
Diptychon: Maria mit dem Kind und Christus als Schmerzensmann
Beschreibung
Dieser kleine Klappaltar, ein Diptychon, veranschaulicht den Anfang und das Ende der Heilsgeschichte auf zwei Bildtafeln, die formal aufeinander bezogen sind. Die linke Innenseite stellt die durch eine Krone als Himmelskönigin charakterisierte Maria dar, die das Jesuskind in ihren Armen hält. Es handelt sich um eine abendländische Variante eines byzantinischen Urbildes der Maria, das als Pelagonitissa bezeichnet wird. Die rechte Tafel zeigt mit Christus als Schmerzensmann ein Erbärmdebild. Christus hat die Augen geschlossen und weist seine Wundmale vor – in wundersamer Weise tot und lebend zugleich.
Das Bildpaar zählt zu den seltenen frühen Tafelmalereien der Gotik nördlich der Alpen und ist ein Beispiel der Prager Hofkunst unter Kaiser Karl IV. Das noch im Originalrahmen bewahrte Diptychon dokumentiert eine neue, im 14. Jahrhundert entwickelte Bildform, nämlich das für den privaten Gebrauch geschaffene Andachtsbild. Das kleine Format ermöglichte adligen Laien oder hohen Geistlichen eine ortsunabhängige Kontemplation über die Geheimnisse der Menschwerdung und Passion Christi.
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Mobile Andacht
Das älteste Kunstwerk der Sammlung aus der Zeit um 1360 ist eine ganz besondere Kostbarkeit.
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Auf den ersten Blick ungewöhnlich ist der Aufbau dieser beiden Täfelchen: Die Scharniere verraten, dass es sich um ein aufklappbares Reisealtärchen handelt.
Im Mittelalter nutzte man solche transportablen Stücke für die private Andacht – auf Reisen oder zu Hause.
Verborgener Sinn
Der unbekannte böhmische Meister verwendete echtes Gold für den schimmernden Hintergrund und verzierte diesen mit feinsten Ornamenten. Dieser Goldgrund verkörpert das himmlische Licht und die kostbare Gegenwart des Göttlichen im Bild. Auch die Heiligenscheine – sogenannte Nimben – spiegeln diesen göttlichen Glanz. Jedes Detail, jede Farbgebung in solch mittelalterlichem Bildwerk hat einen für uns heute vielleicht verborgenen Sinn. Das Rot des Rahmens steht für die Liebe, das Leiden und den Tod. Marias weißes Tuch spielt auf ihre jungfräuliche Reinheit an, die Krone adelt sie zur Himmelskönigin.
Anfang und Ende
Mit nachdenklichem Blick hält Maria auf der linken Tafel ihren Sohn zärtlich an sich. Er wendet sich ihr lebhaft zu und liebkost ihre Wange. Die rechte Tafel zeigt Christus mit den Wundmalen der Kreuzigung. Der Erlöser hat die Passion bereits hinter sich. Seine Augen sind geschlossen, und mit seinem Finger weist er auf die Wunde an seiner Seite. Er erscheint damit zugleich tot und lebend. Auch die lateinische Inschrift kommentiert den Opfertod Christi: „misericordia domini“ – die Barmherzigkeit des Herrn.
Als Vorbild für die beiden Tafeln dienten byzantinische Ikonen. Doch der Künstler, ein Meister auf der Höhe seiner Zeit, interpretierte die überlieferten Bildformeln auf einfühlsame Weise neu.
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Highlights
Daten und Fakten
Titel | Diptychon: Maria mit dem Kind und Christus als Schmerzensmann |
---|---|
Künstler*in | Böhmischer Meister |
Entstehungszeit | um 1360 |
Inventarnummer | 2431 a-b |
Epoche | Mittelalter |
Maße Bildträger | H 25.0cm B 18.5cm T 3.0cm |
Material | Holz Leinwand |
Technik | Mischtechnik |
Genre | Historie |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
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