Blumenstillleben
Beschreibung
Ein „natürlich“ wirkender, farbenfroher Blumenstrauß in einem Krautstrunkbecher aus braun-grünem Glas leuchtet, von gebündeltem Licht getroffen, vor dem schattigen Grund einer rundbogigen Steinnische auf. Es ist ein hoch aufgipfelndes und mit Bedacht gefügtes Gebilde, bei dem die künstlerischen Gesetze von Symmetrie und Ausgewogenheit angewandt wurden. Der Strauß vereint Blumen und Pflanzen der unterschiedlichsten Arten und Jahreszeiten: großblütige Züchtungen wie Lilien, Rosen und Tulpen neben Iris, Narzissen, Türkenbund und Anemonen; auch wildwachsende Pflanzen mit kleinen Blüten wie Akelei, Schachbrettblume, Nelken, Veilchen, Kamille und Schafgarbe, um nur die wichtigsten zu nennen. Eine Rose, ein Johannisbeerzweig, Alpenveilchen und gelbblühender Hederich liegen verstreut auf der Steinplatte. Dazwischen tummeln sich Eidechse und Frosch, Maus und Heuschrecke. Weiter umflattern Insekten – Wespe, Libellen, große und kleine Schmetterlinge – das Gesteck und beleben die Nische.
Sinnbildlich mag das Gemälde auf die unerschöpfliche Vielfalt und Schönheit der von Gott geschaffenen, sich jährlich erneuernden Natur deuten, die den Künstlern Lehrmeisterin und Inspirationsquelle ist. Der ernstere Symbolgehalt der Blumen ist aber die Vanitas, die Hinfälligkeit alles Irdischen und die Endlichkeit der menschlichen Existenz. Ausgehend von Jesaja 40, 6-8 oder dem Psalm 90, 5-6, die das eitle Leben des Menschen mit den schnell verdorrenden und zu Staub vergehenden Blumen auf dem Felde vergleichen, wird dieser pessimistischen Vorstellung aber auch der positive Gedanke von der Ewigkeit Gottes und seines Erlösung verheißenden Wortes gegenübergestellt. Diese allegorisch-metaphorische Betrachtungsweise sieht z. B. in den durch Farbe und Form unterschiedlichen Pflanzen Charakteristika, die mit der göttlichen Natur und den Eigenschaften der Dreieinigkeit, Christi oder Mariens in Beziehung zu setzen sind. – Gerade für die frühen Stilleben, zu denen Saverys Blumenstrauß zählt, sind christlich-heilsgeschichtliche Deutungen anzunehmen. Neben den Pflanzen haben auch die Tiere christliche Bedeutungen. Frosch und Salamander, mehr noch Libelle und Schmetterling sind Sinnbilder für die Auferstehung und die Unsterblichkeit der Seele, während Maus und Heuschrecke auf Zerstörung, Sünde und Tod verweisen.
Endlich deutet auch die Nische darauf, daß Saverys Blumenbild wie viele gleichartigen Gemälde zu christlicher Meditation und Andacht bestimmt war. (Auszug aus: Angelika Beckmann, Dietmar Lüdke, Slg. Kat. Karlsruhe 1995, S. 108-109)
Daten und Fakten
Titel | Blumenstillleben |
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Künstler*in | Roelant Savery |
Entstehungszeit | 1617 |
Inventarnummer | 2925 |
Maße Bildträger | H 87,7 cm B 60,0 cm |
Maße Rahmen | H 106,2 cm B 78,0 cm T 6,0 cm |
Material | Eichenholz |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Stillleben |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
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1947: Studier i holländskt stillebenmåleri under 1600-talet
Bergström, Ingvar
(Diss., Göteborg, 1947) -
1948: Die niederländischen Maler des siebzehnten Jahrhunderts
Bernt, Walther
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1955: Les Peintres flamands de fleurs au dix-septième siècle
Hairs, Marie-Louise
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1954: [Unbekannt]
Isarlov, George
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1956: Dutch still-life painting in the seventeenth century
Bergström, Ingvar
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1988: Roelant Savery (Kortrijk 1576 - 1639 Utrecht)
Müllenmeister, Kurt J.
Hofmaler von Kaiser Rudolf II in Prag -
1991: Neuerwerbungen 1990
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Gemäldegalerie -
1991: Roelant Savery (Kortrijk 1576 - 1639 Utrecht)
Müllenmeister, Kurt J.
Neues und Ergänzungen zum Oeuvreverzeichnis -
1995: Neuerwerbungen für die Gemäldegalerie 1984-1994
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Bearb.: Beckmann, Angelika
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1997: Vlaamse schilders en de dageraad van Hollands Gouden Eeuw, 1585-1630
Briels, Jan
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2003: Neuerwerbungen 2002
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe