
Bildnis der Nanna Risi
Beschreibung
Nach einer Ausbildungszeit in Düsseldorf, München, Antwerpen und Paris bereiste der Maler Anselm Feuerbach ab 1855 Italien. In Rom lernte er nach wenigen Jahren Anna Risi, genannt Nanna, die Ehefrau eines Schusters, kennen, die sein bevorzugtes Modell wurde.
Das Bildnis Nannas füllt die Bildfläche vollkommen aus. Dadurch ist der Betrachter ganz auf jede Nuance ihres Gesichtsausdrucks, ihrer Haltung und ihrer Gestik konzentriert. Dargestellt ist hier nicht nur eine Frau von ungewöhnlicher Schönheit und Würde, die gleichzeitig unnahbar, geheimnisvoll und verschlossen erscheint, sondern auch ein klassisches Ideal – also nicht nur eine bestimmte Person, sondern auch eine allgemeingültige Idee.
Feuerbach fertigte in den Jahren von 1861 bis 1865 über zwanzig Bildnisse und Studien in Öl von Nanna Risi an, dazu auch mehrere Rollenporträts. Für Letztere inszenierte er Nanna als Figur aus der griechischen Mythologie oder aus der älteren italienischen Geschichte und Literatur. Im Karlsruher Bildnis, das als besonders eindrucksvoll gilt, scheint er Nanna in keiner Rolle zu zeigen. Die andeutende Geste der Hand, die sich auch auf einem etwas späteren Rollenporträt Nannas als Iphigenie findet, lässt jedoch vermuten, dass das Karlsruher Porträt bereits auf diese Figur der griechischen Mythologie mit ihrer sehnsuchtsvollen Stimmung verweist.
Großherzog Friedrich I. von Baden, der zu den frühen Förderern Feuerbachs gehörte, erwarb das Bild noch im Jahr seiner Entstehung 1861 für seine Privatsammlung. Er nahm es in die Privatgemächer seines Schlosses auf der Bodensee-Insel Mainau auf, die er 1853 als Sommersitz erworben hatte. Im April 1907, wenige Monate vor seinem Tod, überwies der Großherzog das mittlerweile durch die sogenannte Jahrhundertausstellung in Berlin berühmt gewordene Gemälde als fürstlichen Privatbesitz der Kunsthalle Karlsruhe. So lässt sich an diesem Werk Feuerbachs das Zusammenspiel privaten Sammelns, fürstlichen Mäzenatentums und öffentlicher Sammlungsstrategie veranschaulichen.
Hans Thoma als Museumsdirektor
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Italien gesucht, Modell gefunden
Nach einer Ausbildungszeit in Düsseldorf, München, Antwerpen und Paris bereiste der Maler Anselm Feuerbach ab 1855 Italien. In Rom lernte er nach wenigen Jahren Anna Risi, genannt Nanna, die Ehefrau eines Schusters, kennen, die sein bevorzugtes Modell wurde.
Schlicht und ergreifend
In den Jahren 1861 bis 1865 fertigte Feuerbach über zwanzig Bildnisse und Studien in Öl von Nanna Risi an, dazu auch mehrere Rollenporträts. Für Letztere inszenierte er Nanna als Figur aus der griechischen Mythologie oder aus der älteren italienischen Geschichte und Literatur.
Im Karlsruher Bildnis, das als besonders eindrucksvoll gilt, scheint er Nanna in keiner Rolle zu zeigen. Er malte sein Modell in gedeckten Farben, mit ruhigen flächigen Zonen, nach altmeisterlicher Manier ohne auffälligen Pinselduktus.
Der Körper der Porträtierten ist nahezu frontal zu sehen, ihr Kopf ist jedoch ins Profil gewendet. Feuerbach gibt Nanna hier ohne Attribute wieder, ohne ein besonderes Kostüm, ohne einen bestimmenden Bildhintergrund. Ihr dezenter Schmuck, ihr dunkelrotes Kleid und das im Ausschnitt und im weiten Ärmel sichtbare tüllbesetzte Unterkleid erscheinen allenfalls leicht historisierend.
Individuum und Ideal
Das Bildnis Nannas füllt die Bildfläche vollkommen aus. Dadurch sind die Betrachter*innen ganz auf jede Nuance ihres Gesichtsausdrucks, ihrer Haltung und ihrer Gestik konzentriert. Ihr volles, geflochtenes schwarzes Haar, ihr zarter Teint, ihre feine rechte Hand und der freiliegende Hals sind Merkmale ihrer Schönheit und Anziehungskraft.
Gleichzeitig geben ihr abgewandter Kopf, ihr abwesender, leicht gesenkter Blick, ihre verschatteten Augen, ihre versonnene Ernsthaftigkeit, ihre sich nur minimal gestisch ausdrückende innere Bewegung den Betrachter*innen Rätsel auf und lassen die Figur unnahbar, geheimnisvoll und verschlossen erscheinen.
Dargestellt ist hier nicht nur eine Frau von ungewöhnlicher Schönheit und Würde, sondern auch ein klassisches Ideal – also nicht nur eine bestimmte Person, sondern auch eine allgemeingültige Idee. Die andeutende Geste der Hand, die sich auch auf einem etwas späteren Rollenporträt Nannas als Iphigenie findet, lässt vermuten, dass das Karlsruher Porträt bereits auf diese griechisch-mythologische Figur mit ihrer sehnsuchtsvollen Stimmung verweist.
Frühe Wertschätzung eines wichtigen Förderers
Nicht nur aufgrund seiner Darstellung ist das Gemälde interessant, sondern auch aufgrund seiner Erwerbungsgeschichte.
Feuerbach malte das Karlsruher Porträt der Nanna Risi Anfang 1861. Noch im selben Jahr kaufte es Großherzog Friedrich I. von Baden für seine Privatsammlung. Er nahm es in die Privatgemächer seines Schlosses auf der Bodensee-Insel Mainau auf, die er 1853 als Sommersitz erworben hatte.
Die Stimmung des Gemäldes mag sich gut für diese Residenz geeignet haben, die der Großherzog als Ort des privaten Rückzugs nutzte.
Der Großherzog hatte sich jedoch schon vor dem Erwerb dieses Porträts für die Arbeit Feuerbachs interessiert und ihn als früher Förderer weitsichtig – gegen den Rat der Kunstkommission – mit Erwerbungen und gelegentlichen Stipendien privat unterstützt.
Eine Gedächtnisausstellung der Berliner Nationalgalerie unmittelbar nach dem Tod Feuerbachs, die frühe Veröffentlichung seiner Biografie und eines Werkverzeichnisses und die Aufnahme seiner Werke in private und öffentliche Sammlungen waren zugleich Triebfeder und Ausdruck der zunehmenden Wertschätzung seiner Kunst.
Geschichten um die Beziehung zwischen Feuerbach und Nanna Risi, die auch seine Geliebte und Haushälterin war, sorgten zusätzlich für pikanten Gesprächsstoff und steigerten das Interesse für die Bilder des Künstlers.
Privates und öffentliches Sammeln
Schließlich fand 1906 in der Berliner Nationalgalerie die große sogenannte deutsche Jahrhundert-Ausstellung statt, die einen Überblick über die Kunst von Wegbereitern der Moderne im deutschsprachigen Raum zwischen 1775 und 1875 geben sollte.
Auch das Karlsruher Porträt der Nanna Risi wurde in diese Ausstellung aufgenommen. Damit erfuhr es eine enorme Resonanz, eine kunsthistorische Aufwertung, aber auch eine Wertsteigerung. Nach diesem Erfolg lag es nahe, das Porträt der Nanna Risi fortan – mit den bereits vorhandenen Werken Feuerbachs – in der Karlsruher Galerie zu präsentieren und deren Rang damit neu zu akzentuieren.
