Künstler oder Gott?
Peter Paul Rubens: Bildnis des Brüsseler Goldschmieds Robert Staes, seiner Frau Anna und ihres Sohnes Albert
Kunst kann unser Leben nachhaltig verändern! Nehmen wir den Schauspieler Sylvester Stallone. Der hat in einem Interview mal erzählt, dass er mit 12 Jahren ins Philadelphia Museum of Art ging. Dort sah Sylvester Stallone ein Bild von dem flämischen Maler Peter Paul Rubens. Darauf war die mythologische Figur Prometheus abgebildet – ein nackter Mann mit einem wahnsinnig muskulösen Körper. Der junge Sylvester Stallone sah diesen beeindruckenden Body und beschloss deshalb trainieren zu gehen. Denn er wollte genau so aussehen. Dieses Bild war tatsächlich sein Schlüsselmoment, sein Startschuss zum Bodybuilding. Also, ohne Rubens kein Rocky und kein Rambo! Macht euch das klar.
Mal schauen, wie das Rubens-Bild aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe euer Leben beeinflussen wird. Das Gemälde hat einen kurzen, knackigen Titel: „Bildnis des Brüsseler Goldschmieds Robert Staes, seiner Frau Anna und ihres Sohnes Albert“. Der Titel ist echt nicht catchy, aber dieses Bild hat es in sich, genau wie das Leben von Rubens. Also, viel Spaß mit dieser Folge!
Der Kunstsnack – Kurze Facts leicht bekömmlich. Von der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe mit dem Comedian und Kunsthistoriker Jakob Schwerdtfeger.
In diesem Podcast geht es um Kunst und da ist es natürlich sinnvoll die auch zu sehen. Ich beschreibe euch das Rubens-Bild gleich, aber guckt mal grad in die Shownotes von diesem Podcast. Da findet ihr einen Link zur Abbildung.
Was gibt‘s hier zu sehen? Bildliche Beschreibung
Ok, direkt vorweg: sonderlich farbenfroh ist dieses Bild nicht. Wir sehen drei Personen, alle weitestgehend in schwarz gekleidet und die sind vor einem dunklen Hintergrund. Auf dem Bild ist eine kleine Familie dargestellt: Mutter, Vater, Kind. Die beiden Eltern haben diese typischen, weißen Halskrausen, die man oft auf alten Gemälden sieht. Das Bild ist nämlich um 1610/11 entstanden. Diese Halskrausen erinnern mich irgendwie immer an Katzen, die gerade vom Tierarzt kommen. Naja. Die Kleidung auf dem Bild entspricht auf jeden Fall der damaligen Mode.
Wie die Personen auf dem Bild angeordnet sind, sagt schon viel aus. Der Mann ist im Vordergrund, etwas dahinter sitzt seine Frau. Der kleine Junge sitzt nah bei der Mutter. Die Rollenverteilung innerhalb der Familie ist hier also klar geregelt und ist ja auch typisch für die Zeit im 17. Jahrhundert. Alle drei Dargestellten gucken die Betrachter*innen an, ihre Augen sind wach und fokussiert. Die Gesichter sind allesamt sehr hell, als hätte man einzelne Spotlights darauf gerichtet. Das fällt natürlich besonders auf, weil der Rest des Bildes so dunkel ist.
Wenn ich mir das Gemälde in Ruhe angucke, würde ich sagen: Alles in allem ist es schon ziemlich steif. Aber in diesem Familienporträt steckt viel mehr, als man auf den ersten Blick erahnt.
Worum geht’s hier eigentlich? Die Message
Kurz runter gebrochen lautet die Botschaft dieses Bildes: „Läuft bei uns.“ Denn hier geht es viel um Status und Repräsentation. Der Mann auf dem Bild ist der Goldschmied Robert Staes. Seine Körpersprache ist selbstbewusst, den einen Arm stützt er im Sitzen auf seine Hüfte. So eine Gestik kennt man sonst von Fürstenbildnissen. Sicher kein Zufall, dass sich der Goldschmied so inszeniert. Seine Frau Anna wiederum trägt in etwa so viel teuren Schmuck wie eine Rapperin. An beiden Händen hat sie Ringe und an beiden Armen Armbänder – alles voller stattlicher Steine. Dazu trägt sie Perlenohrringe, eine Haarspange mit einer Perle und ein goldenes Kreuz – sogar daran ist eine Perle. Also, eine prächtige Perlen-Parade!
Das Kind zwischen den beiden Eltern hält Weintrauben in der Hand. Auch das ist kein Zufall. Die Weintraube symbolisiert eine fruchtbare Ehe. Robert Staes und seine Frau Anna hatten vier Kinder. Hier dargestellt ist Albert, der älteste Sohn. Kann man sich gut merken: Albert, der Älteste. Dieser Sohn hatte eine besondere Stellung, er war der Erbe und Stammhalter, deshalb ist er hier als einziges Kind auf dem Bild dargestellt. Seine Mutter legt ihm eine Hand auf die Schulter. Sein Daumen berührt den Daumen des Vaters. Aber die beiden machen kein Daumen-Wrestling, es ist eher eine intime Geste.
