Palazzo della civiltà italiana
Beschreibung
Günther Förgs Aufnahmen von Bauten des italienischen Faschismus entstanden in den 1980er-Jahren im Kontext einer fotografischen Recherche zur Architektur des beginnenden 20. Jahrhunderts und wurden 1995 unter anderem in der Griffelkunst ediert. Förg befasste sich in jenen Jahren mit der Architektur der Moderne – buchstäblich mit ihren Licht- und Schattenseiten. Der Palazzo della Civiltà Italiana (Palast der italienischen Zivilisation) in Rom gilt als Inbegriff faschistischen Bauens in Italien. Er sollte das Herzstück für die 1942 geplante Weltausstellung darstellen. Bis heute prangen Zitate aus einer Rede Benito Mussolinis vom 2. Oktober 1935 an der Fassade des Gebäudes, das mittlerweile Firmensitz einer großen italienischen Modemarke ist.
Die teils körnigen, teils dunkel verschatteten, ja düsteren Aufnahmen umgeben die Gebäude mitunter mit einer Aura des Unheimlichen – die entfernt an Atmosphären in Werken Giorgio de Chiricos erinnert. Förgs Perspektive auf die Bauten ist bewusst subjektiv und ausschnitthaft gewählt. Die Fotografien betonen häufig die monumentale Rigidität der Entwürfe oder auch Strategien der Überwältigung. Viele dieser Gebäude zeugen von den Ideen des Rationalismus, des Internationalen Stils, aber eben auch von der politischen Instrumentalisierung von Architektur und Stadtplanung für propagandistische Zwecke.
Italienischer Rationalismus in Schwarz-Weiß
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In den 1980er Jahren begann Günther Förg mit seiner fotografischen Recherche zur Architektur der Moderne. Auf seinen Reisen fotografierte er in verschiedenen Ländern Gebäude von Architekten, die sich Ideen einer funktionalistischen, geradlinigen Bauweise geöffnet hatten.
Aus der Auseinandersetzung mit dieser Architektur ging auch eine Reihe von Bildern von Bauwerken des italienischen Rationalismus und Faschismus hervor: Ansichten des Palazzo dei Congressi, der Villa Malaparte auf Capri, der Colonia Marina di Chiavari, des Lingotto, einer Innenansicht des Fiat-Werks in Turin, des Palazzo della civiltà italiana und der Casa del Fascio in Como, die in der Ausstellung in wechselnder Hängung zu sehen sind.
Eine ganz besondere Atmosphäre
Menschenleer, düster, kontrastreich, teils körnig – oft dunkel verschattet und immer aus einer bewusst subjektiven Perspektive aufgenommen. Die Gebäude erscheinen nicht glorifiziert, sondern als Zeugen einer dunklen Vergangenheit. Sie regen dazu an, über die Ästhetik und die ursprünglichen Funktionen dieser Bauten nachzudenken.
»una casa come me: triste, dura, severa«
Der römische Palazzo della civiltà italiana, der »Palast der italienischen Zivilisation« gilt zum Beispiel als Inbegriff faschistischen Bauens in Italien. Er wurde zur Weltausstellung 1942 entworfen, die den Faschisten Gelegenheit bieten sollte, das 20-jährige Jubiläum der faschistischen Machtergreifung zu feiern. Die Weltausstellung fand nicht statt, denn mittlerweile wurde in Europa der Zweite Weltkrieg ausgetragen.
Die zahlreichen Rundbögen geben dem Gebäude den Namen »Quadratisches Kolosseum« und verweisen auf die einstige Größe des römischen Reichs und seine kulturprägenden architektonischen Leistungen. Bis heute ist ein Zitat von Benito Mussolini an der Fassade des Gebäudes zu lesen, das mittlerweile den Hauptsitz einer großen italienischen Mode-Marke gemietet wurde.
Die Villa Malaparte – ein anderes Werk dieser Serie – wurde für den Schriftsteller Curzio Malaparte gebaut, der von einem Haus träumte, das so »traurig, hart und streng« sein sollte wie er selbst .
Politische Dimension der Architektur
Förg hob mit dieser Bildserie in den 1990er Jahren vergleichsweise früh und hellsichtig die Schattenseiten einer von Faschismus und Totalitarismus vereinnahmten Moderne ins Bewusstsein und verwies auf die Notwendigkeit einer Reflexion über die Bauten dieser Zeit. Deren Geschichte wird in Italien bis heute kaum problematisiert oder bewusst verdrängt. Angesichts des Erstarkens rechtspopulistisch-konservativer Bewegungen sind diese Fotografien auch gut 30 Jahre später höchst aktuell.
Daten und Fakten
| Titel | Palazzo della civiltà italiana |
|---|---|
| Künstler*in | Günther Förg |
| Entstehungszeit | 1995 |
| Inventarnummer | 1997-71 |
| Maße Darstellung | H 55,5 cm B 38,6 cm |
| Material | Papier |
| Technik | Fotografie |
| Gattung | Fotografie |
| Abteilung | Kupferstichkabinett |