Im April 1907, wenige Monate vor seinem Tod, überwies der Großherzog es als fürstlichen Privatbesitz der Kunsthalle Karlsruhe. So lässt sich an dem Gemälde Feuerbachs das Zusammenspiel privaten Sammelns, fürstlichen Mäzenatentums und öffentlicher Sammlungsstrategie veranschaulichen.
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Touren zu diesem Werk

Hans Thoma the museum director

Hans Thoma als Museumsdirektor
Daten und Fakten
Titel | Bildnis der Nanna Risi |
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Künstler*in | Anselm Feuerbach |
Entstehungszeit | 1861 |
Inventarnummer | 1032 |
Maße Bildträger | H 74,5 cm B 62,0 cm |
Maße Rahmen | H 109,0 cm B 93,0 cm T 9,0 cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
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Jahrhundertausstellung
Berlin 1906
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Hauptwerke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Kunstverein St. Gallen 1947
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Ver Italia y morir
Fundació Mapfre, Madrid 2009
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Viaggio in Italia
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 11.9. - 28.11.2010
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Nanna. Elixier einer Leidenschaft
Museum Wiesbaden 29.9.2013 - 26.1.2014
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Feuerbachs Musen und Lagerfelds Models
Hamburger Kunsthalle 20.02.2014 - 15.06.2014
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Hans Thoma - Ein Maler als Museumsdirektor
Studioausstellung ZKM 14.09.2024 - 02.02.2025
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1937: Der Maler Anselm Feuerbach
Ostering, W. E.
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1971:
Katalog Neuere Meister
, 19. und 20. Jahrhundert
Lauts, Jan
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe -
1975: Lord Leighton
Ormond, Leonée und Richard
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1976: Anselm Feuerbach, Gemälde und Zeichnungen
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, 05.06. - 15.08.1976
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1979: Malerei im 19. Jahrhundert
Ebertshäuser, Heidi Caroline
Münchner Schule -
1980: Bildnisse aus dem 19. und 20. Jahrhundert im Besitz der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Farblichtbildreihe zur Geschichte der Bildenden Kunst, Landesbildstelle Baden
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1988: Ausgewählte Werke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lüdke, Dietmar; Reising, Gert; Simons-Kockel, Katrin
150 Gemälde -
1987: Verloren-Zijn
Rijsingen, Miriam van
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1989: Anselm Feuerbach
Zimmermann, Werner
Gemälde und Zeichnungen -
1989: Porträtmalerei
Aus dem Besitz der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
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1989: Reihe "museum", Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Westermann-Führer
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1990: Die Porträts von Anselm Feuerbach
Haßinger, Gabriele
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1991: Kunstland Baden-Württemberg
Feeser, Sigrid
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1991: Anselm Feuerbach
Ecker, Jürgen
Leben und Werk -
1992: Das Friseurhandbuch
Huster, Agnes u.a.
Technologie für Friseure und Friseurinnen -
1994: Anselm Feuerbach und die Antike
Seifert, Helene
Neue Betrachtungen -
2000: Anselm Feuerbach
Ecker, Jürgen
Museo Civico Giovanni Fattori -
2002: Nanna, Profil nach links. 1861
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2005: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Voigt, Kirsten Claudia
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2006: Künstler und Modell
Vogelberg, Gabriele Maria
Zwischen Imagination und Wirklichkeit -
2010: Viaggio in Italia
Reuter, Astrid
Künstler auf Reisen, 1770 - 1880 -
2013: Nanna - entrueckt, ueberhoeht, unerreichbar: Anselm Feuerbachs Elixie einer Leidenschaft
Forster, Peter
Museum Wiesbaden, 29.09.2013 - 26.01.2014; Hamburger Kunsthalle, 20.02. - 15.06.2014 -
2015: Italien als Erlebnis und Vorstellung
Maurer, Golo
Landschaftswahrnehmung deutscher Kuenstler und Reisender 1760 - 1870