In einem bühnenähnlichen Landschaftsausschnitt hat ein Liebespaar auf einer Lichtung Platz genommen. Eingerahmt wird die Szene durch eine üppige Vegetation. Die dunklen Braun- und Grüntöne bilden einen starken Kontrast zu den hell erleuchteten Figuren. Für seine Schäferszenen ließ sich Boucher von zeitgenössischen Theateraufführungen inspirieren. Besonders die Schäferdichtungen von Charles-Simon und Marie-Justine Favart waren Vorlage für amouröse Schilderungen in der Natur. Nach den Entwürfen Bouchers entstanden dreidimensionale Keramikgruppen, die in der königlichen Porzellanmanufaktur Vincennes / Sèvres hergestellt wurden. Ab 1737 arbeitete Boucher für die Pariser Oper und entwarf Bühnendekorationen und Kostüme.
Mit schnellen Pinselhieben stellt Boucher Blattwerk, Äste und Wurzeln dar. Vereinzelte, helle Akzente rhythmisieren die ansonsten düstere Umgebung. Boucher komponierte seine Landschaften im Atelier aus in der Natur gefundenen Motiven, zog Inspiration aus Werken anderer Künstler und nutzte stilisierte Naturformen. In seinen Landschaftsgemälden finden sich Verweise auf die italienische oder niederländische Bildtradition. Auch die ländliche Gegend Nordfrankreichs nutzte er als Vorlage und nahm dort vorgefundene Motive in sein Formenrepertoire auf. So lässt sich der bewaldete Hintergrund des Gemäldes keiner bestimmten Region zuordnen.
Aus einem weit geöffneten Delfinmaul spritzt ein Wasserstrahl. Zwei Putten spielen auf einem stufenartig angelegten Sockel. In einem bräunlichen Grauton zeigt Boucher im Hintergrund der Szene einen Brunnen. Parallel zu seiner Tätigkeit als Maler arbeitete er auch als Zeichner und Grafiker. Er schuf Entwürfe für Brunnenmotive, die von den Grafikern Gabriel Huquier und Pierre-Alexandre Aveline reproduziert wurden. Zahlreiche Kompositionen Bouchers sind von Putten bevölkert. Diese Kunstfiguren, die von antiken Darstellungen des Eros oder Amors abgeleitet sind, verkörpern unterschiedliche Inhalte. Während sie in christlichen Motiven Engel repräsentieren, imitieren sie in anderen Zusammenhängen Verhaltensweisen von Erwachsenen. Hier geben sie als aus Stein gemeißelte Skulpturen der Szene eine spielerische und humorvolle Note.
Mit ausgestrecktem Arm greift der Kavalier an einen Rosenbusch und pflückt für seine Angebetete eine Blüte. Dass er dabei ohne schmerzverzerrtes Gesicht zupackt, lässt vermuten, dass Boucher die spitzen Dornen der Pflanze bewusst nicht darstellt. Stattdessen zeigt er eine idealtypische Natur, in der die Blüten als Dekoration an verschiedenen Stellen platziert sind. Die am Boden liegenden Rosen scheinen aus dem gut gefüllten Korb gefallen zu sein. Am Dekolleté der schönen jungen Frau werden sie zum modischen Accessoire.
Am Ohr des jungen Mannes blitzt ein goldener Ohrring. Er veranschaulicht Bouchers Interesse an der Darstellung von zeitgenössischen Modetrends. Im Gegensatz zu den muskulösen Darstellungen männlicher Figuren der Mythologie, zeigt Boucher in dieser Schäferszene den jungen Mann als liebevollen Begleiter. Ebenso stilsicher wie seine Partnerin, ist er mit teuren Stoffen und Accessoires gekleidet. Schon Zeitgenoss*innen, wie der Schriftsteller Jean-François de Bastide bemerkten, dass sich Männer und Frauen der Pariser Elite in ihrem Aussehen angeglichen hätten, denn auch Männer trügen mit besonderer Vorliebe Rouge. Die Travestie und das Spiel mit den Geschlechterrollen wurde in den zeitgenössischen Theateraufführungen inszeniert.
Porzellanartig schimmert der helle Teint der schönen Schäferin. Auch wenn die blasse Haut bis auf das Gesicht, Dekolleté, Arme und Füße unter dem wallenden Kleid verborgen bleibt, verrät der leichte rosa Glanz auf ihren Wangen, wie genau Boucher das empfindsame Organ studierte. Besonders seine weiblichen Akte zeigen feine Abstufungen der Farbtöne der Haut. Schon früh brachten ihm die Darstellungen der weiblichen Schönheit den Ruf eines „Malers der Grazien“ ein. Das fast kindliche Gesicht der jungen Frau ist von den großen blauen Augen bestimmt, mit denen sie verträumt der Hand ihres Begleiters folgt. Der schwärmerische Ausdruck wird durch den leicht nach hinten geneigten Kopf unterstrichen.
Wie in einem Stillleben liegen neben dem Liebespaar ein drapiertes Tuch, ein Strohhut mit blauem Band und der Hirtenstab auf dem Boden. Auch die bewusst platzierten Blüten vermitteln den Eindruck von einem zeitlosen Arrangement. Der Bildtypus der Schäferszenen – die so genannten Pastoralen – speist sich aus vielen Gattungen. Landschaft, Genrebild, galante Szenerie, Antikenverweise oder stilllebenartige Elemente stehen gleichwertig neben einander. Die Motive verbinden sich in der Schäferszene zu einer Darstellung ohne eigentliche Narration: Das Thema des Bildes ist das entspannte Verweilen in der Natur. Die Landschaft könnte sowohl auf einen französischen Landschaftspark des 18. Jahrhunderts, oder doch auf einen idealtypischen Ort verweisen, wie er in der Dichtung des Altertums beschrieben wurde.
