Lockere Gesellschaft
Beschreibung
Der wohl in Hemiksem bei Antwerpen geborene Maler zählt zu den frühen „Romanisten“, einer Gruppe niederländischer Maler in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, die sich an italienischen Figurendarstellungen orientierten. Die Karlsruher Bordellszene, die Jan van Hemessen um 1540 malte, ist ein Hauptwerk der frühen Genremalerei.
Im Vordergrund einer weiträumigen Gaststube sind ein Mann und zwei Frauen zu sehen, die in einer eigentümlichen und ausdrucksstarken Konversation begriffen sind: Während der ältliche Mann mit verstörtem Gesichtsausdruck und abwehrender Hand den Tisch verlassen will, versucht ein hübsches junges Mädchen ihn aufzuhalten. Schmeichelnd umfasst sie seine Schulter und bietet ihm ein Weinglas und ein Kartenspiel an. Daneben hebt eine hässliche alte Frau auffordernd ihre geöffnete Weinkanne in die Höhe und neigt sich mit entblößter Schulter lachend zu ihm hin. Im Hintergrund betritt links ein fremdländisch gekleideter Seemann das Wirtshaus, das durch den Vogelbauer als Bordell gekennzeichnet ist. Rechts bewirten vier Frauen einen jungen Mann neben einem Himmelbett – eine stiehlt ihm Geld aus der Tasche, während eine andere ihm ein gepelltes Ei hinhält und damit auf eine Redensart anspielt, die in etwa „das Fell über die Ohren ziehen“ bedeutet.
Es scheint, als würde sich der Mann im Vordergrund voll Reue an seine üblen Erfahrungen in jungen Jahren erinnern, die in den Hintergrundszenen aufscheinen und die er keinesfalls wiederholen möchte. Das Gemälde hat daher eine moralisierende Botschaft und fordert den Betrachter auf, sich von übermäßigem Trunk, unkeuscher Liebe, Völlerei und Spiel fernzuhalten.
Die Malerei ist gekennzeichnet durch eine überaus feine Ausführung und gilt als ein Hauptwerk Jan van Hemessens. Die Zuschreibung der Szenen im Hintergrund ist nicht geklärt – vielleicht arbeitete der Künstler mit einem Kollegen zusammen, der ein wichtiger Wegbereiter der Kunst Pieter Bruegels d. Ä. war.
Das Gemälde stammt aus altem markgräflichen Besitz und wird bereits 1688 im Inventar der Durlacher Karlsburg erwähnt.
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Das Werk im Kunstsnack
Episode 8: Von Vögeln und Verführung – Lockere Gesellschaft von Jan van Hemessen
In dieser Kunstsnack-Folge geht es um Jan van Hemessens Gemälde Lockere Gesellschaft, das harmlos wirkt, aber voller Symbole und versteckter Botschaften ist. Die Episode thematisiert Vögel, Verführung, Redewendungen, Barbershops und Comics. Außerdem wird die besondere Verbindung zwischen Vorder- und Hintergrund des Bildes erklärt und warum es ein wichtiges historisches Zeugnis ist.
Touren zu diesem Werk
Kunsthalle x Jakob Schwerdtfeger
Highlights
Daten und Fakten
| Titel | Lockere Gesellschaft |
|---|---|
| Künstler*in | Jan van Hemessen |
| Entstehungszeit | um 1540 |
| Inventarnummer | 152 |
| Epoche | Renaissance |
| Maße Bildträger | H 83,0 cm B 111,5 cm |
| Maße Rahmen | H 103,5 cm B 132,0 cm T 11,0 cm |
| Material | Eichenholz |
| Technik | Öltempera |
| Genre | Genre |
| Gattung | Gemälde |
| Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
Dietrich Schubert (1970) sprach sich ebenfalls für den Braunschweiger Monogrammisten als Mitarbeiter Hemessens bei den Hintergrundszenen aus, er hielt sogar die Ausführung des gesamten Gemäldes durch den anonymen Künstler für möglich.
Sowohl Mary Braman Buchan (1975/1983) als auch Burr Wallen (1976/1982 und 1983) verwiesen auf die Verwandtschaft der Hintergrundfiguren in Werken Hemessens der 1530er Jahre, darunter auch die Karlsruher Tafel, mit den Figuren des Budapester Gemäldes „Die Apostel Paulus und Barnabas in Lystra“ (Szépművészeti Múzeum, Inv. 4315). Während Burr Wallen die Identifizierung mit dem Braunschweiger Monogrammisten zurückwies und den unbekannten Meister mit Jan Swart van Groningen gleichsetzte, ließ Mary Braman Buchan die Identität des Künstlers offen. Josua Bruyn (1985), der eine Identifizierung mit Jan Mandijn vorschlug, Nicole Dacos (1999), Karolien de Clippel (2011) und Matthias Ubl (2014 und 2021) folgten der These, dass der heute so genannte Meister von Paulus und Barnabas ab der Mitte der 1530er Jahre im Atelier Hemessens tätig gewesen sein muss.
Eine seitenrichtige Kopie von Inv. 152 wurde 2010 in Wien zum Verkauf angeboten (Dorotheum, Alte Meister, I. Teil, 13.10.2010, Lot 312, Öl/Holz, 84 x 114 cm). Eine weitere Kopie, bei der die Bildhälften vertauscht wiedergegeben sind und die Hintergrundszene an der Eingangstür fehlt, wurde zuletzt 2013 in London versteigert (Christie's South Kensington, Old Masters & British Paintings, 31.10.2013, Lot 16, Öl/Leinwand, 90,9 x 112,4 cm). Zu klären bleibt, ob diese Gemälde mit den beiden von Schubert (1970) und Wallen (1976) genannten Kopien aus Versteigerungen bei Christie’s London (13.07.1928) und der Galerie Fievez, Brüssel (08.06.1931, Lot 50) identisch sind.
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1977: The Calling of Saint Matthew in Sixteenth-Century Flemish Painting
Vlam, Grace A. H.
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1982: Hemessen
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1983: The Paintings of Pieter Aertsen
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1983: Jan van Hemessen
Wallen, Burr
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1989: Reihe "museum"
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1990: L'intégration de motifs de Raphael et de Michel-Ange dans l’oeuvre du monogrammiste de Brunswick
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1992: Shimintachi no garō: Jūshichiseiki IV [Gallery of the wealth: 17th century IV]
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2005: The Young Gentry at Play
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2005: Verhalen uit kamer, keuken en kroeg
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2011: Frans Hals: Style and Substance
Liedtke, Walter
The Metropolitan Museum of Art, New York, 26.07.-10.10.2011 -
2011: Hemessen, Jan Sanders van
Clippel, Karolien de
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2014: Hurenbilder
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2014: Der Braunschweiger Monogrammist
Ubl, Matthias
Wegbereiter der niederländischen Genremalerei vor Bruegel -
2015: Das kunsttheoretische Bordell
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2020: François Boucher
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Beekman, Maartje (Hg.); Gulick, Rosalie van (Hg.)
CODART Canon