re*vision von Caterina Bodrogi, Jonas Gerlich und Jasmin Kugel zu Otto Mueller: Zwei Mädchen im Walde, 1923
Wie nehmen wir wahr?
Otto Muellers »Zwei Mädchen im Walde« zeigt eine scheinbar idyllische Naturszene.
Doch wer schaut hier auf wen? Und mit welchem Blick?
Muellers Werke sind geprägt von der Suche nach dem „Natürlichen“ [1] – eine Idee, die bis heute romantisiert wird. Seine Motive zeigen oft junge, androgyne Frauen, wobei seine Vorbilder hierbei fast ausschließlich seine Lebensabschnittsgefährtinnen sind. [2]
Hinter seiner eindrucksvollen, weichen Linienführung und der ruhigen Komposition ergeben sich im heutigen Kontext Fragen, die wir uns neu stellen müssen:
Wie beeinflussen solche Darstellungen unser Bild von Weiblichkeit?
Welche Rolle spielt der männliche Blick in der Kunstgeschichte?
Wann wird Nacktheit zur Inszenierung, zum Objekt der Betrachtung?
Und wie gehen wir mit einem kulturellen Erbe um, das unsere Sicht auf Körper, Geschlecht und Identität mitgeprägt hat?
Muellers Darstellungen von Frauen folgten einer eigenen Ästhetik. Heute erkennen wir, dass solche Bilder nicht losgelöst von gesellschaftlichen Machtverhältnissen betrachtet werden können.
»Seine Darstellungen des weiblichen Körpers polarisieren. […] Vom begehrten, sexualisiert dargestellten Objekt bis hin zum Porträt einer modernen starken Frau. […] Sie bewegen sich zwischen Sexismus und Emanzipation und lassen viel Raum für Interpretation, Diskussion und Imagination.« [3]
Wie also mit Kunst umgehen, wenn sich die Gesellschaft verändert hat?
Müssen wir sie ablehnen, oder können wir sie anders lesen?
Vielleicht liegt die Antwort nicht im Verwerfen, sondern im Hinterfragen – im bewussten Wahrnehmen.
Die re*vision wurde von der Studierendengruppe im Seminar »Intersektionale Kulturarbeit« (Leitung: Nur Bakkar, Wintersemester 2024/25) verfasst – in Kooperation zwischen der Kunsthalle Karlsruhe (Begleitung: Isabel Dotzauer) und dem Masterstudiengang Kulturvermittlung der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe.