Bathseba
Beschreibung
Ein unbekannter südniederländischer Meister schuf dieses beachtliche Gemälde. Es spiegelt den kühlen Stil einer internationalen Hofkunst, deren Zentren Florenz, Fontainebleau und Paris waren. Die wirklichkeitsgetreu wiedergegebenen Kostüme der hinteren Personen ermöglichen eine Datierung des Bildes um 1560/70; die dargestellten Gegenstände machen es zu einem kulturhistorischen Dokument.
Wie eine Marmorfigur steht die junge Bathseba im Vordergrund und markiert die Mitte der symmetrischen Komposition. Eine ältere Dienerin hilft ihr dabei, ein Untergewand anzulegen. Bathsebas juwelengeschmückter Kopf zeichnet sich im Profil gegen den Baum ab, in dessen Schutz sie steht. Sie schaut zu einer nackten Begleiterin, die neben ihr sitzt und sich kämmt. Zu Füßen dieser Dreiergruppe liegen kostbare Gegenstände, darunter ein Kleid aus goldbesticktem Samt. Auf ihm tollen ein nackter Junge und ein Hund.
Zu den Seiten wird der Blick in die Tiefe freigegeben. Rechts ist ein kunstvoll angelegter Renaissancegarten zu sehen. Er zeigt die Vertrautheit des Malers mit der seinerzeit modernen Gartenbaukunst. Links stehen am Geländer eines Badebeckens zwei unbekleidete Frauen mit Tüchern. Hinter einem Laubengang ragt ein Renaissancepalast auf.
Erst bei genauerem Hinsehen sind in den kleinen Figurengruppen im Palast und auf den Steinreliefs des Badebeckens einzelne Szenen der biblischen Geschichte von David und Bathseba zu erkennen (2. Sam 11–12). Diese Nebenszenen, die zum Verständnis der Hauptdarstellung nötig sind, versteckt der Maler im Bild. Dagegen stellt er die Ankleidung der Bathseba ausführlich dar und führt uns verschiedene Ansichten stehender, sitzender und liegender Akte vor, die dem damaligen Schönheitsideal entsprechen.
Weibliche Körper
Ich trage in meiner Neuinterpretation ein Kleid, das einen weiblichen Körper eingehüllt in nass aussehenden Stoff, abgedruckt zeigt. Mein Körper selbst ist also komplett bedeckt, der einer anderen Frau darauf aber sichtbar. Und meine Neuinterpretation ist eine Anspielung auf den Stoff, der Bathseba von ihrer Dienerin auf dem Bild angezogen wird. Der drapierte 3D-Effekt meines Kleides ist täuschend echt und zeigt, wie idealisierte Körper aus Gemälden wie Bathseba oder auch z. B. der Geburt der Venus immer noch sehr präsent unser Ideal beeinflussen, auch noch 500 Jahre später.
Daten und Fakten
Titel | Bathseba |
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Künstler*in | Südniederländischer Meister |
Entstehungszeit | um 1560/70 |
Inventarnummer | 2617 |
Maße Bildträger | H 120cm B 147cm |
Maße Rahmen | H 143cm B 170cm T 8cm |
Material | Eichenholz |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Historie |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
Das Gemälde steckt voller Andeutungen. So erinnert rechts im Mittelgrund ein kreisförmiges Labyrinth an die Irrwege, die der Mensch im Leben mitunter beschreitet. Und um den zentralen Baumstamm rankt sich Efeu als ein Symbol der Treue; doch ist er im Begriff abzusterben: ein Hinweis auf den Ehebruch Davids und Bathsebas, von dem die Bibel erzählt?
