Hohenlandenberg Altar: Heiliger Konrad mit dem Stifter Bischof Hugo von Hohenlandenberg, verso: Engel der Verkündigung
Beschreibung
Ursprünglich war der Flügelaufsatz, der einst einen Altar zierte (Retabel genannt), wohl Teil der Kapellenausstattung im ehemaligen Bischofssitz neben dem Konstanzer Münster. Namentlich lässt sich der Maler des Werks nicht mit letzter Sicherheit fassen, höchstwahrscheinlich war er aber in einer Konstanzer Werkstatt tätig. Um 1500 gefertigt, ging das Retabel 1802 an den Großherzog von Baden und wurde zeitweilig am Begräbnisort der Großherzöge in Kloster Lichtenthal gezeigt.
Ein Spiel von Diesseitigem und Jenseitigem präsentieren die drei Tafeln. Das Hauptgeschehen in der Mitte zeigt die Kreuzigung Christi (vgl. dazu Inv. 48b). Vor brokatgemusterten Goldgrund gestellt, gehören die beiden Heiligenfiguren der Seitenflügel dem Jenseits an. Der heilige Pelagius rechts, Stadtpatron von Konstanz (siehe Inv. 48c), und der heilige Konrad links, Patron des Bistums, stehen zwar auf festem Fliesenboden, erscheinen aber selbst gegenüber dem Personal des Mittelfelds unwirklich riesenhaft, erst recht im Vergleich mit der geradezu winzigen Stifterfigur.
Groß ist hingegen der ganz irdische Repräsentationswille des Stifters. Verewigt in der Haltung der andächtigen Anbetung und in bescheidenem Maßstab, tritt er als demütiges Vorbild im Glauben an das Jenseits in Erscheinung. Doch fällt neben der bescheidenen Geste vor allem die wenig bescheidene, gold- und edelsteinverzierte Kleidung auf: Hervorgehoben werden seine Insignien, also die Zeichen der bischöflichen Macht wie Krümme (Bischofsstab), Mitra mit Inful (Stoffbänder), Pontifikalhandschuhe und Pluviale (Mantel). Das Unterstreichen des hohen kirchlichen Amts wird besonders augenfällig durch die Wiederholung derselben Kleidungsstücke und Gegenstände beim heiligen Patron. Selbst Hugos Konterfei ist erstaunlich eng verwandt mit dem Konrads und lässt charakteristische Züge vermissen.
Ganz anders auf einem weiteren Bild desselben Bischofs (Inv. 2190): Hier erscheint er wie aus dem Leben gegriffen und nicht als Amtsträger, sondern als leibhaftiger Mensch, dem man einen wachen Geist und Wohlwollen anzusehen glaubt – obwohl auch dort dem Portraitierten durch die Kleidung eine Rolle zugewiesen ist, nämlich die des Gelehrten.
Um wen es sich handelt, verraten gleich drei Wappen auf dem Hohenlandenberger Altar: das Eigenwappen des adligen Hugo, das Bistumswappen und die Kombination der beiden, die er nach seiner Weihe 1496 führen durfte.
Von Mitteln und Mittlern
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Mediales Rollenspiel
Der Hohenlandenberg-Altar und das Portrait des Bischofs Hugo von Hohenlandenberg zeigen die zwei Gesichter eines Mannes. Entscheidend ist dabei die Rolle des jeweiligen Mediums.
Der Hohenlandenberg-Altar verdankt den Namen seinem Stifter, Bischof Hugo von Hohenlandenberg. Haben Sie ihn schon gefunden? Nein, die Rede ist nicht von dem großen stehenden Mann auf dem linken Flügel, sondern von dem kleinen knienden zu dessen Füßen. Er wirkt wie eine etwas abgewandelte Kopie seines eindrucksvollen heiligen Begleiters. Nicht nur durch das Bischofsornat, also die Kleidungsstücke des hochrangigen Geistlichen, ähneln sie einander. Auch in den Zügen scheint die kleine Figur der großen wie aus dem Gesicht geschnitten.
Noch einmal Hugo von Hohenlandenberg
Noch ein weiteres Kunstwerk der Sammlung zeigt Bischof Hugo von Hohenlandenberg. Wüsste man es nicht – wiedererkennen würde man ihn sicher nicht. Die Nase zeichnet eine viel charakteristischere Linie nach, der Mund ist schmäler, die Wangen sind voller. Zudem gibt es keinerlei Zeichen der bischöflichen Macht. Viel mehr scheinen die Kleidung und die Behausung die eines Gelehrten des späten 15. Jahrhunderts zu sein.
