Kirchhofpforte
Beschreibung
Caspar David Friedrichs „Kirchhofpforte“ ist eines von zwei Werken, das die Staatliche Kunsthalle von dem deutschen Romantiker besitzt. Ein sanft ansteigender Pfad führt auf ein Tor zu, durch das man auf zwei Kreuze blickt – einen Friedhof im Schatten eines Gotteshauses.
Die Stimmung ist herbstlich kühl. Die Bäume, die den schmalen Weg säumen, sind unbelaubt, die Farben reduziert. Kein Mensch ist zu sehen. Friedrich komponiert ein Bild, das eine Schwellensituation thematisiert. Er arbeitet mit dem Kontrast zwischen einem dunkleren Diesseits und einem Jenseits der Pforte im Licht. In einem religiösen Sinn lässt sich dies symbolisch lesen, als Vorschein und Versprechen eines Lebens nach dem Tod.
Sein künstlerisches Verfahren fasst Friedrich so zusammen: „Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen Auge zuerst siehest dein Bild. Dann fördere zutage, was du im Dunkeln gesehen, dass es zurückwirke auf andere von außen nach innen.“ Auch die „Kirchhofpforte“ ist eine stille und stimmungsvolle Projektion mit einer im Christentum gründenden, tröstlichen Botschaft.
Friedrichs romantisches Programm lautete: „Bewahre einen reinen, kindlichen Sinn in dir und folge unbedingt der Stimme deines Innern, denn sie ist das Göttliche in uns und führt uns nicht irre. Heilig sollst du halten jede reine Regung deines Gemütes; heilig achten jede fromme Ahndung, denn sie ist Kunst in uns! In begeisternder Stunde wird sie zur anschaulichen Form; und diese Form ist dein Bild.“
Kunsthalle x Markus Brock
0:00
0:00
Ikone der Romantik
250 Jahre alt wäre Caspar David Friedrich in diesem Jahr 2024 geworden. Kein deutscher Maler löst solche Emotionen aus wie der große Romantiker: seine Abendhimmel sind Ikonen der Sehnsucht, er hat Walt Disney zu Bambi inspiriert und Samuel Beckett zu Warten auf Godot. Hitler hat ihn verehrt, Stalin hat ihn gehasst. Und Goethe hat die rätselhafte Melancholie seiner Bilder so wütend gemacht, dass er sie auf der Tischkante zerschlagen wollte.
Das erzählt Florian Illies in seinem Buch über Friedrich und seine Zeit: Zauber der Stille ist sofort auf Platz 1 der Bestseller-Liste gezogen. Was auch wieder zeigt, wie beliebt Caspar David Friedrich heute noch ist.
Erfundene Schönheiten
Die Kunsthalle besitzt gleich zwei Gemälde und Skizzen von ihm – gar nicht so selbstverständlich, denn viele seiner schönsten Gemälde sind verbrannt – erst in seinem Geburtshaus und dann im Zweiten Weltkrieg. Sein berühmtestes, die Kreidefelsen auf Rügen, war 100 Jahre lang verschollen. Die Kreidefelsen haben übrigens nie so existiert, wie Friedrich sie gemalt hat. Keine seiner Landschaften. Und auch diese Kirchhofpforte nicht. Der Maler fand seine Motive so:
Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen Auge zuerst siehest dein Bild. Dann fördere zutage, was du im Dunkeln gesehen, dass es zurückwirke auf andere von außen nach innen.
Caspar David Friedrich
Die Melancholie der Romantik
Wir folgen mit den Augen einem sanft ansteigenden Pfad auf ein Tor zu, durch das wir zwei Kreuze sehen – ein Friedhof neben der Kirche. Es ist Herbst. Die Bäume sind schon kahl, die Farben reduziert. Kein Mensch weit und breit. Und jetzt wird’s symbolisch, ja religiös. Denn Friedrich arbeitet wie so oft mit dem Kontrast zwischen hell und dunkel, dem dunkleren Diesseits und dem Jenseits der Pforte im Licht. Wäre ja schön, wenn es so ein lichtes Leben nach dem Tod gäbe.
Davon hat sicher auch Caspar David Friedrich geträumt: denn als er 12 war, ertrank sein ein Jahr jüngerer Bruder – beim Versuch, den ins Wasser gefallenen Caspar zu retten. Später litt Friedrich unter Depressionen, was viele auf dieses Trauma zurückführen. Vielleicht erklären sich so auch seine jenseitsorientierten Motive, die mystische Atmosphäre seiner Bilder. Aber sie passten eben auch mit ihrer Melancholie perfekt in die Romantik.
Touren zu diesem Werk
Kunsthalle x Markus Brock
Daten und Fakten
Titel | Kirchhofpforte |
---|---|
Künstler*in | Caspar David Friedrich |
Entstehungszeit | 1822 |
Inventarnummer | 2213 |
Maße Bildträger | H 38,0 cm B 33,8 cm |
Maße Rahmen | H 45,5 cm B 40,7 cm T 6,0 cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
Caspar David Friedrich ist das sechste von zehn Kindern eines Greifswalder Talgseifensieders und Talgkerzengießers.
Friedrichs Kunst war von großem Einfluss auf Künstler nachfolgender Generationen wie beispielsweise Arnold Böcklin, Mark Rothko und Gerhard Richter.
-
Caspar David Friedrich
Museum Folkwang Essen;
Kunsthalle Hamburg
2006 -
Unter freiem Himmel. Landschaft sehen, lesen, hören
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 18.02.2017 – 27.08.2017
-
Die Romantik im Norden
Groninger Museum 9.12.2017 - 6.5.2018
-
Kunsthalle@ZKM. Ein neuer Blick auf die Sammlung
Highlight-Präsentation ZKM ab 29.04.2023
-
1971:
Katalog Neuere Meister
, 19. und 20. Jahrhundert
Lauts, Jan
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe -
1989: Reihe "museum"
Westermann-Führer
-
1989: Caspar David Friedrich in Leubnitz?
Zschoche, Herrmann
Neues zum Gemälde "Kirchhofseingang" (Staatliche Kunsthalle Karlsruhe) -
2005: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Voigt, Kirsten Claudia
-
2012: L' Europe des esprits - Die Magie des Unfassbaren von der Romantik bis zur Moderne
Imhof, Dominik
[erscheint anlässlich der Ausstellung L'Europe des Esprits - Die Magie des Unfassbaren von der Romantik bis zur Moderne; Zentrum Paul Klee, Bern, 31.3. - 15.7.2012] -
2017: Die Romantik im Norden. Von Friedrich bis Turner
David Jackson