der sozialistischen Idee eines Kollektivs ins Bild. 1921 schrieb er: »Politisch sein heißt heute die Formen zu verändern.« In Freundlichs Augen ließ sich dies am ehesten fassen, indem das Individuelle aufgelöst wird und sich der Künstler um die Darstellung einer geistigen Energie bemüht. In Anlehnung an die moderne Physik erschienen ihm Prozesse, Spannungen und Bewegungen wichtiger als die Statik der verdinglichten Welt von Körpern und Motiven.
Typisch für Freundlichs fortgeschrittenes Werk sind aus der Glasmalerei und der Mosaiktechnik entwickelte prismatische, farbige Flächen, wie sie auch in der Komposition zum Tragen kommen. In der Farbfeldmalerei verarbeitete Freundlich Eindrücke, die er 1914 gewann. Der seit 1908 in Frankreich lebende Künstler konnte zeitweilig ein Atelier im Nordturm der Kathedrale von Chartres beziehen. Bemerkenswert ist das sensible Spiel mit wenigen Farben in Komposition , die aufgrund verschiedener Helligkeitswerte den Eindruck einer luftigen Aufwärtsbewegung unterstützen.
Die Datierung des Werks ist nicht bekannt und aufgrund der politischen, später auch rassistischen Verfolgung des Künstlers durch die Nationalsozialisten im besetzten Frankreich schwerlich zu verifizieren. Vergleiche der Komposition mit seinen Arbeiten aus dem Exil in Paris lassen eine Datierung ins Jahr 1940, nämlich in eine dreimonatige Phase zwischen zwei Internierungen, als naheliegend erscheinen. Spätestens 1942 war ihm auf der Flucht das Arbeiten nicht mehr möglich. Im Jahr darauf wurde der Künstler im Konzentrationslager Majdanek bei Lublin ermordet.
Daten und Fakten
Titel | Komposition |
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Künstler*in | Otto Freundlich |
Entstehungszeit | um 1939/42 |
Inventarnummer | 2718 |
Maße Bildträger | H 76,6 cm B 56,5 cm |
Maße Rahmen | H 79,9 cm B 59,1 cm T 3,5 cm |
Material | Papier auf Leinwand |
Technik | Gouache |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
Die Bemühungen der nationalsozialistischen Kulturpolitik, den Einfluss von Freundlichs Arbeiten durch Konfiszieren, Veräußern und Vernichten zu begrenzen, waren durchaus wirkungsvoll. – Ironie des Schicksals: ausgerechnet durch die Ausstellungsbroschüre zur NS-Schandausstellung <strong>Entartete Kunst </strong> wurde eine heute verlorene Plastik des Künstlers weltberühmt: Der <strong>Große Kopf </strong> von 1912 ziert den Titel der Broschüre.
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Internationaler Kunstmarkt
Köln 1981
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Otto Freundlich et ses amis
Musée de Pontoise 1993
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Das Recht des Bildes. Jüdische Perspektiven in der modernen Kunst
Museum Bochum 2003
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Bethan Huws. Forest
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Orangerie 04.10.2015-17.01.2016
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1984: Neuerwerbungen für die Gemäldegalerie 1972-1984
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.)
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1987: Otto Freundlich
Heusinger von Waldegg, Joachim
Ascension, Reihe Kunststück -
1993: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Holsten, Siegmar
Die Sammlung der Moderne -
1993: Otto Freundlich et ses amis
Duvivier, Christophe (Hg.); Maillet, Edda (Hg.)
Musée de Pontoise, 1993 -
1994: Standpunkte der Ethik
Nink, Hermann (Hg.)
Oberstufe -
2003: Das Recht des Bildes
Golinski, Hans Günter (Hg.) ; Hiekisch-Picard, Sepp (Hg.)
Jüdische Perspektiven in der modernen Kunst -
2015: Bethan Huws
Huws, Bethan; Blunck, Lars; Müller-Tamm, Pia; Reust, Hans Rudolf; Thiele, Carmela
Forest