Gräber zwischen Kirchenruine
Beschreibung
Otto Dix meldete sich im Ersten Weltkrieg freiwillig für den Kriegsdienst. 1914 wurde er in Bautzen zum Maschinengewehrschützen ausgebildet. In dieser Zeit zeichnete er die Ruine der Nikolaikirche, die im 15. Jahrhundert dort erbaut wurde. Auf der strategisch gut gelegenen Kirche wurde eine Geschütz-Batterie installiert, da ihr Gewölbe bereits seit dem Dreißigjährigen Krieg freilag. Einige Teile des Kirchhofs wurden zudem als Schanzen ausgebaut und dienten ebenfalls der Stadtbefestigung.
Otto Dix schuf in seiner Zeit in Bautzen insgesamt neun Kreidezeichnungen, die sich insbesondere auf die nähere Umgebung konzentrieren. Ihn interessierten die Auswirkungen des Krieges auf Landschaft und Architektur stärker als die Darstellung von Menschen. Durch einen Gurtbogen, der fast die gesamte Breite des Blattes einnimmt, sind die Ruine der Kirche mit ehemaligem Chor, der mit einer polygonalen Apsis abschließt, und Gräber zu sehen. Der Gurtbogen und die Spitzbogenfenster im Hintergrund verleihen der Zeichnung eine starke vertikale Tendenz. Dix akzentuiert durch seinen Zeichenstil die Form und Besonderheiten der Kirche. Vom Gotteshaus sind lediglich die Außenwände mit gotischen Fenstern erhalten. Dix' Darstellung haftet nichts Tröstliches an. Tod und Zerstörung bleiben allgegenwärtig.
Der Krieg schafft tote Räume
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Die eindrucksvolle Kreidezeichnung Gräber zwischen Kirchenruinen entstand während des Ersten Weltkriegs. Otto Dix, selbst Soldat, verarbeitet in diesem Werk seine Erlebnisse in Bautzen, wo er für den Dienst an der Front ausgebildet wurde.
Die Zeichnung offenbart ein Bild der Zerstörung, dominiert von der Ruine der 500 Jahre alten Nikolaikirche. Im 17. Jahrhundert wurde sie zu einem Schauplatz von Verteidigungskämpfen, da man im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges das Dach abgetragen hatte, um auf den sodann freiliegenden Gewölben eine Geschütz-Batterie zu installieren.
Der dominante, windschiefe Gurtbogen gibt den Blick auf die Außenwand mit ihren spitzbogigen Fenstern frei und rahmt die Komposition. Zwischen den Trümmern sind ungeordnete Grabsteine und Kreuze zu erkennen, die von der Vergänglichkeit des Lebens zeugen. Die Kirche liegt in Trümmern – weder das physische Gebäude noch der Glaube vermögen hier mehr Schutz zu bieten. Und auch der Friedhof scheint kein wirklich friedlicher, sondern ein chaotischer und zerstörter Ort.
Gräber zwischen Kirchenruinen zeigt die tiefe Verunsicherung des Künstlers angesichts seines bevorstehenden Einsatzes an der Front. Die Ruine an sich ist ein Mahnmal gegen den Krieg, das Dix expressiv, nervös und wie ein Menetekel auf Papier festhält.
Daten und Fakten
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Unsere Moderne
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 29.04.-03.10.11 (ausgestellt bis 31.7.11)
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Zerschossene Illusionen. Beckmann, Heckel, Dix und der Erste Weltkrieg
Kabinettausstellung in der Orangerie 09.05.-03.08.2014
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1966: Erwerbungsbericht 1965