Ein Mann mit zwei Gesichtern
In der unterschiedlichen Art der Selbstdarstellung zeichnet sich Mediengeschichte ab, denn die beiden Holztafeln unterscheiden sich maßgeblich in Funktion und Wirkweise. Die eine ist Teil eines Altars, also eines kirchlichen Ausstattungsstückes, ursprünglich fest an einen Ort gebunden, nämlich die Kapelle der einstigen repräsentativen Bischofsresidenz in Konstanz. Dort erfüllte das Kunstwerk eine liturgische Funktion, war eingeschrieben in die Abläufe der Messe und wurde von einem ausgewählten, aber sicher nicht kleinen Betrachter*innenkreis wahrgenommen. Das andere Werk ist ein kleines, gut transportables, vermutlich sogar zeitweilig in einem Schuber aufbewahrtes Gemälde, das seinen Platz sicher in privaten Räumlichkeiten des Bischofs fand, wo es nur wenige befreundete Geistliche und andere humanistische Gelehrte zu Gesicht bekamen.
Die Bedingungen und Funktionen des jeweiligen Mediums führten dazu, dass sich Hugo von Hohenlandenberg im einen Fall als kirchlicher Würdenträger zeigt, der würdevoll und seiner Verantwortung, aber auch seiner Macht bewusst als Vorbild im demütigen Glauben auftritt. Im anderen Fall zeigt er sich als weltlicher Denker, als wacher Geist, als selbstbewusster Humanist und Reformer, der er für sein Bistum sein wollte.
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Daten und Fakten
Titel | Hohenlandenberg Altar: Heiliger Konrad mit dem Stifter Bischof Hugo von Hohenlandenberg, verso: Engel der Verkündigung |
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Künstler*in | Michael Haider(?) |
Entstehungszeit | um 1500 |
Inventarnummer | 48 a |
Maße Bildträger | H 192cm B 121cm |
Maße Rahmen | H 212.5cm B 68cm T 7cm |
Material | Nadelholz |
Technik | Mischtechnik |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
Hartgesotten: Eine Legende will es, dass der hl. Konrad eine Spinne (auf diesem Werk auf der Patene, dem kleinen goldenen Teller, über dem Kelch in seiner Hand zu sehen), die während der Messfeier in den Abendmahlskelch gefallen war, seelenruhig verschluckt hat. Denn er erachtete sich nicht für würdig, den Wein, in dem Christus leibhaftig gegenwärtig ist, zu berühren.
Weit gereist: Hugo von Hohenlandenberg war im Dienst des Papstes in Rom, in dessen Auftrag in einer Streitsache in der Schweiz, Probst in Trient und in Erfurt, wo er auch studierte, und schließlich Domdekan und Bischof in Konstanz.
Hohes Lob: „Er ist ein Mann von herkulischer Gestalt, aber ausgezeichnet freundlich, gerade und aufrecht, ganz ohne Stolz und nicht martialisch, wie die gewöhnlichen Bischöfe der Deutschen, sondern von wahrem priesterlichen Betragen, ein sanfter, rechtschaffener, untadeliger Mann.“, so charakterisierte Erasmus von Rotterdam Hugo von Hohenlandenberg.
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1966: Katalog Alte Meister bis 1800
Bearb.: Lauts, Jan; Hrsg.: Vereinigung d. Freunde d. Staatl. Kunsthalle
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1966: Katalog Alte Meister bis 1800
Bearb.: Lauts, Jan; Hrsg.: Vereinigung d. Freunde d. Staatl. Kunsthalle
Bildband -
1988: Ausgewählte Werke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lüdke, Dietmar; Reising, Gert; Simons-Kockel, Katrin
150 Gemälde -
1992: Christus und Maria
Dresel, Ines; Lüdke, Dietmar; Vey, Horst
Auslegungen christlicher Gemälde der Spätgotik und Frührenaissance aus der Karlsruher Kunsthalle -
2001: Spätmittelalter am Oberrhein
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Maler und Werkstätten 1450-1525 -
2010: Miroslaw Balka - Wir sehen dich
Heynen, Julian; Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
[anlässlich der Ausstellung "Miroslaw Balka. Wir Sehen Dich" in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, 16.4. - 22.8.2010] -
2013: Das Erbe der Markgrafen
Moraht-Fromm, Anna
Die Sammlung deutscher Malerei (1350 - 1550) in Karlsruhe