
Die Kirche III
Alexander Kanoldt. Der Weg zur Neuen Sachlichkeit
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Sehnsuchtsort Südtirol
Das Gemälde Kirche III von 1920 zeigt die Pfarrkirche des kleinen Ortes Klausen in Südtirol, die ein häufiges Motiv in Kanoldts Schaffen war und die er immer wieder aus neuen Blickwinkeln darstellte. Bereits in den Jahren 1911, 1912 und 1914 hatte Kanoldt den Ort während produktiver Sommeraufenthalte besucht. Auch nach dem Krieg, als Kanoldt sich wieder intensiv seiner künstlerischen Arbeit widmete, griff er das Motiv der kleinen Stadt wieder auf.
Ein Ort mit künstlerischer Tradition
Klausen war unter Künstlern seit Jahrzehnten ein beliebtes Reiseziel. Die Stadt selbst bot mit ihrer mittelalterlich anmutenden Architektur und der beeindruckenden Berglandschaft zahlreiche reizvolle Motive. Besonders viele Münchner Künstler zog es nach Klausen, aber auch Vertreter der Karlsruher Kunstszene – darunter die Schönleber-Schüler Adolf des Coudres, Max Frey und Ernst Loesch – verbrachten dort kreative Phasen. Wie auch an anderen Orten mit künstlerischer Tradition, etwa Besigheim oder Olevano, wählte Kanoldt Klausen ganz bewusst als Motiv. Doch unterscheiden sich seine Darstellungen von Klausen deutlich von den oft romantisch-verklärten Ansichten anderer Maler.
Vorbild Dürer
Besonders Albrecht Dürer schien für Kanoldt bei dem Motiv der kleinen Stadt eine zentrale Rolle gespielt zu haben. Sein Kupferstich Nemesis (auch Das große Glück genannt) zeigt im unteren Drittel eine von einem erhöhten Standpunkt aus gesehene, bergige Landschaft mit einer kleinen Stadt, bei der es sich um Klausen handelt. Eine Ansicht, die Dürer vermutlich 1495 auf seiner Rückreise aus Italien skizzierte. Die Stadt würdigte Dürers Besuch 1912 mit einem Gedenkstein an der Stelle, von der aus er Klausen gezeichnet haben soll. Genau an diesem Ort arbeiteten bereits im Sommer 1911 Kanoldt und sein Künstlerfreund Adolf Erbslöh, wie eine skizzierte Postkarte belegt. Sie zeigt die beiden Künstler beim Malen mit Blick auf die Stadt. Eine humorvolle Zeichnung auf der Postkarte gewährt zudem Einblick in ihr Quartier im Gasthof, wo ihre Malutensilien ausgebreitet lagen.
Das gleiche Motiv und doch anders
Kanoldt malte bereits 1914 nach Vorlage einer Bleistiftzeichnung das Werk Die Kirche I. Erst nach dem Krieg, 1920, folgten Die Kirche II und Die Kirche III. Weitere Werke ergänzen diesen Komplex. Insgesamt umfasst die Werkgruppe zu Klausen acht Gemälde, vier Zeichnungen und zwei Lithografien. Sie dokumentiert Kanoldts stilistische Entwicklung von 1911 bis 1921 und die fortschreitende Abstraktion seiner Darstellungen: Details wie Fenster wurden reduziert und die geometrische Klarheit trat zunehmend in den Vordergrund. Kanoldts wiederholte Beschäftigung mit demselben Motiv in leicht variierter Form zeigt seine Faszination für die schwere, kubische Ruhe architektonischer Strukturen.
Der Kubist Kanoldt
Über seine kubistischen Einflüsse sagte Kanoldt selbst: „In Besprechungen und Kritiken muß ich oft lesen ‚der Kubist A. Kanoldt‘ – und das behagt mir garnicht, da mir am ‚Kubismus‘ wie an allen übrigen Programmen absolut nichts liegt (…). Wie ich nun mitunter zu ‚kubischen‘ Formen komme, ist sehr leicht erklärlich: Meine Anregung bekomme ich meistens durch irgendwelche Bauwerke (…). Nun haben Bauwerke selbstverständlich kubische Formen und zwingen mich zur Anwendung solcher (…). Da mich z. B. Häuser durchaus nicht als solche malerisch interessieren, sondern dieselben für mich lediglich als Compositions-Element in Betracht kommen, so muß ich notgedrungen nach einer Form für die Umgebung der starren Häusermassen suchen, welche sich der Physiognomie derselben anpasst.“
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Alexander Kanoldt
Daten und Fakten
Titel | Die Kirche III |
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Künstler*in | Alexander Kanoldt |
Entstehungszeit | 1920 |
Inventarnummer | 3031 |
Maße Rahmen | H 66,0 cm B 60,5 cm T 5,5 cm |
Maße | H 50,5 cm B 45,5 cm T 2,5 cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
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