Horst Vey, Eckhard von Knorre, Slg. Kat. Karlsruhe 1984, S. 85-86: „Nr. 2617 schildert gleichzeitig mehrere Episoden aus 2. Samuel 11-12. Im Vordergrund bietet sich Bathseba mit Gefährtinnen dar. Das Kind, das mit dem Hund spielt, war in der Bathseba-Ikonographie kein zweites Mal nachzuweisen: ein Kind Bathsebas von Uria, Hinweis auf ihren Ehestand? Oder nur allgemein zu ihrem Haushalt gehörig? Um den Baumstamm rankt sich Efeu als Symbol treuer Liebe; doch ist er im Begriff abzusterben: ein Hinweis auf den bevorstehenden Ehebruch? In der Ferne blickt König David nicht, wie üblich, lüstern herab, sondern entsendet schon den Boten, der Bathseba holen soll. Derselbe Bote steht im Laubengang vor Bathseba und zwei Gefährtinnen und zeigt nach oben. Im Palast von links nach rechts: Nathan erzählt David das Gleichnis und macht ihm Vorhaltungen; David kniet im Gebet; sein Sohn stirbt. In der Loggia zuoberst: David wäscht sich die Hände. Diese Szene spielt vielleicht auf den Abbruch des Fastens und Klagens nach dem Tode des Sohnes an. Die Reliefs im Badebecken stellen anscheinend dar: David sendet Uria mit dem Brief fort; Uria wird im Kampf von einem Schwert durchbohrt; der Bote meldet es David. Rechts hinten das Leben am Hofe Davids, durch modisch gekleidete Gestalten in einem Garten aus der Zeit des Malers dargestellt. Eine Formation von Lanzenträgern stellt die Krieger Davids dar. Eine der Fahnen auf den Burgtürmen zeigt die Harfe als Emblem Davids. Die Burg ist H. S. Behams Holzschnitt mit der Dorfkirmes von 1539 entlehnt, freilich seitenverkehrt (Bartsch 168; F. W. H. Hollstein, German Engravings, Echtings and Woodcuts 3, Amsterdam o. J., S. 255, Abb.; 36 : 114 cm). Die Vorlage des Malers war wohl eine Pause oder eine andere seitenverkehrte Zwischenstufe. (Vgl. z. B. die Zeichnung Nr. 7879 der Albertina; Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 16 [1965], S. 53, Abb.)
Die Tracht der Gestalten im Palast und im Garten weist auf die Entstehung der Nr. 2617 um 1560-1570 hin. Für diese Jahre sprechen auch die Komposition, die kühlen Farben und die sportlich-festen Akte. Das Kleid Bathsebas besitzt eine Bordüre von englischer Schwarzstickerei (mdl. Mitt. von Eva Zimmermann, Karlsruhe, 1975). Die Kleinodien links am Boden zeigen den Stil der Jahre um 1545-55 (briefl. Mitt. von Fritz Falk, Pforzheim, 1975).
Der Maler war ersichtlich ein Niederländer; doch über seinen Namen sind bisher nur ausschließende Urteile möglich gewesen. In den Versteigerungen 1960 und 1962 wurde Nr. 2617 irrig Lodewijk Toeput zugeschrieben. G. T. Faggin (1968) dachte an Hans Ewouts, was, wie auch R. Strong und C. van de Velde (brieflich 1974) meinten, ebenfalls auszuschließen ist. F. Winkler (brieflich 1964) und S. J. Gudlaugsson (mündlich 1964) schrieben Nr. 2617 Lucas de Heere zu, was abermals als irrig zu erweisen ist (dieser Meinung auch R. Strong und C. van de Velde, brieflich 1974). C. van de Velde (brieflich (1974) sah auch keinen unmittelbaren Zusammenhang mit Frans Floris, in dessen Nähe R. Strong und E. Schapiro (brieflich 1974) Nr. 2617 rückten. Auch Jan Massys, dem Nr. 2617 bei Frost & Reed 1961 zugeschrieben war und an den C. van de Velde (brieflich 1974) erinnerte, kommt nicht in Betracht. Die Durchsicht des einschlägigen Abbildungsmaterials im Rijksbureau voor kunsthistorische Documentatie hat zu keiner weiteren Zuschreibung ermutigt. Angesichts der frühen Anwesenheit in Chicheley Hall und der englischen Stickerei ist es denkbar, daß Nr. 2617 von einem in England tätigen Niederländer stammt und seit der Entstehung auf der Insel war. Auch R. Strong (brieflich 1974) hielt das für möglich.“
Die Nähe zu Werken des Jan Massys ist nicht von der Hand zu weisen.
Neuere Forschungen zu diesem Werk sind nicht bekannt.
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Inventing Nature – Pflanzen in der Kunst
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 24.07.-31.10.2021
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1960: Catalogue of highly important pictures by Old Masters
Christie's London
The properties of the Rt. Hon. the Earl Beatty (...) and from various sources -
1962: Catalogue of Old Masters
Sotheby's London
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1969: La pittura ad Anversa nel Cinquecento
Faggin, Giorgio T.
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1975: Neuerwerbungen 1974
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
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1984: Neuerwerbungen für die Gemäldegalerie 1972-1984
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
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1988: Ausgewählte Werke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lüdke, Dietmar; Reising, Gert; Simons-Kockel, Katrin
150 Gemälde -
2002: Tiersinnzeichen in Bildthemen mit Bathseba
Dittrich, Sigrid und Lothar
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2002: Hans Vredeman de Vries und die Renaissance im Norden
Borggrefe, Heiner (Hg.) (u. a.)
Weserrenaissance-Museum Schloß Brake, 26.05.-25.08.2002; Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen, 15.09.-08.12.2002 -
2021: Inventing Nature
Voigt, Kirsten Claudia (Hg.); Beiersdorf, Leonie (Hg.)
Pflanzen in der Kunst