Der Name der Pastorale leitet sich von dem lateinischen Wort „pastor“ – im Deutschen Hirte – ab. Die lange Tradition der Darstellung von Hirtenszenen hat ihren Ursprung in der Hirtendichtung, der so genannten bukolischen Poesie, des griechischen Dichters Theokrit und den späteren Adaptionen Vergils. Typisch für die Szenen des einfachen Lebens ist die Anwesenheit von Hirtentieren. Auch in Bouchers Darstellung liegt dicht neben dem Liebespaar ein Schaf. Doch die beiden lassen sich weder von dessen Nähe noch von eventuell störenden Gerüchen in ihrer trauten Zweisamkeiten ablenken. Das einzelne Schaf dient lediglich als Staffagefigur, als schmückendes Beiwerk der Inszenierung einer ländlichen Idylle.
Fast provokant streckt der junge Schäfer seinen nackten Fuß in Richtung der Betrachter*innen. Im Gegensatz zu den edlen Stoffen ihrer Kleider, tragen er und seine Begleiterin keine Schuhe. Das soll zwar unterstreichen, dass es sich hier um naturnahe Schäfer und Schäferin handelt, doch wirkt die Nacktheit der Füße unpassend: Ihre Garderobe lässt einen anderen sozialen Status erahnen. Es könnte sich also um eine Maskerade handeln. Auch Zeitgenoss*innen kritisierten bereits die Künstlichkeit der Schäferszenen Bouchers. So rief der Kunstkritiker Denis Diderot in seinen Beschreibungen des Pariser Salons von 1765 empört „Werde ich denn niemals diesen schrecklichen Pastoralen entkommen?“.
Markgräfin Karolin Luise von Baden erwarb beide Schäferszenen Bouchers 1760. Sie hatte die Gemälde über den Kaufmann Jean-Henri Eberts bestellt, der als Vermittler für sie in Paris agierte. Die erste so genannte Pastorale erreichte die Markgräfin im Mai 1760, die zweite Anfang Juni desselben Jahres. In einem Brief an Eberts drückt sie ihre Begeisterung aus: „Ich war hochzufrieden über die erste [Pastorale], aber diese übertrifft sie noch. Sie ist frisch, wunderbar und von ausgezeichneter Farbigkeit. Danken Sie Mr. Boucher in meinem Namen und sagen Sie ihm bitte, dass er mein Cabinet mit seinen schönen Arbeiten wirklich bereichert.“
Zwei Rötelzeichnungen nach den beiden Gemälden aus der Sammlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe könnten von der Hand der Markgräfin entstanden sein. Sie zeichnete selbst und kopierte vielfach Werke, die sie für ihr Kabinett erworben hatte.
An einem seidenen blauen Band führt die Schäferin ihren Hund wie an einer Leine. Der kleine Zwergspaniel, der sie mit treuem Blick anschaut, ist wohl eher ein Spielgefährte als ein Beschützer. Aus dem Briefwechsel mit ihrem Agenten Jean-Henri Eberts geht hervor, dass Markgräfin Karolin Luise vor allem an der Darstellung von Tieren interessiert war. Daneben sollten die Gemälde auch Figuren, Blumen und Bäche enthalten – alles Motive einer typischen Schäferszene. Die beiden von ihrem Agenten als „Meisterwerke“ gelobten Bilder Bouchers erwarb die Markgräfin für je 600 Livre. Trotz dieser hohen Summe gibt die Rechnung einen Hinweis darauf, dass eines der beiden Pendants ohne Firnis – der Schutzschicht des Gemäldes – nach Karlsruhe gelangte: ein Fläschchen mit der Flüssigkeit war der Lieferung beigelegt.
„Das Werk wird eine kleine Zusammenstellung aus Anmut, Zärtlichkeit, Erfindungsgabe und Geschmack […] sein.“ – so kündigte der Kunsthändler Jean-Henri Eberts die beiden Gemälde Bouchers in einem Brief an die Auftraggeberin Markgräfin Karolin Luise an. Dennoch zeigt die Schäferszene keine Handlung im eigentlichen Sinne, sondern ist eine fiktive Darstellung zweier Liebender in der Natur. Die Geste des blumenpflückenden Jünglings und die angeschmiegte Körperhaltung seiner Begleiterin ist eine Huldigung der Liebe. Die Schäferszenen als poetische Maskeraden spielten mit Halbwahrheiten, die in dem scheinbar harmlosen Beisammensein auch eine erotische Lesart zulässt.
Die hellen Farbtöne des Kleides der Schäferin zeigen eine besondere Leichtigkeit und demonstrieren wie sehr es Boucher verstand, verschiedene Materialeigenschaften zu imitieren. Die üppigen Raffungen und Faltenschwünge des Stoffes kreieren Dynamik und erinnern an die typischerweise Muscheln innewohnenden Drehungen. Sie prägten das asymmetrische Rocailleornament, das dem Rokoko seinen Namen gab. Boucher besaß auch eine umfangreiche Sammlung an Naturalien. Er ließ sich wohl von den Formen der Schalenweichtiere inspirieren. Sie bilden häufig das kompositorische Grundgerüst seiner Darstellungen.