Archistories (11/28) Blick auf den Pont Saint-Michel in Paris Details der Station
Albert Marquet - Blick auf den Pont Saint-Michel in Paris

Blick auf den Pont Saint-Michel in Paris

Albert Marquet

Maße:
H 65,0 cm  B 81,0 cm  
Jahr:
1912
Ort:
Orangerie

Beschreibung

Albert Marquet, 1875 in Bordeaux geboren und gemeinsam mit Henri Matisse zwischen 1894 und 1898 Schüler von Gustave Moreau an der École des Beaux-Arts in Paris, gehörte zu den Mitbegründern des Fauvismus. Die Ansicht des Pariser Pont Saint-Michel zeigt den Blick aus dem Fenster jenes Ateliers, das Marquet 1908 von Matisse übernommen hatte.

Beide Maler verband zuweilen auch eine Arbeitsgemeinschaft. Im Jahr 1900 wirkten sie anlässlich der Pariser Weltausstellung zusammen an der Dekoration des Grand Palais, 1902 folgte eine gemeinsame Ausstellung in der Galerie Berthe Weill.

Auch die Ansicht der Brücke – die allein von Marquet in mehreren Versionen existiert – malten beide. Marquet tat dies 1912 jedoch keineswegs mit jener aufrührerischen Intensität der Farben, die den Malern 1905 anlässlich einer Ausstellung von Marquet, Derain, Dufy und Vlaminck im Salon d‘Automne den „Schmähnamen“ der „Fauvisten“ (Wilden) eingetragen hatte. Vielmehr scheint die grautonige Palette die Stimmung eines nebelverhangenen Wintertages wiederzugeben, an dem noch Reste von Schnee auf den Dächern liegen, das Sonnenlicht nur diffus gedämpft durch die dicke Wolkendecke dringt und nur wenige schwarzgekleidete Menschen und schwarze Kutschen die Brücke etwas steif überqueren. Der Pont Saint-Michel verbindet über einen Arm der Seine hinweg den Boulevard Saint-Michel mit der Île de la Cité. Das Licht ist so spärlich, dass man den Pont Neuf im Hintergrund nur schemenhaft erahnen kann. Marquets flächige Malerei zeichnete sich stets durch eine äußerste Reduktion aus. Auf die Schilderung von Details wird verzichtet, in größtmöglicher Einfachheit erzeugt Marquet den Gesamteindruck einer Szenerie und der Stimmung, die sie im Künstler erweckt, unforciert und doch prägnant.

Novemberstimmung vor dem Atelierfenster

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Kunsthistoriker: Herzlich Willkommen! Ich freue mich, Sie in der Kunsthalle begrüßen zu dürfen. Wenn Sie Fragen haben, würde ich Sie Ihnen – als Cicerone in der Ausstellung – gerne beantworten. Oder wir könnten uns das Gemälde von Albert Marquet gemeinsam anschauen: Blick auf den Pont Saint-Michel in Paris.

Besucherin: Vielen Dank – sehr gerne!

Kunsthistoriker: Kennen Sie Albert Marquet?

Besucherin: Ein bisschen, ja. War er nicht ein Freund von Henri Matisse?

Kunsthistoriker: Ganz genau – und das Gemälde entstand sogar im Atelier von Matisse. Marquet wurde 1875 in Bordeaux geboren und studierte gemeinsam mit Matisse vier Jahre an der École des Beaux-Arts in Paris. Sie waren enge Freunde und Mitbegründer des Fauvismus.

Besucherin: Fauvismus – habe ich auch schon mal gehört, weiß damit aber nichts Genaues mehr anzufangen. Helfen Sie mir doch mal auf die Sprünge!

Kunsthistoriker: Der Fauvismus entstand Anfang des 20. Jahrhunderts. Er zeichnet sich durch kräftige Farben, die sich vom Gegenstand lösten, und einen expressiven Malduktus aus.

Der Name »Fauves« bedeutet so viel wie »die Wilden« und wurde den Künstlern 1905 während einer Ausstellung im Salon d’Automne gegeben. Damals stellten neben Marquet auch Künstler wie André Derain oder Maurice de Vlaminck aus.

Besucherin: Na ja, die bunten Farben sind ihm hier aber wohl gerade ausgegangen! Kein fauvistisches Gemälde, oder?

Kunsthistoriker: Tatsächlich – ein eher untypisches Bild. Marquets Blick auf den Pont Saint-Michel von 1912 hat eine viel ruhigere, ganz tonige Farbpalette. Schauen Sie sich die grauen Töne an – sie fangen die Stimmung eines kalten, wolkenverhangenen Wintertages ein.

Man sieht nur wenige Menschen und Kutschen, die die Brücke überqueren. Die Szenerie wirkt fast eingefroren. Eine Hommage an das Leben in der winterlich stillen Metropole.

Besucherin: Das Bild wirkt wie gebaut, fast als wären die einzelnen Bestandteile lediglich nebeneinandergesetzt worden.

Kunsthistoriker: Marquet war bekannt für seine reduzierte, flächige Malerei. Er verzichtete auf Details und schuf dennoch eine prägnante und stimmungsvolle Szenerie. Das Licht in diesem Gemälde ist so spärlich, dass der Pont Neuf im Hintergrund nur schemenhaft zu erkennen ist.

An einem Brückpfeiler befindet sich der Buchstabe N als Letter, der umrankt ist. Das N steht für Napoleon III.

Besucherin: Interessant. Über diese Brücke bin ich übrigens selbst schon gegangen. Gibt es zu ihr selbst etwas Wissenswertes zu berichten?

Kunsthistoriker: Der erste Brückenbau wurde an dieser Stelle bereits 1378 initiiert. Aufgrund von Witterungsschäden wurde der Pont Saint-Michel aber immer wieder ausgebessert. 1857 wurde die Brücke abgerissen und neugebaut und diesen Zustand gibt Marquet hier wieder. Die Brücke verbindet den Boulevard Saint-Michel mit der Île de la Cité.

Der Name der Brücke stammt von der nahegelegenen Kapelle Saint-Michel, die dem Erzengel Michael gewidmet ist, und auf den Pfeilern findet man das »N« von Napoléon III., unter dessen Herrschaft die Brücke errichtet wurde.

Knapp 50 Jahre, nachdem Marquet dieses Bild gemalt hat, wurde die Brücke übrigens zum prominenten Schauplatz eines sehr traurigen Ereignisses. Während des Algerienkrieges 1961 fanden friedliche Demonstrationen in Paris statt.

Die Situation eskalierte, nachdem ein Befehl des Polizeipräfekten für Aufruhr gesorgt hatte. Es kam zu Ausschreitungen und hunderte der demonstrierenden Menschen starben in einer Straßenschlacht rund um den Pont Saint-Michel.

Besucherin: Das ist ja erschütternd – und ich wusste das natürlich nicht. Vielen Dank für Ihre Erläuterungen! Haben Sie noch Zeit? Dann könnten Sie mir auch noch bei ein paar anderen Werken etwas erzählen.

Kunsthistoriker: Wunderbar – dafür bin ich da!

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Daten und Fakten

Titel Blick auf den Pont Saint-Michel in Paris
Künstler*in Albert Marquet
Entstehungszeit 1912
Inventarnummer 2616
Maße Bildträger H 65,0 cm  B 81,0 cm  
Maße Rahmen H 85,2 cm  B 100,5 cm  T 8,0 cm  
Material Leinwand
Technik Ölfarbe
Gattung Gemälde
Abteilung Neue Malerei (nach 1800)
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