Übrigens fand man erst vor kurzem heraus, dass es sich auf dem Rubens-Bild um die Familie Staes handelt. Der Vater Robert hatte als Goldschmied eine wichtige Stellung und zwar am Hof des Erzherzogpaares Albert und Isabella. Albert und Isabella wiederum hatten großen Einfluss auf die Kunst der Niederlande damals – so war Albert einer der wichtigsten Mäzene von Rubens. Und damit kommen wir zu diesem krassen Künstler.
Wer hat‘s gemacht? Künstler im Spotlight
Peter Paul Rubens war einer der wichtigsten Künstler des Barock. Das war eine Kunst, die sich durch feierliche und bewegte Bilder auszeichnete. Den Höhepunkt hatte diese Kunstströmung im 17. Jahrhundert. Der Barock war eine sehr vielfältige Epoche, oft ist auf den Gemälden sehr kontrastreiches Licht und viel Dynamik.
1577 wird Rubens in Siegen geboren. Nach dem Tod des Vaters zieht die Mutter mit ihren Kindern nach Antwerpen. Hier lernt Rubens das Malen. Und ab dann geht es für ihn steil bergauf. Von seinen Zeitgenoss*innen wird er als „Prinz aller Maler seiner Zeit“ und sogar als „Gott der Maler“ gefeiert. Ob sich da vielleicht jemand ein bisschen einschleimen wollte? „Gott der Maler“ das sind wirklich sehr große Worte – aber an sich ist diese Lobhudelei bei Rubens schon angebracht.
Denn Rubens war ein sehr talentierter und experimentierfreudiger Künstler. Er malte alle möglichen Szenen – egal ob biblisch oder mythologisch. Dazu kommen Landschaftsbilder, Jagdstücke, Porträts, Entwürfe für Skulpturen und Wandbehänge. Besonders bekannt ist der Maler für seine sogenannten Rubensfiguren. Damit sind seine typischen Frauendarstellungen gemeint: die üppigen Körper entsprachen damals dem Schönheitsideal und Rubens malte das rauf und runter. Er malte außerdem Porträts, auf denen er die Dargestellten nicht nur präzise erfasste. Rubens wollte emotionale Bilder erschaffen, die die Bertrachter*innen direkt berühren. Viele seiner Werke haben oft enorme Kraft und sind sehr ausdrucksstark.
Man kann es nicht anders sagen: Rubens war zu seiner Zeit ein Star. Bei sich zu Hause empfing er Königinnen und Könige und Prinzessinnen und Prinzen. Die Nachfrage nach seinen Bildern war riesig. Rubens hatte daher eine eigene Werkstatt, was durchaus üblich zu der Zeit war. Rubens malte also oft nur die Entwürfe, die Ausführung übernahmen dann seine Angestellten. Ja, auch in der Kunst wird delegiert und outsourcet. Einer der Angestellten von Rubens war übrigens der Künstler Frans Snyders. Wenn ihr euch für den interessiert, dann hört Folge 14 von Kunstsnack. Da geht’s um ein spannendes Stillleben von Snyders.
Zurück zu Rubens: Der war zusätzlich noch Kunstsammler und hatte eine richtig stabile Sammlung. Seine Bibliothek war außerdem einer der größten der ganzen Stadt. Also, Rubens war wirklich groß im Geschäft. Und um den Bogen zurück zu dem Bild in der Kunsthalle Karlsruhe zu spannen: Rubens war einige Zeit Hofmaler von Albrecht und Isabella. Dieses Erzherzogenpaar hatte ich ja schon erwähnt. Anlässlich dieser Beförderung wurde Rubens eine kostbare Goldkette geschenkt. Und wer fertigte diese Kette an? Genau, der Goldschmied Robert Staes, dessen Familie auf dem Karlsruher Gemälde abgebildet ist. So schließt sich der Kreis.
Wer hätte das gedacht? Faszinierender Funfact
Ich setze jetzt noch einen drauf: Rubens war nicht nur Künstler, Sammler, Gelehrter, sondern auch… Diplomat! Dafür reiste er jahrelang immer wieder durch Europa. Unter anderem durch seine diplomatischen Gespräche kam schließlich der Frieden zwischen Spanien und England zustande, denn von 1625 bis 1630 herrschte der Englisch-Spanische Krieg, der durch den Frieden von Madrid beendet wurde. Bei Rubens muss man sich echt fragen: Was konnte der eigentlich nicht?! Die Kunstgeschichte umkrempeln, Frieden stiften – das ist ja die klassische Kombi. 1640 starb Rubens dann schließlich an Gicht im Alter von 62 Jahren.
Kunst-Hotspot Karlsruhe
Die Kunsthalle Karlsruhe besitzt nicht nur dieses eine Gemälde von Rubens, sondern gleich mehrere. Paris, New York, Karlsruhe – das sind eben die großen Kunstmetropolen dieser Welt. Also, ein Besuch lohnt sich wirklich sehr. Nicht nur für die Werke von Rubens.
Vielen Dank fürs Zuhören, abonniert gerne diesen Podcast und bis bald mit der nächsten Folge von Kunstsnack. Ciao.
Das war der Kunstsnack – Kurze Facts leicht bekömmlich. Mit Jakob Schwerdtfeger. Eine Produktion der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Abonniert unseren Podcast und folgt uns bei Instagram. Habt Ihr Themenwünsche, schreibt uns via Directmessage oder per Mail an digital@kunsthalle-karlsruhe.de.