
Trauer
Beschreibung
Das Gemälde steht am Beginn einer Reihe von Arbeiten des französischen Malers Charles Cottet über Trauer. Leise und feinsinnig erzählt es von dem Schicksalsschlag, den eine Mutter und ihre noch junge Tochter durchstehen. Beide sind in sich gekehrt, still, ohne Blickkontakt, aber ihre Nähe zueinander ist spürbar. Cottet hat die Frauen in ihrer schwarzen bretonischen Tracht kompakt als Dreiecksform arrangiert. Das Taschentuch setzt einen kleinen hellen Akzent. Die Szene öffnet sich zur Küste, wo Fischerboote im ruhigen Wasser fahren. Der Himmel ist verhangen, die Nacht senkt sich. Der Ehemann und Vater kehrt offenbar nicht zurück. Die Gewässer des französischen Finistère, wo das Bild entstand, galten tatsächlich als gefährlich und wurden vielen Fischern zum Grab.
Cottet hat weniger das Bild einer konkreten Familie als vielmehr ein allgemeines Sinnbild für Verlust geschaffen. Fischer ziehen Generation für Generation aufs Meer, das Gefahren birgt und doch wirtschaftlich essenziell ist. Die beiden Bildebenen – die trauernden Frauen und die weite Küstenlandschaft – greifen zentrale Themen auf: Tod, Leben, Zuneigung, Einsamkeit, Drastik, aber auch Stärke und Gefasstheit. Religiöser Trost oder gar Erlösung spielen keine Rolle, das Diesseits steht im Fokus. Die dunklen Töne des Gemäldes sind nicht nur dem Thema geschuldet, sondern durchaus typisch für Cottet, der sich zeitweilig der Künstlergruppe der »Nabis« angeschlossen hatte. Deren Farbpalette war dunkler als diejenige der Impressionisten.
Unter dem Titel Trauer – Sonnenuntergang im Seehafen wurde das Gemälde 1902, zehn Jahre nach seiner Entstehung, in Karlsruhe ausgestellt. Anlass war die Jubiläumsausstellung zum 50. Thronjubiläum von Großherzog Friedrich von Baden. Die Schau umfasste zeitgenössische Kunst aus Deutschland, Belgien, England und Frankreich. Ein eigens errichteter Pavillon beherbergte Werke verschiedener Gattungen, wobei badische Künstler fast ein Drittel des Raums einnahmen. Die Auswahl der Werke lag beim Zentralkomitee unter Leitung von Ludwig Dill und Hans Thoma, damals Direktor der Großherzoglichen Galerie. Thoma, der selbst um seine 1901 verstorbene Frau Cella trauerte, erwarb Cottets symbolistisches Gemälde für die Sammlung der Großherzoglichen Galerie für 3.000 Mark. Es gehört zu den wenigen französischen Werken, die während seiner Amtszeit gekauft wurden.
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Hans Thoma the museum director

Hans Thoma als Museumsdirektor
Daten und Fakten
Titel | Trauer |
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Künstler*in | Charles Cottet (1863) |
Entstehungszeit | 1892 |
Inventarnummer | 992 |
Maße Bildträger | H 72,0 cm B 91,0 cm |
Maße Rahmen | H 87,5 cm B 106,7 cm T 6,0 cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
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Jubiläums-Kunst-Ausstellung
1902, S. 70
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Hans Thoma - Ein Maler als Museumsdirektor
Studioausstellung ZKM 14.09.2024 - 02.02.2025
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1971: Katalog Neuere Meister
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Bearb.: Lauts, Jan
19. und 20. Jahrhundert -
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