Bildnis des Marschalls Charles-Auguste de Matignon
Beschreibung
In herrschaftlicher Pose steht Marschall Charles-Auguste de Matignon (1647–1729) lebensgroß vor dem Betrachter. Das Gemälde stammt von der Hand des berühmten Porträtmalers König Ludwigs XIV., Hyacinthe Rigaud.
In dieser Darstellung sind Porträt und historisches Ereignis verbunden: Der Heerführer weist mit der rechten Hand, in der er den lilienbesetzten Marschallstab hält, auf die Schlacht im Hintergrund, aus der er siegreich hervorgegangen war und die ihm den Titel eines Marschalls eingebracht hatte. Doch ist es nicht das Ziel des Gemäldes, die historischen Ereignisse realistisch wiederzugeben, sondern den Porträtierten zu inszenieren. Dies gelingt dem Maler durch eine besondere Lichtregie: Vor dem düsteren Himmel und der schattigen Umgebung tritt die Gestalt des bis zum Knie gezeigten Matignon besonders eindrucksvoll hervor. Obgleich der Mond von einer schwarzen Wolke verborgen ist, sind wesentliche Elemente – die kämpfenden Reiter im Hintergrund, das Gesicht und die Hände des Marschalls, sein glänzender Harnisch und die silbern schimmernde Schärpe – in helles Licht getaucht. Auch wenn es zu Beginn des 18. Jahrhundert nicht üblich war, dieses militärische Rangabzeichen, die Allongeperücke oder den schweren Harnisch zu einem bevorstehenden Kampf zu tragen, gehörten diese Attribute zu den Darstellungskonventionen eines solch repräsentativen Bildnisses.
Die Qualität von Rigauds Malweise zeigt sich in der Beschränkung auf wenige Farben und in der Ausführung der Details. So sind die Locken der voluminösen Perücke schwungvoll gelegt, der weiße Spitzenkragen ist detailliert wiedergegeben und der aufwendige Faltenwurf der Schärpe schimmert seidig. Vor allem die Wiedergabe der rechten Hand mit feinen blauen Äderchen und des Gesichts mit den stechend blauen Augen, zeugen von der hohen Porträtkunst Hyacinthe Rigauds.
Daten und Fakten
Titel | Bildnis des Marschalls Charles-Auguste de Matignon |
---|---|
Künstler*in | Hyacinthe Rigaud |
Entstehungszeit | um 1708 |
Inventarnummer | 2580 |
Maße Bildträger | H 147cm B 113cm |
Maße Rahmen | H 180.5cm B 148cm T 13.5cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Porträt |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
Hyacinthe Rigaud beschäftigte in seinem Atelier zahlreiche Maler. Einzelne Elemente wie Draperien oder Blumen wurden von Künstlern angefertigt, die sich auf diese Gebiete spezialisiert hatten.
Jan Lauts, Slg. Kat. Karlsruhe 1973, S. 58-59: „Die Identifizierung des Dargestellten mit der oben genannten Persönlichkeit [Charles Auguste Goyon de Matignon, Comte de Gacé, 1647-1729; Anm. d. Bearb.], auf alter Familientradition beruhend, erfährt eine Art indirekter Unterstützung dadurch, daß Victor Schnetz (1787-1870) in einem vermutlich während der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts für die Serie französischer Marschälle bestimmten Gemälde des Museums zu Versailles offensichtlich das vorliegende Werk (allenfalls eine bisher nicht bekannt gewordene Replik) als Vorbild benutzt hat; Partien, in denen Schnetz von seiner Vorlage abwich oder die er dort nicht fand (etwa Unterschenkel und Füße, Haltung des ausgestreckten rechten Armes, herabfallender Teil der weißen Schärpe, Hintergrund usw.), sind künstlerisch wenig überzeugend bzw. anderen Bildern Rigauds nachempfunden (das Gemälde von Schnetz im Stich reproduziert durch J. M. Fontaine (1791-1853); vgl. H. W. Singer, Allgemeiner Bildniskatalog VIII, S. 205, 20019/61431).
In Rigauds „Livre de Raison“ (herausg. v. J. Roman, Paris 1919) werden mehrere Bildnisse des Maréchal de Matignon aufgeführt: das erste läßt sich aus einer Kopie des Jahres 1709 erschließen („Coppies de l’année 1709: „Une en grand de Mr. le Ml. de Matignon“, Roman, S. 147), müßte demnach 1708 oder 1709 entstanden sein, nachdem der Dargestellte zum Maréchal de France ernannt worden war. Eine zweite, 1714 genannte Kopie („Une coppie en grand de Monsieur de Matignon“) bezeichnet den Dargestellten nicht als Marschall, könnte sich daher auch auf den Sohn beziehen. Unter den Originalporträts des Jahres 1715 wird noch einmal ein „Mr. le Mal. de Matignon“ aufgeführt. Nach Tracht und Perücke des Dargestellten könnte Nr. 2580 sowohl 1708 als auch 1715 entstanden sein.
Wie es im Atelier Rigauds üblich war, hat wohl einer der spezialisierten Gehilfen die Schlachtszene im Hintergrund ausgeführt. Joseph Parrocel, der von Rigaud für solche Aufgaben vielfach herangezogen wurde und an dessen Stil die Malerei erinnert, kommt hierfür nicht in Frage, da er bereits 1704 gestorben ist. Demnach handelt es sich wohl um einen anonym gebliebenen Mitarbeiter in der Art Joseph Parrocels (so auch A. Schnapper, frdl. briefl. Mitt. 20.3.1969).“
Ein weiteres Porträt des Dargestellten hatte Hyacinthe Rigaud bereits 1691 ausgeführt (nicht mehr nachweisbar, James-Sarazin 2016 Nr. *P.241). Das von Jan Lauts erwähnte Porträt von 1715 identifiziert Ariane James-Sarazin mit einem ehemals auf Schloss Torigni-sur-Vire (Normandie) aufbewahrtem Gemälde mit abweichender Komposition (1944 verbrannt, James-Sarazin 2016 Nr. P.1285).
Haltung und Rüstung des Dargestellten sowie die im Hintergrund abgebildete Landschaft mit Schlachtenszene gehen auf ein 1693 entstandenes Porträt des François Henri de Montmorency-Bouteville, Duc de Piney-Luxembourg, von Rigaud zurück, welches nur durch einen 1694 datierten Kupferstich von Cornelis Vermeulen überliefert ist (James-Sarazin 2016 Nr. *P.354).
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Deftig Barock. Von Cattelan bis Zurbaran - Manifeste des prekär Vitalen
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1905: Les Portraits des Matignon-Grimaldi et le château de Torigni-sur-Vire
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1969: Neuerwerbungen 1968
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1969: Chronique des Arts [Erwerbungsanzeige]
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1969: Bedeutende Werke Rigauds für Karlsruhe
[o. A.]
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1971: Französische Bildnisse des 17. und 18. Jahrhunderts
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2004: Hyacinthe Rigaud 1659-1743
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2006: After the Revolution
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