
Bildnis des Ulrich Varnbüler
Von Mitteln und Mittlern
0:00
0:00
Mediale Reichweite
Dieses monumentale Blatt ist ein besonderes Zeugnis der gekonnten Nutzung medialer Möglichkeiten. Es ist Beispiel eines bewussten Medienwechsels. Und Dokument der langanhaltenden Verehrung eines Künstlers.
Schrift als mediale Unterstützung
Zu sehen ist der Schweizer Jurist Ulrich Varnbüler, ein Zeitgenosse und Freund Albrecht Dürers. In welcher Absicht dieser das eindrückliche Gesicht des Weggefährten festhielt, darüber klären die Inschriften auf: Er wolle mit dem Bild den geliebten Freund ehren und ihn der Nachwelt bekanntmachen. Als unterstützendes Kommunikationsmittel macht die Schrift zudem schlicht die Identifizierung des Portraitierten möglich, da dessen Name wie eine Überschrift über ihm prangt.
Medienwechsel
Zunächst fertigte Dürer eine Zeichnung an, die heute in der Albertina in Wien aufbewahrt wird. Jenes Medium erlaubte es dem Künstler, mit Kreide und Silberstift in konzentrierten Linien und raschen Schraffuren das Wesentliche direkt aufs Papier zu bringen, auch kleine Korrekturen vorzunehmen. Geriffelte Übertragungslinien auf der Zeichnung zeigen aber an, dass die Darstellung bereits für den Medienwechsel gedacht war. Als Ziel wählte der Künstler nicht etwa ein Ölgemälde, wie bei einem repräsentativen Portrait zu erwarten. Ein Beispiel für die üblichere Form ist Hans Burgkmairs Portrait des Humanisten Sebastian Brant.
Dürer entschied sich für den Holzschnitt, eine druckgraphische Technik also. Unter dem Begriff Druckgraphik zusammengefasst, lösten Holzschnitt, Kupferstich, Buchdruck, effiziente Papierfertigung und vieles mehr um 1500 eine mediengeschichtliche Revolution aus – vergleichbar in ihrer Wichtigkeit vielleicht höchstens mit der Digitalisierung. Fragen von Vervielfältigung und Reproduzierbarkeit, von Reichweite und Nutzbarmachung von Kunstwerken wurden völlig neu gestellt. Künstler wie Dürer fanden die entsprechenden Antworten.
Vielfältige Funktionen
Mit Portraits wie diesem wurden durch die Möglichkeiten der Druckgraphik Protagonisten des Humanismus aus verschiedensten Disziplinen einem breiten Publikum bekanntgemacht. Um nur die Hauptfunktionen eines solchen sicher in hoher Auflage gedruckten Bildes zu nennen: Es war Gedächtnisbild, Freundschaftsgabe, Netzwerkpflege und Werbemaßnahme – für den Künstler wie für den Portraitierten.
Die mediale Reise geht weiter
Doch die mediale Reise dieses Bildes war 1522, als Dürer den Holzschnitt schuf, noch nicht zu Ende. Rund 100 Jahre später war der Holzstock, also die Druckplatte, noch immer intakt und hatte das Dürer’sche Urbild in die Zeit des Barock gerettet. Der niederländische Verleger Willem Janssen ließ zwei weitere Bildstöcke anfertigen. Mit ihnen wurde Dürers Werk zu einem dreifarbigen Hell-Dunkel-Holzschnitt weiterentwickelt – von dem Sie hier einen der seltenen Abzüge sehen. Zu den mannigfaltigen Funktionen des ursprünglichen Mediums kamen durch die Aneignung und Variation Janssens weitere hinzu: Künstlerverehrung, Verlängerung von Dürers Einfluss in der Druckgraphik, Verbreitung der Kenntnis des humanistischen Portraits und das Bekanntmachen druckgraphischer Ausdrucksmöglichkeiten.
Touren zu diesem Werk

Von Mitteln und Mittlern
Daten und Fakten
Titel | Bildnis des Ulrich Varnbüler |
---|---|
Künstler*in | Albrecht Dürer |
Drucker*in | Willem Janssen (1620) |
Entstehungszeit | 1522/ um 1620 |
Inventarnummer | 2014-1 |
Maße Blatt | H 43,4 cm B 33,3 cm |
Material | Büttenpapier |
Technik | Clair-obscur-Holzschnitt |
Gattung | Holzschnitt |
Abteilung | Kupferstichkabinett |
-
Kunsthalle@ZKM. Ein neuer Blick auf die Sammlung
Highlight-Präsentation ZKM 29.04.2023 - 01.09.2023
-
1808: Le peintre graveur
Adam von Bartsch
-
1932: Dürer-Katalog
J. Meder
Ein Handbuch über Albrecht Dürers Stiche, Radierungen, Holzschnitte, deren Zustände, Ausgaben und Wasserzeichen. -
2002: Albrecht Dürer - das druckgraphische Werk
Rainer Schoch; Matthias Mende; Anna Scherbaum
Holzschnitte und Holzschnittfolgen -
2015: Erwerbungsbericht
Schäfer, Dorit