Maria Katharina Prestel, geb. Höll (1747–1794)
Maria Katharina Prestel zählt zu den international erfolgreichen Künstlerinnen des 18. Jahrhunderts. Für ihre Karriere als Reproduktionsgrafikerin verließ sie sogar ihre Familie. Damit brach sie mit den traditionellen Geschlechterrollen ihrer Zeit.
Aufgewachsen in Nürnberg als Tochter eines Kaufmanns, erhielt Maria Katharina eine grundlegende Ausbildung im Zeichnen, wie es für Mädchen aus bürgerlichen Verhältnissen damals üblich war. Ihre künstlerischen Fähigkeiten vertiefte sie autodidaktisch weiter, bis sie 1769 Schülerin des Malers und Kupferstechers Johann Gottlieb Prestel wurde, den sie drei Jahre später heiratete. Seine technische und künstlerische Expertise prägte ihre Entwicklung entscheidend und ebnete ihr den Weg zu einer beruflichen Laufbahn als Künstlerin – ein außergewöhnlicher Schritt für eine Frau ihrer Zeit.
Auch nach ihrer Heirat mit Johann Gottlieb Prestel und der Geburt ihrer vier Kinder blieb Maria Katharina künstlerisch aktiv. Die Zusammenarbeit des Paares war von einer gleichberechtigten Partnerschaft geprägt. Gemeinsam betrieben sie eine Grafikwerkstatt. Sie experimentierten erfolgreich mit der erst kurz zuvor erfundenen Aquatinta-Technik und können heute als Pioniere auf diesem Gebiet angesehen werden.
Dass beide auf Augenhöhe arbeiteten und künstlerisch wie technisch gleichberechtigt zum Erfolg ihrer Werkstatt beitrugen, zeigen ihre Druckgrafiken nach Vorlagen großer Meister. Maria Katharina war nicht nur die unterstützende Kraft hinter ihrem Mann, sie hatte wesentlichen Anteil an der künstlerischen und technischen Entwicklung der „Prestelmanier“.
Zeitgenossen lobten sie für ihren Fleiß und ihre künstlerische Qualität.
Der Kunsthistoriker Heinrich Hüsgen (1745-1807) schrieb anerkennend über sie:
„[…] ja ich kann ihr das Zeugnis geben, daß sie unter ihrem Geschlecht eine höchst seltene Rolle spielt, und in Kunstgeschichtlichkeit und anhaltendem Fleiß ihres Gleichens zu suchen alle Ursache hat […].“
Als der wirtschaftliche Erfolg der Familie Prestel ausblieb, traf Maria Katharina 1786 eine mutige Entscheidung: Sie zog nach London, um dort als Reproduktionsgrafikerin zu arbeiten. Ihre Druckgrafiken wurden in den renommierten Verlagshäusern Torre&Co., John Boydell sowie Molteno Colnaghi veröffentlicht und erzielten hohe Preise.
Drei Jahre nach ihrem Umzug nach London holte Maria Katharina Prestel ihre jüngsten Kinder, Ursula Magdalena (12) und Michael Gottlieb (10), zu sich. Trotz der Herausforderungen eines Lebens in der Fremde gelang es ihr auch dort, ihre Rollen als Mutter und Künstlerin miteinander zu vereinbaren, wie der Kunsthistoriker Heinrich Hüsgen bemerkte:
„Seither einem Jahr hat sie die Kinder mit ihrem Mann getheilt, und die zwey jüngsten zu sich kommen lassen, in deren Mitte sie nun wieder ganz Mutter, und am Ufer der Themse ganz Künstlerin ist.“
Maria Katharina Prestel verstarb im Jahr 1794 mit nur 46 Jahren. Ihr unkonventioneller Lebenswandel ermöglichte es ihr, ihre künstlerischen Fähigkeiten zu entwickeln und sich als professionelle Künstlerin zu etablieren – eine Leistung, die für Frauen zu dieser Zeit alles andere als üblich war.