Lageplan

Orientierungsplan, der den Standort des Werk Blechens der Tour Provenienzforschung in der Ausstellung KunsthalleKarlsruhe@ZKM anzeigt
Provenienz-Tour (2/5) Blick auf das Kloster Santa Scolastica bei Subiaco Details der Station
Karl Blechen - Blick auf das Kloster Santa Scolastica bei Subiaco

Blick auf das Kloster Santa Scolastica bei Subiaco

Karl Blechen

Maße:
H 63.4cm B 51.5cm 
Jahr:
1832
Ort:
ZKM

Beschreibung

Der „Blick auf das Kloster Santa Scolastica bei Subiaco“ ist ein herausragendes Zeugnis der Italienbegeisterung unter deutschen Künstlern des frühen 19. Jahrhunderts. Das bedeutende Benediktinerkloster aus weißem Kalkstein bietet sich den Betrachtenden aus der Perspektive eines Pilgers dar. Es erhebt sich hoch über einer ockerfarbenen, kahlen Schlucht vor fast wolkenlosem Himmel. Die Nachmittagssonne hüllt den prächtigen Bau und die Vegetation des Felsplateaus in ein mildes Licht, während die Schlucht beschattet ist. Am unteren Bildrand befinden sich neben einem milchgrünen Flusslauf ein Mann und eine Frau mit Kind, die einen Lastenesel mit Reisigbündeln beladen. Die miniaturhafte Staffage belebt die Szene, führt aber vor allem die mächtigen Dimensionen des Felsens vor Augen.

Das Gemälde wirkt in Lichtregie, Stimmung und Details wie Freilichtmalerei. Tatsächlich jedoch führte Karl Blechen es erst vier Jahre nach seinem Aufenthalt in Subiaco in seinem Berliner Atelier nach Skizzen aus. Gerade erst war Blechen auf Empfehlung Karl Friedrich Schinkels zum Professor für Landschaftsmalerei an der Berliner Akademie berufen worden.

Blechens Landschaften zeichnen sich durch eine stärkere Suche nach realistischen Details und Eindrücken aus, als es seinerzeit üblich war. Hier etwa beherrscht nicht die sakrale Architektur das Zentrum, sondern die steile Felswand mit ihren farbigen Nuancen im kontrastreichen Spiel mit dem strahlenden Himmelsblau. Die schroffe Wand und der distanzierte Blick vom Fuße der Schlucht aus stellten ein neuartiges Bildmotiv dar. In Blechens Blick auf das Kloster weicht die verklärende Innerlichkeit der vorausgehenden Romantik einer geschärften Wahrnehmung der Wirklichkeit.

Provenienzforschung

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Blechen als Anstoß

Der Fall von Blechens Gemälde gab den Impuls zu einem internationalen Forschungsprojekt. Es dient dazu, Werke, die einst im Besitz eines jüdischen Sammlers waren, in Museen und Sammlungen zu ermitteln, damit sie restitutiert werden können.

Diese ungewöhnliche italienische Felsenlandschaft des Malers Carl Blechen wurde von der Kunsthalle im Jahr 1969 aus dem Kunsthandel erworben. Damals war dem Museum die Herkunft des Gemäldes aus der ehemaligen Sammlung von Rudolf Mosse nicht bekannt. Erst durch das Restitutionsbegehren einer amerikanischen Anwaltskanzlei aus dem Jahr 2014 wurde der Zusammenhang zur Mosse-Sammlung hergestellt.

Ausschnitt aus Carl Blechens Gemälde Blick auf das Kloster Santa Scolastica bei Subiaco. Bewachsene Felsen und hoch aufragenden Gebäuden vor blauem Himmel werden von der Sonne angestrahlt.

Wer war Rudolf Mosse?

Als Zeitungsverleger zählte Rudolf Mosse zu den erfolgreichsten Unternehmern im deutschen Kaiserreich. Zu seiner Berliner Verlagsgruppe gehörten zahlreiche liberale Blätter, so zum Beispiel das auflagenstarke Berliner Tageblatt. Sein umfangreiches Privatvermögen nutzte er als Förderer, Stifter und Mäzen zum Beispiel zugunsten von Gesundheits-, Bildungs- und Sozialeinrichtungen.

Seit den 1880er-Jahren baute er eine umfangreiche Kunstsammlung mit einem Schwerpunkt bei der deutschen Malerei des 19. Jahrhunderts auf. Das Palais Mosse am Leipziger Platz war als eines der ersten Berliner Privatmuseen zeitweise auch für die Öffentlichkeit zugänglich.

Historische Fotografie zeigt den Zeitungsverleger Rudolf Mosse.

Wer war Rudolf Mosse?

Als Zeitungsverleger zählte Rudolf Mosse zu den erfolgreichsten Unternehmern im deutschen Kaiserreich. Zu seiner Berliner Verlagsgruppe gehörten zahlreiche liberale Blätter, so zum Beispiel das auflagenstarke Berliner Tageblatt. Sein umfangreiches Privatvermögen nutzte er als Förderer, Stifter und Mäzen zum Beispiel zugunsten von Gesundheits-, Bildungs- und Sozialeinrichtungen.

Historische Fotografie, Ansicht des Palais Mosse am Leipziger Platz in Berlin.

