Selbstbildnis mit Dämonen
Beschreibung
Hofer reagiert mit dem Selbstbildnis auf die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs, den er in Gefangenschaft verbrachte, und das Erstarken der nationalsozialistischen Bewegung, der er von Anfang an kritisch gegenüberstand.
Die paradoxe Selbstdarstellung des von Chimären bedrohten Künstlers – zugleich Auserwählter und Antiheld – wurde auch prospektiv als Vorahnung kommenden Unheils gelesen: bezogen auf Hofers eigenen Lebensweg und das Schicksal der modernen Kunst in Deutschland.
Die Rolle des Künstlers als „geistigem Seismograph“ ist heute eine verbreitete Form künstlerischer Selbstlegitimation, die hier ihren historischen Anfang hat.
Provenienzforschung
Anerkennung und Abwertung
Im Zentrum dieses Bildes von Karl Hofer steht der Maler selbst im weißen Kittel. Von allen Seiten bedrängen ihn grellfarbige maskenhafte Wesen. Der Künstler reagiert auf diese Bedrohung mit einer Geste von Schutz und Abwehr. Es ist ein unheimliches Selbstporträt – ein Bild, das zudem eine bewegte Geschichte erzählen kann.
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Die Sammlung moderner Kunst entstand in der Kunsthalle erst 1920 mit dem Amtsantritt von Willy Storck als Direktor des Museums. Zu seinen frühen betont modernen Ankäufen zählte Karl Hofers Selbstbildnis mit Dämonen. Der junge Direktor konnte das Bild 1923 vom Künstler für die Kunsthalle erwerben.
Die Sammlung moderner Kunst entstand in der Kunsthalle erst 1920 mit dem Amtsantritt von Willy Storck als Direktor des Museums. Zu seinen frühen betont modernen Ankäufen zählte Karl Hofers Selbstbildnis mit Dämonen. Der junge Direktor konnte das Bild 1923 vom Künstler für die Kunsthalle erwerben.
Ab 1934 war Kurt Martin Direktor der Kunsthalle. Er war ein Freund und Bewunderer der Kunst Karl Hofers. Doch 1936 bezeichnete er das Selbstbildnis mit Dämonen gegenüber dem Kultusministerium als „nicht ausstellbaren Fehlkauf“; auf diesem Weg erreichte er den Tausch gegen ein thematisch weniger anstößiges Landschaftsgemälde Karl Hofers mit dem Titel Weg nach Lugano.
Der Künstler war zu diesem Zeitpunkt längst verfemt und aus seinem Amt als Professor an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg entlassen worden. Da Kurt Martin in enger Verbindung mit Hofer stand und dessen Kunst sehr schätzte, ist seine offizielle Äußerung über das Selbstbildnis vermutlich taktisch zu verstehen. Er hoffte wohl, dass ein Landschaftsbild den bevorstehenden Raubzügen der Nationalsozialisten leichter entgehen könnte als die Darstellung eines von Chimären bedrohten modernen Künstlers. Doch selbst das getauschte Landschaftsgemälde wurde 1937 in der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt.
Ab 1934 war Kurt Martin Direktor der Kunsthalle. Er war ein Freund und Bewunderer der Kunst Karl Hofers. Doch 1936 bezeichnete er das Selbstbildnis mit Dämonen gegenüber dem Kultusministerium als „nicht ausstellbaren Fehlkauf“; auf diesem Weg erreichte er den Tausch gegen ein thematisch weniger anstößiges Landschaftsgemälde Karl Hofers mit dem Titel Weg nach Lugano.
Der Künstler war zu diesem Zeitpunkt längst verfemt und aus seinem Amt als Professor an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg entlassen worden. Da Kurt Martin in enger Verbindung mit Hofer stand und dessen Kunst sehr schätzte, ist seine offizielle Äußerung über das Selbstbildnis vermutlich taktisch zu verstehen. Er hoffte wohl, dass ein Landschaftsbild den bevorstehenden Raubzügen der Nationalsozialisten leichter entgehen könnte als die Darstellung eines von Chimären bedrohten modernen Künstlers. Doch selbst das getauschte Landschaftsgemälde wurde 1937 in der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt.
Nach bewegter Reise zurück
Das Selbstporträt mit Dämonen ging 1936 an Hofer zurück und verblieb auch nach dessen Tod 1955 in der Familie. Nach einer Zwischenstation in einer Stuttgarter Privatsammlung kam es in den Kunsthandel. Dort erwarb es der Galerist Bernd Schultz für die Galerie Pels-Leusden AG in Zürich. Sie verkaufte das Gemälde 2018 der Kunsthalle Karlsruhe – und so kehrte es nach langer Abwesenheit an seinen ursprünglichen Platz im Museum zurück.
Der Fall des Hofer-Bildes unterscheidet sich von den meisten in diesem Rundgang betrachteten Werken. Denn das Selbstbildnis mit Dämonen ist nicht verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut, sondern ein Werk, das das Museum gezielt erworben und dann in eigener Initiative wieder abgegeben hat. Das zeigt: Bilder erzählen auch Geschichten von Anerkennung und Abwertung in sich verändernden politischen Kontexten. Heute ist das Selbstbildnis mit Dämonen das Hauptwerk in der zwölfteiligen Gruppe der Gemälde Karl Hofers in der Kunsthalle Karlsruhe.
Weitere digitale Angebote zu Hofers "Selbstbildnis mit Dämonen"
Touren zu diesem Werk
Kunsthalle x Jakob Schwerdtfeger
Provenienz-Tour
Daten und Fakten
Titel | Selbstbildnis mit Dämonen |
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Künstler*in | Karl Hofer (1878) |
Entstehungszeit | 1922/23 |
Inventarnummer | 2988 |
Epoche | Klassische Moderne Expressionismus |
Maße Bildträger | H 140.5cm B 120cm |
Maße Rahmen | H 162.9cm B 142.2cm T 6.2cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Porträt |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
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2019: Selbstbildnis mit Dämonen
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