Seit den 1880er-Jahren baute er eine umfangreiche Kunstsammlung mit einem Schwerpunkt bei der deutschen Malerei des 19. Jahrhunderts auf. Das Palais Mosse am Leipziger Platz war als eines der ersten Berliner Privatmuseen zeitweise auch für die Öffentlichkeit zugänglich.

Das Erbe Rudolf Mosses

Nach Rudolf Mosses Tod 1920 übernahm sein Schwiegersohn Hans Lachmann-Mosse das Verlagsunternehmen. Doch angesichts der Inflation, der Weltwirtschaftskrise, der in Deutschland ausgelösten Bankenkrise und des zunehmenden politischen Drucks geriet der Mosse-Konzern in wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Unmittelbar nach der Machtübergabe im Jahr 1933 waren Hans und Felicia Lachmann-Mosse den Verfolgungen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Ihre Wohnung wurde von SA-Horden gestürmt. Scheinbar zur Sanierung des Unternehmens und zur Bedienung der Gläubiger wurde das Ehepaar faktisch gezwungen, seinen Besitz einer eigens installierten Stiftung zu übertragen.

Ausschnitt aus Carl Blechens Gemälde Blick auf das Kloster Santa Scolastica bei Subiaco.

Das Verfahren diente jedoch im Wesentlichen dazu, sich die Vermögenswerte der Familie anzueignen, die Arisierung des Konzerns einzuleiten und die Familie in Deutschland zu entmachten. Im Gegenzug für die – unter Androhung von Gewalt erfolgte – Unterzeichnung des Stiftungsvertrags erhielt das Paar für sich und seine drei Kinder Auslandspässe. In einem wenig später folgenden Vergleichsverfahren sorgte die neu gegründete Rudolf-Mosse-Treuhandverwaltung dafür, dass sich das Reich sämtliche Einfluss- und Verwertungsmöglichkeiten in Bezug auf das Eigentum der Familie Lachmann-Mosse sicherte.

Im Frühjahr 1934 wurde die Kunstsammlung der Familie Mosse dann im Auftrag der Treuhandverwaltung im Berliner Auktionshaus Rudolf Lepke zwangsversteigert. Der Erlös der Verkäufe ging an den deutschen Staat. Mit der Zerstreuung der Sammlung wurde auch die Erinnerung an Rudolf Mosse als große Sammlerpersönlichkeit der Kaiserzeit ausgelöscht. Aufgrund dieser Vorgeschichte muss Blechens Italienlandschaft ebenso wie alle anderen Kunstwerke der über 300 Lose, die 1934 aus der ehemaligen Sammlung Mosse versteigert wurden, als verfolgungsbedingt entzogen gelten.

Ausschnitt aus Carl Blechens Gemälde Blick auf das Kloster Santa Scolastica bei Subiaco. Bewachsene Felsen mit grasenden Tieren und hoch aufragenden Gebäuden vor blauem Himmel werden von der Sonne angestrahlt.

Blechens Landschaft wurde 2014 vom Land Baden-Württemberg an die Erbengemeinschaft nach Rudolf Mosse restituiert, konnte aber dann von der Kunsthalle rechtmäßig zurückerworben werden – und nicht nur dies: Der Fall gab den Anstoß zu einem internationalen Forschungsprojekt an der Freien Universität Berlin zur Rekonstruktion der ehemaligen Sammlung Mosse; es wird seit 2017 vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste und der Erbengemeinschaft nach Rudolf Mosse gemeinsam finanziert. Mittlerweile konnten eine ganze Reihe von Werken der Sammlung Mosse in in- und ausländischen Museen ermittelt und restituiert werden.

Ausschnitt aus Carl Blechens Gemälde Blick auf das Kloster Santa Scolastica bei Subiaco. Bewachsene Felsen mit grasenden Tieren vor blauem Himmel werden von der Sonne angestrahlt.

Für alle Beteiligten hat der Fall des Blechen-Gemäldes eine erfreuliche Wendung genommen: Zwischen der Erbengemeinschaft und der Kunsthalle wurde eine „faire und gerechte Lösung“ im Sinne der Washingtoner Erklärung ausgehandelt. Blechens zurückerworbenes Landschaftsbild wird in der Kunsthalle für immer mit dem Namen Rudolf Mosse verbunden bleiben.

Touren zu diesem Werk

Rückseite eines Gemäldes. Keilrahmen, Leinwandrückseite und verschiedene Aufkleber, die Auskunft über die Provenienzgeschichte des Bildes geben.

Provenienz-Tour


Die Tour "Provenienz" der Ausstellung KunsthalleKarlsruhe@ZKM stellt die Herkunftsgeschichte zu ausgewählten Werken in den Mittelpunkt. Der Rundgang beleuchtet die Herkunft der Werke und ihre Eigentumsgeschichte.
kurzweilig
ca. 20 min
zur Tour

Daten und Fakten

Titel Blick auf das Kloster Santa Scolastica bei Subiaco
Künstler*in Karl Blechen
Entstehungszeit 1832
Inventarnummer 2590
Epoche Romantik
Maße Bildträger H 63.4cm B 51.5cm
Maße Rahmen H 75.2cm B 63cm T 7.3cm
Material Leinwand
Technik Ölfarbe
Genre Landschaft
Gattung Gemälde
Abteilung Neue Malerei (nach 1800)
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